Deutschland Deutschland: Frankfurt an der Oder wird 750 Jahre alt

Frankfurt/Oder/dpa. - Kleiststadt, Oderstadt, Hansestadt - Frankfurt an der Oder hat viele attraktiv klingende Namen. Allerdings kämpft die 70 000-Einwohner-Kommune an der östlichen EU-Außengrenze auch mit einem Negativimage, das vor etwa zehn Jahren geprägt wurde: durch lange Grenzstaus, regen Schmuggel und rechtsextreme Übergriffe. Der preisgekrönte Film «Halbe Treppe» rückte Frankfurt nun weit über die eigenen Grenzen hinaus wieder in ein etwas besseres Licht. 2003 wird die Stadt 750 Jahre alt - und hofft, das Jubiläum auch mit mehr Touristen feiern zu können, die nicht nur auf der Durchreise sind.
Die viertgrößte kreisfreie Stadt in Brandenburg blickt auf eine Geschichte zurück, in der sich Blütezeiten und tragische Ereignisse häufig abwechselten. 1253 erhielt hier die brandenburgische Kaufmannsniederlassung das Stadtrecht. Vrankenforde, so der damalige Stadtname, lag am Schnittpunkt bedeutender Handelsstraßen und entwickelte sich zu einem Drehpunkt für den Warenverkehr zwischen Ost- und Westeuropa. Auch dem Bund der Hanse gehörte die Stadt an.
Aus dieser Zeit bis heute übrig geblieben sind nur zwei markante Gebäude im Zentrum: das Rathaus und die Marienkirche, die als größte Backsteingotik-Hallenkirche Deutschlands gilt. Bekannt ist das Gotteshaus aber vor allem wegen seiner jahrzehntelang verschollenen Bleiglasfenster. Sie wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Russland verschleppt, lagerten dort ein halbes Jahrhundert in Kisten und kehrten erst im Juni 2002 zurück. Ein Expertenteam soll das in Mitleidenschaft gezogene Kulturgut behutsam restaurieren. In der Sakristei sind 4 der 111 wertvollen Chorfenster ausgestellt.
Die einst an schöner Architektur reiche Stadt fiel gegen Ende des Zweiten Weltkreges 1945 fast vollständig in Schutt und Asche. Auf dem Trümmerfeld entstanden in den Folgejahren Bauten im sozialistischen Stil, durch das Zentrum zog sich fortan eine breite, für Kundgebungen geeignete Magistrale, die Karl-Marx-Straße. Noch heute trägt die Trasse, an deren Rand mittlerweile moderne Einkaufspassagen und altbacken wirkende Geschäfte im sozialistischen Flair aneinander gereiht sind, den Namen des Vaters des Kommunismus.
Kulturell steht Frankfurt im Schatten des nahen Berlin. Der größte Stolz der Stadt ist ihr berühmtester Sohn, Heinrich von Kleist. Der Dramatiker und Erzähler («Der zerbrochene Krug») kam 1777 hier zur Welt, und seit 1998 trägt die Stadt seinen Namen. Das Vaterhaus von Kleist wurde im Krieg zerstört, doch erinnert das Kleist-Museum an den Dramatiker und seine Werke. Jeden Sommer gibt es in Frankfurt zudem die Kleist-Festtage, ein Theater- und Literaturfestival.
Das nach dem Dramatiker benannte Theater der Stadt wurde dagegen vor einigen Jahren geschlossen. Als Ersatz entstand das Kleist-Forum, ein Kultur- und Kongresszentrum. Dort treten regelmäßig ostdeutsche Theaterensembles auf. Vom 12. bis 15. Mai ist das Kleist-Forum zudem Austragungsstätte des studentischen Theaterfestivals UNITHEA.
In einer ehemaligen Franziskaner-Klosterkirche nahe der Oder ist die Konzerthalle mit einer Orgel des Frankfurter Orgelbauers Sauer untergebracht. Besichtigt werden kann die Hallenkirche nur nach Voranmeldung. Auf dem Programm stehen die Konzerte vom Jazz bis zu Johann Sebastian Bach. Eine umfangreiche Sammlung von DDR-Kunst hat das Museum Junge Kunst zusammengetragen, das täglich außer montags von 11.00 bis 17.00 Uhr geöffnet hat. In den kommenden Monaten stehen dort mehrere Sonderausstellungen auf dem Plan, darunter vom 23. März an eine Schau figurativer Skulpturen und Plastiken aus der DDR. Die Ausstellung unter dem Motto «Spagat» ist bis zum 4. Mai zu sehen.
Der Sommer 2003 steht kulturell im Zeichen des Stadt-Geburtstages: Während des Festwochenendes vom 11. bis 13. Juli gibt es ein Open-Air-Konzert und einen Festumzug, bei dem Frankfurter Einwohner Episoden aus ihrer Stadtgeschichte nachspielen. Anschließend soll es auch ein Historienspektakel zwischen Rathaus und Oder geben.
Für sein Jubiläumsjahr ist Frankfurt zusammen mit der polnischen Schwesterstadt Slubice als Gastgeber der 23. Internationalen Hansetage der Neuzeit auserkoren wurde. Die Oberhäupter von 15 Hansestädten treffen sich vom 22. bis 25. Mai an der Oder. Die Städte werden sich auf verschiedenen Bühnen im Stadtzentrum präsentieren. Außerdem sind «Ost-Westeuropäische Kulturnächte» geplant.
Internet: Tourismusverein Frankfurt (Oder), Karl-Marx-Straße 9, 15230 Frankfurt (Tel.: 0335/32 52 16, Fax: 0335/225 65, Internet: http://www.frankfurt-oder-tourist.de); Anmeldungen zur Besichtigung der ehemaligen Franziskanerkirche telefonisch unter 0335/66 38 80.