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FC Bayern München FC Bayern München: Deisler beendet mit sofortiger Wirkung seine Karriere

Von Michael Fox 16.01.2007, 12:24

München/dpa. - «Das ist keineEntscheidung, die von heute auf morgen gefallen ist», sagte der 27-Jährige vom deutschen Rekordmeister FC Bayern München am Dienstag aufeiner kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. «Die Entscheidungsteht: Sie ist in mir gereift. Es war zuletzt für mich eine Qual.»Mit Deisler, der sich in seiner Karriere fünf Knie-Operationenunterziehen musste und zudem an Depressionen litt, verliert derdeutsche Fußball eines seiner hoffnungsvollsten Talente.

Der zu diesem Zeitpunkt unerwartete Rücktritt Deislers löste inFußball-Deutschland Bestürzung aus. «Es tut mir sehr Leid, dass einFußballer mit solch herausragenden Qualitäten auf diese Weise seineKarriere beenden muss», sagte Bundestrainer Joachim Löw, der Deislerauch die Tür zur Nationalmannschaft immer offen gehalten hatte. Fürden deutschen Fußball sei dieser Schritt sehr bedauerlich. DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte: «Dass Sebastian Deisler so früh seineLaufbahn beenden muss, ist natürlich sehr bitter. Besonders für ihn,aber auch für den deutschen Fußball, da es Spieler mit solchüberragenden Fähigkeiten eben nur selten gibt.» Betroffen reagierteauch der frühere DFB-Teamchef Rudi Völler: «Ich kann es kaum fassen.Er hatte ein unglaubliches Pech mit seinen ständigen Verletzungen.»

«Wir haben gekämpft um Sebastian. Aber diesen Kampf haben wirverloren», sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß. Das jahrelange Drama umDeisler erreichte nach der Rückkehr aus dem Trainingslager in Dubaiseinen Tiefpunkt. Nachdem sich Deisler während des Trainingslagers(«Ich kann spielen») kämpferisch gegeben hatte, habe ihn derMittelfeldakteur am Münchner Flughafen um ein Gespräch gebeten,schilderte der sichtlich mitgenommene Hoeneß. Bei einem Gespräch amMontagabend habe ihn der 27-Jährige dann von seinem Entschlussunterrichtet. «Ich habe bis zuletzt gehofft, dass das alles einAlbtraum ist», sagte Hoeneß. «Ich habe immer noch gehofft, dass ervor dem großen Schritt doch noch zurückschreckt.»

Deisler, der lange Zeit als einer der großen Hoffnungsträger imdeutschen Fußball galt, absolvierte 36 Länderspiele. Trotz seinervielen Rückschläge kämpfte sich der Mittelfeldakteur immer wiederzurück. Nach überstandenen Depressionen, wegen der er sogar zwei Malstationär behandelt wurde, musste Deisler drei Monate vor Beginn derHeim-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr einen seiner bitterstenMomente hinnehmen. Im Training zog er sich eine Knorpelabsprengung imrechten Knie zu, die ihn bis Mitte November außer Gefecht setzte.Dadurch verpasste er nach 2002 erneut eine Weltmeisterschaft.

«Ich war schon kurz davor, aufhören zu müssen», hatte Deisler vorknapp zehn Tagen in Dubai mit Blick auf die Leidenszeit nach seinererneuten schweren Knieverletzung gestanden. Doch das Eingeständniswar weit mehr als ein bitterer Rückblick: Wiederholt habe der Profieine Abreise aus Dubai erwogen, gab Hoeneß am Dienstag Einblick umdas Drama um den Nationalspieler. Am Ende war Deisler nicht mehrumzustimmen und schloss das Kapitel Fußball-Profi ab. «Wir habendiese Entscheidung akzeptieren müssen», sagte Hoeneß. Einen Tag zuvorhatten die Bayern-Oberen bereits den angekündigten Abschied vonStammspieler Hasan Salihamidzic hinnehmen müssen. Der Bosnierwechselt nach neun Jahren beim deutschen Rekordmeister im Sommer zuJuventus Turin.

«Wenn es zur Qual wird, dann muss ich eine Entscheidung treffen»,umriss Deisler, der erst vor wenigen Tagen seinen 27. Geburtstaggefeiert hatte, seinen Entschluss. Nun wolle er erst einmal Abstandgewinnen «und zur Ruhe kommen. Ich möchte mich um meine kleineFamilie kümmern. Die Entscheidung steht. Darüber bin ich glücklich.»Deisler ist Vater eines Sohnes.

Deisler hatte seine Bundesliga-Karriere bei BorussiaMönchengladbach begonnen, wo er rasch zum Führungsspieler wurde. «Erist ein Gladbacher Junge, das wird vielen Gladbachern Leid tun»,kommentierte Gladbachs Sportdirektor Peter Pander den Rücktritt. VomNiederrhein wechselte Deisler 1999 zu Hertha BSC, drei Jahre späterkam er zum FC Bayern. Dort musste der Unglücksrabe wegen seinerKnieverletzungen immer wieder um den Anschluss kämpfen. «Gesundbleiben und mir einen Stammplatz erkämpfen», gab Deisler im Bayern-Jahrbuch für die laufende Saison als sein Ziel an.

Der bis 2009 laufende Vertrag des Spielers beim FC Bayern soll nunerst einmal ruhen. «Sollte er sich irgendwann, in Monaten, in einemJahr, anders entscheiden, dann hat er auf Grund des Vertrages dieOption zurückzukehren», kündigte Hoeneß an. Doch am Ende des langenDramas um Deisler glaubt auch der Bayern-Manager an kein Happyendmehr. «Jetzt müssen wir davon ausgehen, dass Sebastian aufhört,Fußball zu spielen. Das ist Fakt.»