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Gerhard Richter in Baden-Baden

Von Martin Oversohl 18.01.2008, 13:27

Baden-Baden/dpa. - Gerhard Richter ist einmal mehr auf Nummer sicher gegangen: Präzise bereitete er die Ausstellung seiner rund 60 Werke im Baden-Badener Museum Frieder Burda vor.

Er ließ sich ein maßstabsgetreues Modell sägen und feilte in seinem Düsseldorfer Atelier an der Präsentation der Bilder, die aus privaten Sammlungen und seinem eigenen Besitz stammen. Die Werke aus den vergangenen vier Jahrzehnten sollen in den kommenden Monaten zeigen, warum Richter seit Jahren der teuerste und bedeutendste deutsche Gegenwartskünstler ist, für dessen Bilder Rekordwerte in Millionenhöhe erzielt werden. Die Ausstellung «Gerhard Richter. Bilder aus privaten Sammlungen» ist bis zum 27. April zu sehen.

Wie so oft ließ Richter auch im Burda-Museum verschiedenartige Bilder nebeneinanderhängen, um zu zeigen, dass in seinem umfassenden Werk kein Stil einem anderen vorausgeht oder folgt. Im lichtdurchfluteten Richard-Meier-Bau präsentiert der Wahl-Kölner zwischen seinen weltbekannten fotorealistischen Bildern wie der «Kerze» (1982) und dem Zyklus «Bühler Höhe» (1991) auch große, teils überaus farbige, teils stumpf-mausgraue und abstrakte Kompositionen. «Ich verfolge keine Absichten, kein System, keine Richtung, ich habe kein Programm, keinen Stil, kein Anliegen», sagte der heute 75-Jährige bereits Mitte der 1960er Jahre über seine Arbeit.

Die nicht chronologische Zusammenstellung des facettenreichen Werks Richters macht vor allem deutlich, dass sich die künstlerische Entwicklung des Malers jeglicher Kategorisierung entzieht: Städtebilder aus der Vogelperspektive, Landschaftspanoramen, hier eine Serie grauer Monochromien (einfarbige Werke), mit dicken Farbschichten aufgetragen; dort ein bisschen Pop-Art aus dem Frühwerk Richters wie «Neuschwanstein» (1963) oder «Motorboot» (1965). Es regiert die bunte Mischung. Sein Werk wird nur zusammengehalten von Richters forschender und experimentierender Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. «Der Versuch, Gerhard Richters Werk in den Griff zu bekommen, gleicht dem Bemühen, aus einem zerbrochenen Becher ausgelaufenes Quecksilber einzufangen», meint etwa US-Kritiker Robert Storr.

Nach der Flucht aus seiner Heimatstadt Dresden nach Westdeutschland hatte Richter die meisten Arbeiten aus seiner DDR-Zeit rigoros verbrannt. Er studierte an der Düsseldorfer Kunstakademie und machte mit seinen heute bekannten Unschärfebildern - wie der berühmte Akt «Ema» (1966) - nach Foto-Vorlagen eher banaler Szenen aus Zeitungen und Familienalben auf sich aufmerksam. Er sucht die Realität vor allem in diesen Amateurfotos und seinem präzisen und täuschenden Übertrag auf die Leinwand.

Sein ganzes Leben beschäftigt sich Richter bereits mit der Frage, ob und wie Malerei diese Wirklichkeit abbilden kann. Nach dem Zufallsprinzip experimentierte Richter dann bereits Ende der 60er Jahre mit geometrisch angeordneten regenbogenbunten «Farbtafeln», die in neuer Fassung seit einigen Monaten auch im Kölner Dom als Fenster bewundert und zum Teil auch kritisiert werden.

www.museum-frieder-burda.de