Eine Woche "nach Bochum": Nokia-Gewinn bei 72 Milliarden
Helsinki/dpa. - Gut eine Woche nach der Hiobsbotschaft für das Bochumer Nokia-Werk hat der weltgrößte Handyhersteller am Donnerstag eine glänzende Bilanz präsentiert. Nach Angaben von Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo (54) wurde im vergangenen Jahr ein Rekordgewinn von 7,2 Milliarden Euro erzielt.
Der Marktanteil stieg auf 40 Prozent. Nokia erneuerte das Aus für Bochum mit seinen 2300 Beschäftigten und verteidigte dies vor allem mit zu hohen Personalkosten. Die Nokia-Aktie zog nach Bekanntgabe der Bilanz in Helsinki um 12 Prozent auf 23,75 Euro an.
Kallasvuo entschuldigte sich für die Entscheidung zur geplanten Werksschließung. Er sagte: «Ich will mich dafür entschuldigen, dass wir dazu kommen mussten, eine so schmerzliche Entscheidung zu treffen. Sie basiert aber auf soliden Argumenten.» Zudem kündigte er baldige Gespräche mit der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen an, um «innovative Lösungen für die Region Bochum zu finden». Nokia wolle zeigen, dass das Unternehmen ein «verantwortungsbewusster Teil der Gesellschaft» sei.
Beschäftigte des Werkes reagierten unterdessen ungehalten. «7,2 Milliarden Reinerlös - damit könnten die über 100 Jahre unsere Lohnkosten zahlen», rief die Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach bei einer «alternativen Bilanz-Pressekonferenz» zum mittäglichen Schichtwechsel. Die Bochumer Nokianer hätten durch Sonderschichten und Sonntagsarbeit erheblich zum Erfolg beigetragen. «Der Gewinn ist auch unser», rief sie unter Pfiffen und Buhrufen. Die Gewerkschaft setze auf neue Gespräche mit der Geschäftsführung, sagte die IG-Metall-Bevollmächtigte Ulrike Kleinebrahm. «Der Imageschaden für Nokia tut denen jetzt schon weh. Wir werden nachsetzen.» SPD-Chef Kurt Beck will sich am kommenden Montag auf einem Unterbezirksparteitag seiner Partei in Bochum zur geplanten Werksschließung äußern.
Unmittelbar nach Abschluss des überaus erfolgreichen vierten Quartals hatte Nokia die Schließung der Handy-Fabrik in Bochum mit Kostenvorteilen am neuen rumänischen Standort Jucu bei Cluj (Klausenburg) in Siebenbürgen begründet. Vor Analysten sagte Kallasvuo: «Leider sind die Kosten für Arbeit einschließlich Nebenkosten in Deutschland nicht konkurrenzfähig für die industrielle Massenfertigung von Nokia-Produkten.» Der Durchschnittspreis für Handys sei seit 2002 von 160 Euro auf 103 Euro gesunken. Gleichzeitig seien Lohn- und Gehaltskosten in Bochum gestiegen. Er fügte hinzu: «Eine Entscheidung dieser Art ist nie leicht. Sie erzeugt Schmerz und Trauer für Menschen. Auch wir als Unternehmen werden getroffen. Wir bekommen negative Publicity. Keiner mag uns.»
Der Nokia-Konzern erzielte 2007 eine Traumrendite von 25 Prozent. Der Nettogewinn stieg um 67 Prozent. Der Umsatz erhöhte sich um 24 Prozent auf 51,1 Milliarden Euro. Im vierten Quartal konnte der Weltmarktführer seinen Marktanteil auf die seit langem angestrebte Marke von 40 Prozent erhöhen. Er verbuchte 1,8 Milliarden Euro Reingewinn und damit 44 Prozent mehr als zwölf Monate zuvor. Die Gewinnmarge für die Handy-Sparte stieg im vierten Quartal von 17,8 auf 25 Prozent. «Wir wollen jetzt noch mehr als diese 40 Prozent Weltmarktanteil», sagte Kallasvuo.
Der 54-Jährige äußerte sich in Helsinki hochzufrieden über das letzte Quartal, in dem Nokia weltweit 133,5 Millionen Mobiltelefone absetzen konnte. Er sagte: «Nach so einem beeindruckenden Quartal ist es ein gutes Gefühl, hier Fragen zu beantworten.» Nokias «fantastisches viertes Quartal» habe dazu beigetragen, dass 2007 insgesamt zu einem Jahr mit starkem Wachstum und erhöhter Rentabilität für uns wurde.» 2007 sei insgesamt «ein Jahr mit wichtigen strategischen Entscheidungen» gewesen. Über alle zwölf Monate konnte Nokia die Ertragsquote bei Mobiltelefonen von 16,6 auf 21,7 Prozent steigern. «Das Wachstum kommt vor allem aus den Schwellenländern. Und Afrika ist nun auch wirklich aufgewacht, was Handys betrifft.»
Für 2008 erwartet Nokia ein Wachstum beim Handy-Branchenabsatz um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Einheiten. Schwach werde dagegen der Zuwachs beim Geschäft mit Telenetzen ausfallen, bei dem Nokia mit dem deutschen Siemens-Konzern kooperiert. Nokia Siemens Networks entwickle sich aber positiv in die richtige Richtung.