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Deutschland-Reise Deutschland-Reise: Im Galopp durch die «brennende» Heidelandschaft

Von Daniela David 30.05.2003, 17:57
Reiterhof mit Tradition - seit 1962 finden Reiter und Pferde in den Gebäuden des 150 Jahre alten Forstgutes Rehrhof bei Amelinghausen Bett und Stroh. (Foto: dpa)
Reiterhof mit Tradition - seit 1962 finden Reiter und Pferde in den Gebäuden des 150 Jahre alten Forstgutes Rehrhof bei Amelinghausen Bett und Stroh. (Foto: dpa) Daniela David

Lüneburg/dpa. - Doch Urlaub mit Pferden muss nicht immer Reiten bedeuten: «Es istein wunderbares Gefühl, auf die schwingenden Pferderücken zuschauen», versichert Eckardt Meyer auf dem Kutschbock. Zügig bringter seinen Zweispänner zum Wenden. Als Bundestrainer für Fahrsport tutsich der Profi damit leicht. Die Fahranfänger auf seinem Hof beiHermannsburg in der Lüneburger Heide müssen die hohe Kunst desFahrens - wie das Kutschieren von Pferden offiziell genannt wird -erst noch lernen. «Das ist ein Sport für die ganze Familie», sagtMeyer, der auf seinem Hof in der Südheide Ferienlehrgänge anbietet.

Für Pferdenarren, die die Lüneburger Heide besuchen, ist das nahegelegene Landgestüt Celle ein Muss. Hauptsattelmeister Bodo Bielmannberichtet stolz von der Tradition des Gestüts: Seit 1735 werden hieredle Hannoveraner gezüchtet. «Uns liegt vor allem an der Qualität undder strengen Selektion der Pferde», erklärt er auf einem Rundgangdurch die historischen Stallungen. Es geht vorbei an Pferdeboxen mitHengsten mit Namen wie «Walzertraum» oder «Glücksgriff».«Weltmeister», so erfahren die Besucher, erhielt den Preis «Bestesdeutsches Reitpferd» und durfte bereits mehr als 500 Stuten decken.

Den Mittelpunkt des Hannoveraner-Zuchtgebietes bildet Celle.Höhepunkt des Pferdejahres in Celle sind die Hengstparaden EndeSeptember und Anfang Oktober. In einem mehrstündigen Programm zeigendann etwa 200 Hannoveraner ihr Können. Dazu gehören bis zudreizehnspänniges Fahren, Dressurquadrillen oder exotische Einlagenwie «Ungarische Post». Dabei steht der Reiter auf zwei Pferdengleichzeitig. Da bleibt wenig Zeit für die Altstadt von Celle mitihren mehr als 400 gut erhaltenen, bunten Fachwerkhäusern.

Auch Verden im Westen der Lüneburger Heide ist ein Magnet fürPferdefans: In der Stadt finden nationale und internationale Reit-und Fahrturniere statt. Von Verden aus werden die Hannoveranerweltweit vermarktet. In der Niedersachsenhalle können Touristenmiterleben, wie die kostspieligen Rösser acht Mal im Jahr aufAuktionen präsentiert werden. Es herrscht dann immer eine angespannteAtmosphäre, wenn hoffnungsvolle Interessenten ihre Favoriten alsWeltmeister oder Olympiasieger in spe ersteigern.

«Unser Publikum ist international», sagt Enno Hempel vom Verbandhannoverscher Warmblutzüchter. Mehr als 40 Prozent der Hannoveranergehen in den Export, vor allem nach Übersee. Verden ist auch für seinPferdemuseum bekannt. Es befindet sich in einer alten Kaserne, in derfrüher Reiterregimenter unterkamen. Das einstige Offizierskasinobirgt heute die historische Bibliothek. Mit mehr als 15 000 Bändenist sie eine der bedeutendsten Pferdebibliotheken überhaupt. Dasälteste Buch darin ist eine Reitvorschrift aus dem Jahre 1568.

In den Ausstellungshallen bekommt der Besucher vieles rund umsPferd gezeigt. Das reicht von der Entwicklung des Pferdes vom Urpferdan über Themen wie das Pferd in der Malerei, im Militär und im Sportbis hin zu Kuriositäten - wie Moorschuhen für Pferde. Ein Schwerpunktsind historische Sättel, Zaumzeuge und Geschirre. Museumsbesucherkönnen auch selbst in den Sattel steigen. Mechanische Reitgeräteverbunden mit einem Videosimulator erwecken den Eindruck, selbst überdie Verdener Rennbahn zu reiten oder eine Kutsche zu lenken.

Doch nur mit lebendigen Pferden lässt sich die landschaftlicheVielfalt der Lüneburger Heide auf Ausritten und Kutschfahrtenwirklich erleben. Das ist zum Beispiel auf dem Forstgut Rehrhof beiAmelinghausen südlich von Lüneburg möglich. Der Hof mit seinen 150Jahre alten, denkmalgeschützten Gebäuden bietet Unterkunft für Reiterund Pferde. «Unser Hof hat eine für die Region typische Entwicklungdurchgemacht», erzählt Besitzer Jürgen Vogt. «Bis 1962 hatten wirnoch Milchkühe, dann sind wir auf Pferde und Ferien auf dem Bauernhofumgestiegen.»

Eine Heimat hat dort auch Sabine Reifenrath gefunden. DiePhysiotherapeutin und Reitlehrerin bietet auf dem Rehrhof Reiten fürKinder an. Dabei hat sie sich auf therapeutisches Reitenspezialisiert, zum Beispiel auf das heilpädagogisches Voltigieren.Während sie einen ruhigen Kaltblüter an der Longe im Kreis bewegt,turnen Kinder auf dem Rücken des Pferdes. Sie lösen die Hände vomVoltigiergurt, machen eine Rolle rückwärts oder stehen sogar auf demPferd im Galopp. «Die Muskelverspannungen bei behinderten Kindernlösen sich durch die Wärme des Tieres», erklärt Sabine Reifenrath.

Sportlich ambitionierte Reiter treffen sich beispielsweise auf demBrunnenhof in Suhlendorf im östlichen Teil der Heide. «Unser Konzeptist ein anspruchsvolles Reitangebot in schöner Natur», erklärt dieBesitzerin und Reitlehrerin Sabine Wörner. Gemeinsam mit ihrem Mannbetreibt sie den Reiterhof mit Hotel in reetgedeckten Häusern aus dem18. Jahrhundert. Die Ferienreiter reisen mit oder ohne eigenes Pferdan. Für ängstliche Reiter gibt es Spezialkurse.

Viele Gäste möchten aber einfach nur Ausreiten - durch Wiesen,Wälder und Felder. Und wer im August kommt, kann hoch zu Ross dieblühende Heide erleben. Dann ist die Landschaft in ein kräftiges Lilagetaucht. «Es brennt die Heide!», sagen dann die Einheimischen.

Informationen: Tourismusverband Lüneburger Heide, Postfach 2160,21311 Lüneburg (Tel.: 04131/737 30, Fax: 04131/426 06, E-Mail: [email protected]).

Nicht nur für Reiter - die landschaftliche Vielfalt der Lüneburger Heide können Urlauber auch bei Kutschfahrten erleben. (Foto: dpa)
Nicht nur für Reiter - die landschaftliche Vielfalt der Lüneburger Heide können Urlauber auch bei Kutschfahrten erleben. (Foto: dpa)
Tourismus GmbH Gifhorn