Extra Extra: 2100 Soldaten sehen sich von Asbest belastet
Berlin/dpa. - Nach der Debatte über Strahlenopfer der Bundeswehrsorgen nun auch wieder die früheren Asbestlastungen für Aufregung.Das Verteidigungsministerium bestätigte am Mittwoch in Berlin, dassinsgesamt 2100 Soldaten registriert sind, die sich betroffen sehen.Es habe aber noch kein Soldat Klage eingereicht. Die Bundeswehr kommeihrer Fürsorgepflicht nach. Die «Bild»-Zeitung hatte berichtet, derBundeswehr drohe eine Klagewelle.
Das Ministerium verwies darauf, dass es umfassend und frühzeitigdie Gefahrstoffverordnung zum Umgang mit Asbest umgesetzt habe. Von1989 bis 1997 seien 202 Schiffe für 260 Millionen Mark und ebensoAsbest belastete Fahrzeuge saniert worden. Alle Angehörigen derBundeswehr könnten sich bei einem speziell eingerichtetenOrganisationsdienst registrieren, einer Langzeitbeobachtung aufKosten der Bundeswehr unterziehen und gegebenenfalls auf Basis derErkenntnisse eine Wehrdienstbeschädigung anerkennen lassen.
Die «Bild»-Zeitung berichtete, bislang weigere sich die Bundeswehrweitgehend, Anträgen von Erkrankten oder Hinterbliebenen auf eineEntschädigung stattzugeben. Verteidigungsminister Rudolf Scharping(SPD) sagte vor Journalisten, die Behauptung einer Beschädigungbedeute nicht, dass das Ministerium sofort Geld überweise. Außerdemhabe er nicht die Absicht, auf Themen, die völlig geklärt seien,ständig neu öffentlich zu reagieren.
Bei den Opfern von Röntgenstrahlen an Radargeräten sei derSachverhalt anders. Scharping betonte, er müsse sich an das Gesetzhalten, doch sei den Geschädigten die Beweislast nicht zuzumuten. Erversicherte erneut, er werde den Betroffenen helfen und strebe eineschnelle Regelung an.
Neben 1200 registrierten Erkrankungen beim bundeswehreigenen«Organisationsdienst für nachgehende Untersuchungen nach Beendigungeiner Tätigkeit mit Einwirkung krebserzeugender Arbeitsstoffe in derBundeswehr» gingen 900 weitere Meldungen bei der Marine in Kiel ein,bestätigte das Ministerium. Das sei ein laufender Prozess. Es werdedamit gerechnet, dass die Zahl in den nächsten Jahren steige.
Laut «Bild» leiden die Opfer zum Teil an schwersten Lungenschäden.Diese seien womöglich durch Asbestpartikel verursacht worden, die indie Atemwege gelangt seien und dort unter anderem Krebs auslösenkönnen. Mehrere Dutzend der Erkrankten seien inzwischen tot.
Die Gutachter hätten einen «dringenden Handlungsbedarf»konstatiert. Für die Studie seien 743 Soldaten untersucht worden. Bei15,3 Prozent von ihnen hätten die Gutachter Lungengewebeschädigungenentdeckt, die auf Asbestkontakt zurückgehen könnten. NachEinschätzung von Experten könnten somit bis zu 4500 Soldaten, die beider Marine Dienst hatten, betroffen sein.
Die Anfang des Jahres eingesetzte Kommission zur Prüfung vonGefahrenstoffen in der Bundeswehr unter Leitung des Publizisten TheoSommer hatte kürzlich festgestellt, dass die Bundeswehr frühzeitigauf Asbest verzichtet und umfangreiche Sanierungen veranlasst habe.