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Eiskunstlauf Eiskunstlauf: Fall Steuer belastet krisengeschüttelte DEU

Von Britta Körber 01.10.2006, 15:58

Oberstdorf/dpa. - «Das kann sich vor Gericht sogar über Jahre hinziehen, hier könnte fast ein Bosman-Urteil entstehen», sagte der neue DEU-Präsident Dieter Hillebrand am Rande der aus deutscher Sicht enttäuschenden Nebelhorn-Trophy in Oberstdorf. Zudem liegt eine Forderung Steuers auf dem Tisch, ihm Prämien in Höhe von 80 000 Euro für den Erfolg mit den Vize-Europameistern Aljona Sawtschenko/Robin Szolkowy zu überweisen.

«Die Prämienforderung scheint mir zu hoch zu sein, aber rauskommen tun wir da nicht», bemerkte Hillebrand nüchtern. Der pensionierte Polizeipräsident von Oberbayern hatte den Verband im Juli kurz vor der Insolvenz übernommen. Statt sich um die sportliche Zukunft der einstigen deutschen Vorzeige-Sportart zu kümmern, ist er ausschließlich mit der Sanierung und Steuer beschäftigt. Der Ex-Weltmeister und sein Paar haben ihre Absicht bekundet, bei jedem Wettbewerb die Betreuung durch den Coach einzuklagen. Die DEU wird Steuer für kein Event mehr nominieren und die gerichtlichen Entscheidungen abwarten.

«Es könnte ein Umdenken im gesamten deutschen Sport geben, was die Autonomie der Verbände angeht. Leider wird das Ganze auf dem Rücken der DEU ausgetragen», sagte Hillebrand, der sogar mit einer Verfassungsbeschwerde der Gegenseite rechnet. Trotz des juristischen Streits hat Hillebrand durchaus Verständnis für die Situation der Chemnitzer: «Wir haben kein gestörtes Verhältnis zu Steuer oder dem Paar, wir können ihre Situation verstehen.»

Auf immer weniger Verständnis stößt die unendliche Geschichte bei den Aktiven, die wegen der finanziell prekären Situation keine Lehrgänge mehr bezahlt bekommen. Die DEU hofft nun zumindest auf Bundesmittel für den Trainerbereich. «Wir brauchen hauptamtliche Fachkräfte, die den Leistungssport auf eine breitere Basis stellen», sagte DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf, der das alte Prämiensystem für die Trainer abschaffen wird.

Der Plan mit einem möglichen Bundes-Nachwuchstrainer ist langfristig angelegt, die nahe Zukunft sieht düster aus: Alle Kader-Athleten kämpfen mit Verletzungen und Krankheiten wie Stefan Lindemann (Virusinfektion) und die Eistanz-Geschwister Beier, die wegen Sehnenproblemen seit Monaten nicht aufs Eis können. Auch Sawtschenko/Szolkowy ist angesichts der Nervenbelastung international kaum eine Medaille zuzutrauen.

Die einzig gute Nachricht ist, dass die Junioren-Weltmeisterschaft im Februar in Oberstdorf trotz großer Probleme ausgetragen werden kann und sich die Finanzen langsam bessern. Die DEU verkaufte ihre Geschäftsstelle in München an den Deutschen Eishockey-Bund und zieht ins Haus der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG). Der DESG-Geschäftsführer Michael Talermann wird sich in Zukunft auch um die Belange der DEU kümmern. «Das wird eine große Hilfe sein, dann kann ich mich auf das Sportliche konzentrieren», sagte Dönsdorf.