Doping Doping: Springstein wurde angeblich das Opfer einer Intrige
Düsseldorf/dpa. - Der Rechtsanwalt des wegen Minderjährigen- Dopings angeklagten Leichtathletik-Trainers Thomas Springstein sieht seinen Mandanten als Opfer einer Ost-West-Intrige.
«Ich werde das Verfahren nutzen, um zu zeigen, dass es andere Zusammenhänge gibt», erklärte Peter-Michael Diestel vor Prozessbeginn vor dem Magdeburger Amtsgericht dem «Der Tagesspiegel». «Es ging darum, Springsteins Sprintschule in Magdeburg zu zerstören.»
Nach Informationen der Zeitung wurden im Haus des 47 Jahre alten Trainers bei einer Razzia im Herbst 2004 nicht nur Andriol-Tabletten mit dem Doping-Wirkstoff Testosteron-Undecanoat entdeckt. Vielmehr sollen auch Wachstumshormone und Insulin gefunden worden sein. Bei richtigem Einsatz kann man mit diesen Mitteln ebenfalls Muskeln bilden. Springstein will diese Substanzen für den Eigenbedarf angeschafft haben. Erschüttert wird diese Aussage von der Hürdenläuferin Anne-Kathrin-Elbe. Die damals 17-Jährige gehörte zur Trainingsgruppe des SC Magdeburg und will von ihrem Ex-Coach zwei Mal Andriol-Tabletten erhalten haben. Sie hatte die Pillen an einen Bundestrainer weitergegeben, woraufhin der Deutsche Leichtathletik- Verband (DLV) im August 2004 Strafanzeige erstattete.
«Der Besitz von Medikamenten ist nichts Rechtswidriges, und bis zur Weitergabe an ihm anvertraute Minderjährige ist es ein großer Schritt», sagte Diestel dazu. Er räumt jedoch ein, dass die Funde von Insulin und Wachstumshormonen die Glaubwürdigkeit seines Mandanten nicht gerade stärken. «Aber eine nicht besonders starke Glaubwürdigkeit ist noch nicht strafbar», meinte Diestel.
Bei der Hausdurchsuchung sollen zudem Vergabezyklen von Dopingmitteln gefunden worden sein. «Thomas Springstein hat sich eben sehr intensiv mit den Grenzbereich des Sports auseinander gesetzt», sagte Diestel. Sichergestellt wurden offenbar auch E-Mails, in denen Ärzte Springstein genaue Anweisungen zum Einsatz verbotener Substanzen geben, berichtete der «Tagesspiegel.»
Bereits am ersten von zunächst neun Verhandlungstagen vor dem Schöffengericht des Magdeburger Amtsgerichts wird die Glaubwürdigkeit Springsteins auf die Probe gestellt. Schon kurz nach Prozessbeginn ist die Aussage von Hauptzeugin Anne-Kathrin Elbe, die inzwischen zu Bayer 04 Leverkusen gewechselt ist, vorgesehen. «Sie wird am Montag aussagen, von Springstein im Frühjahr 2003 zwei Rationen Andriol erhalten zu haben», sagte ihr Rechtsbeistand Joachim Strauss. Geladen sind im Verfahren rund 20 Zeugen.
Laut Anklage soll Springstein in drei Fällen an minderjährige Athleten unrechtmäßig Arzneimittel zu Doping-Zwecken abgegeben haben. Zudem soll er in fünf Fällen ein homöopathisches Mittel zur Heilung einer Verletzung injiziert haben, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt zu sein. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Geldbuße oder eine mehrjährige Haftstrafe.
Der Springstein-Prozess ist nach den Rechtsstreits von Olympiasieger Dieter Baumann (Zahnpasta-Affäre) und der zweimaligen Ex-Weltmeisterin Katrin Krabbe die Aufsehen erregendste juristische Auseinandersetzung in Sachen Doping in Deutschland. Schon 1992 galt Springstein im Clenbuterol-Skandal seiner Schülerinnen Katrin Krabbe und Grit Breuer - sie ist vor knapp zwei Wochen zurückgetreten und mit dem Coach liiert - als Schlüsselfigur. Das Sprint-Duo wurde wegen Medikamentenmissbrauchs gesperrt, Springstein entzog sich der Sportgerichtsbarkeit durch den Austritt aus seinem damaligen Verein SC Neubrandenburg.
«Man sollte abwarten, was bei dem Prozess herauskommt und darf niemanden vorverurteilen», sagte Katrin Krabbe über ihren Ex-Trainer in einem Interview mit der «Welt am Sonntag» und fügte an: «Trotzdem wird die Sache sicher medial aufgebauscht.» Zum Thema Doping hat die heute 36-Jährige, die einen Schadenersatzprozess gegen den Leichtathletik-Weltverband IAAF wegen einer unrechtmäßigen Verlängerung der damaligen Sperre gewann, eine kritische Einstellung gewonnen. Eine völlige Freigabe im Sport hält sie für falsch: «Dann würde der Sport in einer Katastrophe enden», warnte sie.