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Entschädigung bei Zugverspätung nach 60 Minuten

24.04.2009, 15:33

Berlin/dpa. - Bei größeren Bahn-Verspätungen und Zugausfällen werden Bahnreisende im Nah- und Fernverkehr künftig entschädigt: über Teil- Erstattungen des Tickets sowie von Taxi- und Hotelrechnungen.

Darauf erhalten sie nach dem vom Bundestag am Freitag (24. April) verabschiedeten neuen Fahrgastrechtegesetz einen Rechtsanspruch in engen Grenzen. Die im Sommer greifende Regelung nimmt EU-Recht vorweg. Das Gesetz sieht vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates am 15. Mai vor:

- Entschädigung im Nah- und Fernverkehr: Kommt der Fahrgast 60 Minuten verspätet am Zielort an, ist ein Viertel des Fahrpreises zu erstatten, bei mindestens zweistündiger Verspätung steigt die Entschädigung auf die Hälfte des Ticketbetrags. Die Regelung gilt auch dann, wenn ein Fahrgast wegen einer vergleichsweise kleinen Verspätung seinen Anschluss verpasst hat.

Beispiel: Fahrgast F möchte mit dem Zug von Darmstadt nach Kiel fahren. Die Fahrkarte hat 117 Euro gekostet. Der Regionalzug soll um 13.48 Uhr in Frankfurt am Main ankommen. Der vorgesehene Anschlusszug soll um 13.58 Uhr nach Kiel abfahren und dort um 18.46 Uhr ankommen. Der Regionalzug hat in Frankfurt am Main aber 30 Minuten Verspätung, so dass F den Zug nach Kiel verpasst. Er kommt erst um 20.02 Uhr in Kiel an. Da F sein Ziel mehr als 60 Minuten verspätet erreicht, erhält er ein Viertel des Fahrpreises, also 29,25 Euro, erstattet.

- Hotel: Bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten ist eine kostenlose Hotelunterkunft anzubieten, wenn wegen der Unpünktlichkeit oder des Ausfalls eine Übernachtung erforderlich wird.

- Im Nahverkehr, der etwa 50 Kilometer umfasst, werden die Fahrgäste bei Verspätungen oder Zugausfällen auf andere Verkehrsmittel ausweichen können, gegebenenfalls sogar auf ein Taxi. Als Aufwendungsersatz hierfür sind bis zu 80 Euro vorgesehen. Das gilt bei einer Verspätung von 60 Minuten und einer fahrplanmäßigen Ankunftszeit zwischen 0.00 Uhr und 5.00 Uhr, wenn keine preisgünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen. Die Taxifahrt wird auch anerkannt, wenn der letzte fahrplanmäßige Zug des Tages ausfällt.

- Ist im Nahverkehr eine Verspätung von mindestens 20 Minuten absehbar, kann der Fahrgast - soweit möglich - auch Fernverkehrszüge wie IC oder ICE ohne Aufpreis und ohne Kartentausch am Schalter nutzen. Das gilt nicht bei Zügen mit Reservierungspflicht wie beim City Night Line oder ICE Sprinter.

- Sonderregeln gelten für Zeitfahrkarten wie etwa die Bahncard 100. Hier greifen die genannten Pauschalen nicht. In diesen Fällen müssen die Bahnen in ihren Beförderungsbedingungen eine «angemessene Entschädigung» nach Angaben des Justizministeriums für den Fall vorsehen, dass der Fahrgast «wiederholt Verspätungen erleidet.

- Zeichnet sich eine Verspätung von mehr als 60 Minuten ab, kann der Fahrgast auch von einer Fahrt absehen und Erstattung des Fahrpreises verlangen oder die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt auch mit geänderter Streckenführung antreten.

- Die Bahnen haften nicht, wenn die Verspätung nicht in ihrem Einflussbereich liegt und sie sie auch bei äußerster Sorgfalt nicht vermeiden können. Beispiel: Ein Lkw durchbricht die Schranken, dem Zugführer gelingt es durch Vollbremsung, eine Kollision zu vermeiden. Allerdings muss der Zug über eine Stunde am Unfallort warten, bis die Polizei die Gleise zur Weiterfahrt freigibt. Obwohl der Fahrgast seinen Zielort erst mit 90 Minuten Verspätung erreicht, ist das Eisenbahnunternehmen nicht verpflichtet, ihm einen Teil des Fahrpreises zu erstatten.