Friedensfahrt Friedensfahrt: Wandlung zu einer Profi-Tour
Halle/MZ. - Der politische Staub istvon der Friedensfahrt abgefallen - und daseinst bedeutendste Amateur-Etappenrennen derWelt hat dadurch längst wieder die Kurve gekriegt.Kult ist dennoch manches geblieben. Es scheintso, dass die Fahrt viele, die sie einmal kennengelernthaben, nicht wieder los lässt. Wenn am Donnerstagim polnischen Lodz die 54. Auflage des Rennensgestartet wird, dann darf der Chemnitzer Rad-MechanikerAlfons Kindermann nicht fehlen. Der für seinebesonnene Art und seinen hintersinnigen Humorbekannte Sachse bestreitet - nun als Mechanikerdes deutschen Nationalteams - bereits zum30. Mal den Course de la Paix.
Als vor etlichen Jahren ein im Radsport wenigbewanderter Reporter die Tour zum ersten Malbegleitete und etwas vorlaut die Namen derFavoriten zu erfahren begehrte, deutete einFahrer auf Kindermann - und der spielte imdarauffolgenden Interview mit dem Greenhornseine Rolle so köstlich, dass sich die Mithörerauf die Zunge beißen mussten, um nicht lautzu lachen. Spaß muss sein bei allem Ernst,meint der Mechaniker, der in seinem Job eineBerühmtheit ist. Die von ihm präpariertenund geradezu mit Hingabe gepflegten Rennräderhaben schon Weltmeister und Olympiasiegerwie Uwe Ampler, Falk Boden, Hans-Joachim Hartnickoder Olaf Ludwig gefahren. Ob das von TrainerPeter Weibel geführte Deutschland-Team zuspektakulären Auftritten bei der Friedensfahrtfähig sein wird, muss angesichts der Gegnerschaftallerdings bezweifelt werden.
Der Welt-Radsportverband (Uci) hat die Mai-Toureine Kategorie höher eingestuft. Sechs Berufsfahrer-Mannschaftender höchsten Kategorie - die Teams Telekomund Coast aus Deutschland, Domo-Farm Frites(Belgien), Mapei (Italien), CSC-Wordonline(Dänemark) und Festina (Frankreich) - werdenstarten, womit die Friedensfahrt endgültigdie Wandlung zu einer Profi-Tour vollzogenhat. Mit dem niederländischen Rabobank-Teamwurde sogar einer weiteren renommierten Mannschafteine Absage erteilt, weil deren Anfrage zuspät eingetroffen war.
Die Dreiländer-Fahrt Polen - Tschechien -Deutschland über zehn Etappen und insgesamt1600 Kilometer von Lodz über die BierstadtPlzen bis nach Potsdam ist nach Ansicht destschechischen Friedensfahrt-Direktors PavelDolezal aus Tschechien, der einmal Zweiterbei dem Rennen war, "die am besten besetzteihrer Geschichte". Auf dem abschließendenAbschnitt am 19. Mai von Schkeuditz nach Potsdamwird das Peloton auch Wittenberg passieren.
Anders als in den Vorjahren gilt das Telekom-Team,für das der Wolmirstedter Steffen Wesemannvier Mal die Gesamtwertung gewann, nicht alsheißer Anwärter auf den Sieg des Einzelklassements.Die Bonner bieten als Kapitän Robert Bartko,den Doppel-Olympiasieger von Sydney, auf.Der bisherige Bahnfahrer muss in den taktischganz anders gelagerten Straßenrennen erstnoch die nötige Reife und Härte erlangen.Der Wittenberger Telekom-Profi Ralf Grabschkönnte schon eher um den Gesamtsieg mitfahren.
Der polnische Vorjahresgewinner Piotr Wadecki(Domo-Farm Frites) bringt als Empfehlung einenEtappensieg bei der Fahrt Paris - Nizza mit.Zu den Geheimfavoriten zählt der Ex-SangerhäuserThomas Liese vom deutschen Team Nürnberger.Ihm werden wahre Wunderdinge nachgesagt. SeineKörperwerte sollen denen eines Jan Ullrichin Hochform in nichts nachstehen.