EM 2004 EM 2004: Carsten Ramelow erklärt Nationalmannschafts-Rücktritt
Hamburg/München/dpa. - Vize-Weltmeister Carsten Ramelow hat fünfTage vor Bekanntgabe des EM-Aufgebots seinen sofortigen Rücktritt ausder deutschen Fußball-Nationalmannschaft mitgeteilt. Der 30 Jahrealte Profi von Bayer 04 Leverkusen begründete seinen Entschluss mitzahlreichen Verletzungen in den vergangenen Monaten. Außerdem wolleer «Platz machen für jüngere Spieler, die eine Perspektive für die WM2006 haben». Er werde «nur im absoluten Notfall für die EURO inPortugal auf Abruf zur Verfügung stehen».
Tatsächlich dürfte Ramelows Entschluss mit der 1:5-Niederlage am28. Mai in Rumänien zusammenhängen, als der Leverkusener in derungewohnten Verteidigerrolle eine sehr schlechte Figur machte und zuden am heftigsten kritisierten Spielern zählte. Bereits kurz danachhatte er Völler von seinem Rücktritt unterrichtet, den der DeutscheFußball-Bund (DFB) erst jetzt via Pressemitteilung bekannt gab. «Ichbedauere, aber akzeptiere die Entscheidung», sagte Völler der dpa:«Ob das Rumänien-Spiel einen Einfluss hatte, weiß ich nicht.»
Völler verneinte, dass Ramelow mit seinem Schritt einer Ausbootungaus dem EM-Kader, der am Montag in Frankfurt benannt werden soll,zuvorkam. «Er hätte sehr gute Chancen gehabt», betonte der Teamchef,«er war für mich ein wichtiger Spieler in der Nationalmannschaft».Allerdings kommt der DFB-Teamchef jetzt um eine Härtefall-Entscheidung herum und kann einen Youngster wie Lukas Podolski oderBastian Schweinsteiger nominieren, ohne einen Etablierten streichenzu müssen.
Ramelows Verletzungs-Argumente stehen in krassem Gegensatz zuseinem in dieser Saison absolvierten Pensum. Er absolvierte 30 der 33Punktspiele von Bayer Leverkusen, war in sechs der acht Länderspielemit von der Partie. «Er war der Spieler, der nie auf die Ideegekommen ist, eine Einladung zur Nationalmannschaft abzusagen», sagteBayer Leverkusens Finanzchef Wolfgang Holzhäuser, nach dessen AnsichtRamelow vor allem in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit unfairbehandelt wurde: «Mich hat gewurmt, dass er nach dem Länderspiel inRumänien als die Inkarnation des Versagens dargestellt wurde.»
Ramelow gehörte in der Nationalmannschaft nicht gerade zu denFrühstartern. Sein Debüt in der DFB-Auswahl gab der strohblonde Profierst mit 24 Jahren unter dem damaligen Teamchef Erich Ribbeck imOktober 1998 in Bursa, wo die deutsche Elf ihr EM-Qualifikationsspielgegen die Türkei mit 0:1 verlor. Bei der desaströsen EURO 2000 zählteRamelow zum Aufgebot, kam aber in Belgien und den Niederlanden nichtzum Einsatz.
Erst unter Völler wurde er zur festen Größe in der DFB-Auswahl.Bei der WM in Japan und Südkorea vertrat er den kurzfristig mit einemKreuzbandriss ausgefallenen Jens Nowotny als Abwehrchef. Nach dergelb-roten Karte im letzten Gruppenspiel gegen Kamerun wurde er imAchtel- und Viertelfinale gegen Paraguay und die USA vom DortmunderSebastian Kehl vertreten. Schon da hatte er Rücktrittsgedankengeäußert. Im Halbfinale gegen Südkorea aber baute Völler wieder aufden Leverkusener, erst recht im Endspiel gegen Brasilien. Insgesamterzielte er in den 46 Länderspielen drei Tore, zuletzt traf er am 18.Februar beim 2:1 in Kroatien.