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Existenzgründung Existenzgründung: Ein glasklarer Entschluss

16.08.2001, 17:58

Stolberg/MZ. - Dann hieß es wieder, die Schulbank drücken.Denn 1996 begann sie mit einem Meisterkursan der Bundesglasfachschule in Hadamar (beiLimburg). Als Glasermeisterin kehrte sie1997 in die Quedlinburger Glaswerkstatt zurückund konnte ihr Wissen an neue Lehrlinge weitergeben.Natürlich reifte nun auch der Wunsch, sichberuflich auf eigene Füße zu stellen.

Mit tatkräftiger Unterstützung der Elternwurde auf dem elterlichen Grundstück im StolbergerThyratal ein Wohnhaus mit Gewerberäumen errichtet."Die Unterstützung der Stadt Stolberg zurGewerbeansiedlung war positiv, der Weg zurBaugenehmigung durch das Bauamt Sangerhausendafür um so hindernisreicher. Hier wurde derMut zum geschäftlichen Risiko auf eine sehrharte Probe gestellt", beschreibt Claudia Starke die bürokratischen Wege. Letztendlich wurden aber alle Schwierigkeiten gemeistert. Im Oktober 2000 wurde das Gewerbe im Glaserhandwerk angemeldet.

Mit ersten Aufträgen - wie Reparaturen an der Martinikirche Stolberg und der Johanneskirche Hayn, Reparaturen und Vergitterung der Marienkapelle Stolberg, Neuanfertigung für das Rathaus Stolberg sowie einigen Privatbestellungen - wurde die Geschäftstätigkeit aufgenommen. Das Hauptgeschäftsfeld ist die Bleiverglasung. Bei der Neuanfertigung, die alles vom Entwurf bis zur Endmontage umfasst, werden nach Kundenwunsch Gestaltungen vom Jugendstil bis zur Moderne vorgenommen. Für Fenster und Außentüren werden Bleiverglasungen natürlich auch mit Isolierverglasung angeboten. Die Restaurierung alter Bleiglasfenster erfolgtbei Bedarf vor Ort und unter Beachtung derDenkmalpflege. Angefertigt werden auch Spiegelsowie einfache Fenster- und Türverglasungen.

"Bleiverglasungen sind meist einmalige Unikate,die dem Gebäude eine besondere Note verleihen",so die Handwerksmeisterin. Wer ist nicht überwältigtvon der Schönheit mancher Fenster in altenKirchen oder in einer Jugendstilvilla? EineHaltbarkeit von über 100 Jahren ist der Garantdafür, dass sich noch Generationen daran erfreuenkönnen. Für Bleiverglasungen werden überwiegendGläser verwendet, die in aufwendiger Handarbeithergestellt wurden und dadurch außergewöhnlichviele Farbtöne und Strukturen aufweisen.

Auch die Herstellung einer Bleiverglasungist ein aufwendiger Prozess. Entwurf in Originalgröße,Zuschneiden von Papierschablonen, Glaszuschnitt,Verbleien des Glaspuzzles, Verlöten der Bleiprofilean allen Stößen, Verdichten und Stabilisierender Gläser im Blei mittels Kitt und mehrmaligesSäubern - das sind die Arbeitsschritte bevordie fertige Bleiverglasung eingebaut werdenkann.

Sehr anspruchsvolle Verglasungen haben natürlichauch ihren Preis. Aber auch für den kleinenGeldbeutel gibt es schon sehr schöne Ausführungenvon Fensterbildern oder Spiegeln, die in derGröße einer Zeitungsseite etwa 400 Mark kosten.Jeder Kunde erhält auf Anfrage ein konkretesAngebot und könne sich in Ruhe entscheiden.Bei der Preisgestaltung wird neben den festenMaterialkosten mit dem geringsten Stundensatzkalkuliert, der überhaupt möglich ist, versichertedie junge Meisterin. Immerhin sei allgemeinbekannt, dass die finanziellen Möglichkeitenkeinen allzu großen Spielraum lassen.

Und sie weiß schließlich aus eigener Erfahrung, wie schwierig der Start in die Selbstständigkeit ist, da hohen Kosten am Anfang nur recht geringe Einnahmen entgegen stehen. Doch ohne eine gewisse Portion Optimismus wäre eine Existenzgründung auch im schönsten Handwerk sinnlos. Solltesich der Betrieb gut entwickeln, könnte in Zukunft durchaus ein Glaser eingestellt werden und sogar eine Lehrlingsausbildung erfolgen. Doch diese Perspektive ist im Moment leider noch ein ferner Wunschtraum.

Übrigens kann man der Glaserin am Wochenendeauf dem Schwendaer Bauernmarkt und auf dem"Kobermännchenfest" in Sangerhausen am 1.und 2. September bei ihrer Arbeit auf dieFinger schauen und die Entstehung einer Bleiverglasungmit erleben.