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England England: Der stille Abschied des Owen Hargreaves

Von Marco Mader 25.05.2011, 14:53

London/sid. - Selbst bei einem Finalsieg Manchester Uniteds in der Champions League gegen den FC Barcelona wird ein United-Spieler am Samstag Trauer tragen: Zehn Jahre nach dem Triumph mit Bayern München steht der von Verletzungen gebeutelte Owen Hargreaves vor dem Ende seiner Karriere.

Am Montag sah man Owen Hargreaves wieder einmal lächeln. Beim Treffen der "Helden von Mailand", zehn Jahre nach dem Champions-League-Triumph mit Bayern München, stellte er sich gut gelaunt zwischen Thomas Linke und dem damaligen Co-Trainer Michael Henke zum Mannschaftsfoto auf. Hargreaves hörte wohl ganz genau hin, als Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in seiner Rede sagte: "Für alle aus diesem Kader wird der FC Bayern immer eine Heimat sein." Hargreaves muss sich bald ein neues Zuhause suchen: Sein auslaufender Vertrag beim Champions-League-Finalisten Manchester United wird nicht verlängert.

Das ist der eine Grund, warum der 30-Jährige vor dem Endspiel am Samstag in London gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr/Sat.1 und Sky) kaum Anlass zu guter Laune hat. Der andere, schwerer wiegende, ist die Ursache für Manchesters Entscheidung, ihn wegzuschicken: Hargreaves hat in den vergangenen beiden Jahren gerade einmal zwei Pflichtspieleinsätze bestritten, insgesamt stand er sechs Minuten auf dem Platz. 2008/09 waren es drei Einsätze. Die Knie quälten Hargreaves, drei Jahre lang. Und beenden jetzt möglicherweise seine Karriere.

Auch sein Besuch in München zu Wochenbeginn war keine reine Lustreise. Er wollte sich in der alten Heimat einer Operation an der Schulter unterziehen - ein weiteres Kapitel in der Leidensgeschichte des Owen H. Dabei hatte seine Karriere ebenso verheißungsvoll begonnen wie die Zeit bei ManUnited nach dem Wechsel von den Bayern auf die Insel 2007. Mit den Bayern hatte er 2001 gleich in seinem ersten Jahr bei den Profis die Champions League gewonnen - mit erst 20 Jahren. Als Stammspieler - nicht nur, weil sich Jens Jeremies im Halbfinale schwer verletzte, sondern, weil Hargreaves Trainer Ottmar Hitzfeld überzeugte.

17 Millionen Pfund ließ sich United Hargreaves vor vier Jahren kosten, das waren damals rund 25 Millionen Euro. Das Geld schien gut angelegt, Hargreaves eroberte auch in England einen Stammplatz. Er wurde Meister und gewann mit den Red Devils auf Anhieb die Champions League. Im Finale gegen den FC Chelsea spielte er von Beginn an, im Elfmeterschießen verwandelte er sicher.

Doch dann begann das Leiden. Wegen immer wiederkehrenden Entzündungen der Patellasehne suchte Hargreaves Spezialisten in London und Schweden auf, ohne Linderung zu erfahren. Im November 2008 entschied er sich für eine Operation am rechten Knie beim Spezialisten Richard Steadman im US-Bundesstaat Colorado. Im Januar 2009 ließ er da sein linkes Knie richten. Erst am 2. Mai 2010, nach 20 Monaten Pause, gab er in der Nachspielzeit gegen Sunderland sein Comeback.

Hargreaves schöpfte Mut. "Ich habe zwei Jahre verpasst und bin enttäuscht. Aber ich bin erst 29 und habe noch sechs Jahre vor mir", sagte er nach seiner Rückkehr: "Ich hoffe auf die nächste Saison." Dann verletzte er sich in der Vorbereitung erneut, und bei seinem Comeback am 6. November war wegen eines Muskelfaserrisses im linken Oberschenkel schon nach fünf Minuten Schluss. Es war Hargreaves' letzter Auftritt für United.

Hargreaves spricht nicht gern über seine schwere Zeit. Versuche, ihn über seinen Berater Roman Grill zu kontaktieren, schlugen in den vergangenen Jahren wiederholt fehlt. Auch jetzt, vor seinem Abschied, "glaube ich nicht, dass er reden will", sagte Grill dem SID. Der Stachel sitzt wohl zu tief.

Teammanager Alex Ferguson sprach von einer "schweren Entscheidung", als er vor wenigen Tagen verkündete, dass es für Hargreaves nicht weitergehen würde bei United. Verhandlungen über einen "pay-as-you-play-deal", bei dem Profis pro Einsatz bezahlt werden, seien fehlgeschlagen, ergänzte der Sir.

Ob Hargreaves es noch einmal woanders probiert, ist offen. Wer will schon einen Spieler mit dieser Krankenakte?

Sollte United im Wembley-Stadion den "Henkelpott" gewinnen, wird Hargreaves nicht einmal eine Medaille erhalten. Er gehört dem Aufgebot des englischen Rekordmeisters für die Königsklasse nicht an. Es wird ein stiller Abschied.