Die Bayern in Leipzig Die Bayern in Leipzig: Ballack statt Kindergarten
Halle/MZ. - Die kindlich aufgeregten "Michael Ballack"-Rufe waren am Montagmorgen im Leutzscher Alfred-Kunze-Sportpark nicht zu überhören. Lukas Müller, Lisa Naß und Tom Weiße hatten von ihren Eltern ein langes Fußballwochenende spendiert bekommen. "Am Sonntag waren wir bei Borussia Dortmund in Braunsbedra, heute haben wir nun den Bayern beim Training zugeschaut. Dafür durften wir sogar den Kindergarten für einen Tag schwänzen", erzählen Lukas und Lisa, die bei Fortuna Paunsdorf schon selbst Fußball spielen. Klar, dass Ballack nach der ersten zweistündigen Trainingseinheit sein Autogramm für die Kinder besonders leserlich in den hingehaltenen Block schrieb. Und das nicht mit einem Null-acht-fuffzehn-Kuli sondern mit einem 1-a-Gerät, das Sponsor Telekom wie selbstverständlich jedem seiner behüteten Stars noch auf den grünen Rasen in die Hand drückte. Bayern-Service - eben aus einer anderen Fußballwelt . . .
"Wir haben als Fußballer die stets in der Öffentlichkeit stehen, auch eine gewichtige Vorbildfunktion. Ist doch selbstverständlich, dass man sich die Zeit nimmt, kleine Wünsche zu erfüllen und dazu auch das eine oder andere nette Wort findet", erzählt Ballack, noch braungebrannter als sonst. Am Sonnabend erst kehrte er aus dem Sardinien-Urlaub zurück, spielte Sonntag schon, obwohl er dazu gar nicht verpflichtet war, eine Halbzeit lang gegen seinen alten Verein Motor Fritz Heckert Karl-Marx-Stadt, der jetzt VfB Chemnitz heißt. "Als Sechsjähriger habe ich dort mit dem Fußball begonnen. Jetzt geht es dem Verein wie vielen anderen im Osten nicht sonderlich gut. Hoffentlich hat das Benefizspiel ein wenig geholfen, die größte wirtschaftliche Not zu lindern."
Eine andere nette Geste soll das Spiel gegen eine Leipziger Stadtauswahl am Donnerstag werden. "Als Sachse kenne ich natürlich die erbitterte Rivalität zwischen den beiden Vereinen, dagegen ist ja Dortmund gegen Schalke die reinste Männerfreundschaft. Das Sachsen- und VfB-Spieler nun mit einem gemeinsamen Trikot zusammenspielen, ist hoffentlich ein guter Anfang. Mit immer wieder neu aufflammenden Feindschaften gibt es keine Chance, in der Zukunft zu bestehen", gibt Ballack beiden Vereinen mit auf den Weg.
Nach so vielen Artigkeiten wird Ballack dann plötzlich sehr ernst und fordernd, wenn es um die sportlichen Ziele des FC Bayern München in dieser Saison geht. "Im letzten Jahr hatte ich als Neueinkauf eine Weile zu tun, um meinen Platz zu finden, mich dabei sicher auch zu lange zurückgehalten. Als ich mir dann endlich Gehör verschafft hatte, war es schon zu spät. Zumindest für die Champions League", sagt Ballack nach einer Saison, in der er immerhin Meister und DFB-Pokalsieger wurde. "Es ist natürlich mehr drin. Ich will mehr erreichen. Wir brauchen uns hinter keinem Klub in Europa zu verstecken. Auch nicht hinter Real Madrid", fordert er für die neue Saison. Wer gestern beim eigentlich bedeutungslosen Trainingsspielchen seine fordernden und entschlossenen Gesten sah, weiß, wie ernst es dem gebürtigen Chemnitzer damit ist.
