Ex-Kinderheim Güntersberge Ex-Kinderheim Güntersberge: Soll Ruine als Goldesel für den Kreishaushalt herhalten?
Quedlinburg/MZ. - Zahlungsfrist ist der 31. August diesen Jahres, wie Landrat Wolfram Kullik (SPD) seinem Parteifreund, der auch Kreistagspräsident ist, kurzerhand mitteilte. Ansonsten würde der Awo eine Zwangsvollstreckung drohen. Die 690 000 Mark hatte die Kreisverwaltung u.a. eingeplant, um den Haushalt 2001 ausgleichen zu können.
Das ist genau die Summe, die laut Erbbaurechtsvertrag vom Oktober 1996 anfällt, wenn die Awo das Haus der einstigen Domäne in Güntersberge nicht mehr zweckgebunden als Kinderheim nutzt. In diesem Fall muss der Verband laut Vertrag das Objekt für 600 000 Mark übernehmen, plus 24 000 Mark jährlichem Erbbauzins. Zudem sind weitere auflaufende Zinsen ab 2000 an den Kreis zu zahlen, wie auch Landkreissprecher Bernd Kuhmann auf Anfrage der MZ bestätigte. Mit dem Wegfall der "Zweckbindung" entfallen nämlich auch die Stundungsvereinbarung für Gebäudewert und der Erlass des Erbpachtzins. Die Awo hat das Güntersberger Kinderheim bereits vor über zwei Jahren schrittweise aus wirtschaftlichen Gründen aufgelöst. Seit dem steht das Gebäude ungenutzt leer.
"Der Zustand des Hauses ist so desolat, dass allein über den Pflegesatz das Haus nicht zu sanieren ist", bekannte der Awo-Geschäftsführer. Andererseits würde die "wirtschaftliche Jugendhilfe" beim Landkreis sehr restriktiv gehandhabt werden. Es soll nicht mehr so viele Kinderheimplätze geben. Friedrichsbrunn sei als Kinderheimstandort favorisiert worden. Betreiber des dortigen Heimes ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Deshalb habe sich die Awo entschieden, die verbleibenden Heimkinder in familienähnlichen Wohngemeinschaften in Güntersberge und Neinstedt aufzuteilen. Die Domäne wurde aufgegeben.
"Dies haben wir auch dem damaligen Landrat Dieter Zehnpfund und seinem Nachfolger mehrmals mittgeteilt", ist sich Fuchs sicher. Die offizielle Kündigung des Vertrages, ".da aus vorstehenden Gründen der Verwendungszweck von der Awo nicht mehr eingehalten." werden konnte, erfolgte bereits Mitte 1998. Ex-Landrat Zehnpfund wollte den Vertrag laut Fuchs auch auflösen, doch seine Juristen hätten sich dagegen ausgesprochen. Verschiedene Versuche, Nachnutzer zu finden, schlugen bisher fehl. "Inzwischen haben wir juristischen Beistand eingeschaltet", sagte Fuchs, "um der drohenden Vollstreckung zu entgehen." Der Jurist habe festgestellt, dass der damals abgeschlossene Erbbaurechtsvertrag "Wucher und sittenwidrig" sei. Solch ein Vertrag existiere auch zwischen Landkreis und DRK zum Betrieb des Friedrichsbrunner Kinderheimes, wie Fuchs weiß.
Im Mai soll nun ein Treffen zum Thema stattfinden, um nach einer für alle Seiten akzeptablen Lösung zu suchen.