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Dänemark Dänemark: Auf Bornholm treffen sich Kunst und Schönheit

Von Andreas Heimann 23.05.2006, 12:17
Der Sand in Dueodde ist so fein wie kaum sonstwo in Europa - auch dafür ist Bornholm bekannt. (Foto: dpa)
Der Sand in Dueodde ist so fein wie kaum sonstwo in Europa - auch dafür ist Bornholm bekannt. (Foto: dpa) VisitDenmark/Cees van Roeden

Rønne/dpa. - Und der Sand in Dueodde auf Bornholm ist so feinwie kaum sonstwo in Europa. Die zu Dänemark gehörende Insel vor derschwedischen Küste ist gerade bei deutschen Touristen genau deswegenso beliebt. Aber das ist nur die eine Seite Bornholms. ImInselinneren gibt es noch viel mehr zu entdecken. Nirgendwo inDänemark gibt es so viele Künstler auf so kleinem Raum wie hier.Bornholm zieht gerade kreative Köpfe an. Bei vielen von ihnen dürfenBesucher sogar hinter die Kulissen gucken.

Zum Beispiel bei Vibeke Vendelbo Barfoed. Vor 37 Jahren kehrte diegebürtige Kopenhagenerin dem Festland den Rücken und gab ihrem Lebeneine neue Wendung: Auf Bornholm ging sie in einer Dorfschmiede in dieLehre. Schweißen, Löten und Hämmern gehört noch immer zu ihrenLeidenschaften. Längst hat sie ihre eigene Werkstatt - in einemlauschigen kleinen Hof in Aakirkeby. «Ich mache alles selbst, bis aufPferdebeschlagen», erzählt die Künstlerin.

Ihr «Atelier» war früher ein Kuhstall. Heute steht dort eineWerkbank. Bohrmaschine, Zange und Schraubenzieher liegen daneben, einHammer direkt auf dem Amboss. Und hinten an der Wand wartet dieStereoanlage mit CDs und Platten von Beethoven bis Leonard Cohen. DieKünstlerin mit einem Faible für Metall und Holz zeigt auf eine ihrerersten Arbeiten aus dem Jahr 1973: Stolz präsentiert die «Kampfkatze»dem Betrachter die Maus, die ihr am Schwanz baumelnd aus dem Maulhängt - «Vorsicht, ich fang' dich!» lautet die Botschaft vielleicht.Passen würde es - auch zur Künstlerin.

Svend Holst Petersen in Rø ist eher Umsteiger als Aussteiger: FürGlas und für die ungewöhnlichen Möglichkeiten, es zu formen und zugestalten, interessiert er sich schon lange. Vor sechs Jahren hat erbeschlossen, eine sichere Stelle gegen die Arbeit als Künstler zutauschen. Das eigene Haus hat er verkauft, und er zog mit seiner FrauAnita und Sohn Peter in den ehemaligen Bahnhof von Rø. Dort ist heuteseine Werkstatt untergebracht.

In Svends «Arbeitszimmer» ist es ziemlich warm. «Um die 28 Grad»,sagt er. In einem gasbefeuerten Ofen wird Glas flüssig gehalten,nachdem es bei 1300 Grad geschmolzen ist. Svend Holst Petersen warschon immer eigenwillig. Von allen Schülern seines Jahrgangs an derFachschule für Glas und Keramik in Neksø war er der einzige, dernicht Glasbläser werden wollte. Vor sich auf einem Tischchen stehteine Art Backform, die mit einer Mischung aus Lehm und dunklem Sandgefüllt ist. In den Sand sind zwei Mulden gedrückt, die die Umrissemenschlicher Körper haben.

«Das Pulver am Boden sind Glasfarben», erklärt der Künstler, dersich Handschuhe übergezogen hat und Gesichtsschutz trägt. Vorsichtigöffnet er die Tür des Ofens, in dem es hellrot glüht. Mit einerlangstieligen Kelle schöpft Svend das flüssige Glas heraus, drehtsich schnell um und gießt es in die Form.

Das alles wird zwei-, dreimal wiederholt, dann sind die Muldengefüllt. Svend drückt mit einem Stab die Köpfe der beiden Glasfigurenzur Seite, so dass es aussieht, als sähen sie sich an. Das Blech mitdem Sand und den Glaskunstwerken kommt dann in einen Ofen - umkontrolliert abzukühlen. Die Methode ist einfach, aber vielseitig.Svend Holst Petersen macht damit Glasfiguren, die aussehen wieafrikanische Masken oder solche, die an schlanke Vögel erinnern, aberauch Schalen oder Kerzenhalter für Teelichter.

Auf Bornholm ist an vielen Stellen Gelegenheit, Kunst undKunsthandwerk wie das von Svend zu kaufen. In Rønne zum Beispiel, derInselhauptstadt, in der fast ein Drittel der 43 000 Bornholmer lebenund die auf jeden Fall einen Abstecher lohnt: Inseltypisch gibt eshier im Zentrum viele alte, bunt gestrichene Häuser in Rot oderOckergelb, mit Stockrosen in den Gärten - und manchmal sogar mitFeigenbäumen. «Die haben die Seefahrer vor langer Zeit mitgebracht»,erzählt Stadtführerin Søsan Nielsen. Dass sie sich so weit im Nordenoffenbar so wohl fühlen, spricht für Bornholms Klima - die Zahl derSonnentage ist die höchste in Dänemark.

Neben Rønne weist Bornholm noch eine ganze Reihe netter kleinerOrte auf. Svaneke ist einer davon, sicher einer der schönsten undeine der ersten Adressen für Kunstinteressierte: Die kleine Stadt mitgerade einmal 1200 Einwohnern an der Ostküste hat alles, wasTouristenherzen höher schlagen lässt. Im Hafen sind viele kleineSegelyachten festgemacht. In den überschaubaren Straßen lässt sichgut bummeln, es gibt viele kleine Läden mit Antiquitäten undKunsthandwerk, Cafés und Restaurants. Und zur Freude aller Zahnärztegibt es Bornholms führendes Bonbongeschäft.

Kinder stehen dort mit staunenden Augen hinter einerSeilabsperrung und gucken zu, wie aus einer langen SchlangeSüßigkeitenmasse zum Beispiel Rhabarberbonbons entstehen. Es riechtlecker, das Zugucken heizt den Appetit zusätzlich an - das gehörtwohl zum Geschäftskonzept. Denn gleich nebenan sind die fertigenBonbons zu kaufen, in allen möglichen Varianten: «Svanecke Bolcher»im Glas zum Beispiel zu 175, 600 oder für besonders artige Kindersogar zu 1150 Gramm.

In einem weiteren Regal stehen kleine Metalleimer randvoll mit denkleinen Süßen: Mit kleinen Schaufeln lassen sie sich ganz nachindividueller Vorliebe in Tüten befördern, die dann an der Kasseabgewogen werden. Warnhinweise gibt es nicht ausdrücklich: Aber«Svaneke Bolcher» sind sowohl ein Risiko für Kinderzähne als auch fürEltern-Portemonnaies. Denn die Verlockung ist groß: Es gibt weißeBonbons mit schwarzen Streifen, rote mit weißen Linien inSchneckenform, solche die aussehen wie Orangenscheiben und andere,die schmecken wie Zitronenstückchen, «Lakridsbolcher» und«Havesnegle» mit ausgeprägtem Salmiak-Aroma.

In Svaneke sind gleich an etlichen Stellen die Schornsteine vonRäuchereien zu sehen, die «Svaneke Røgeri» ist geradezu einAusflugsziel. Geräucherter Hering war einmal eine Spezialität derInsel - und ist es in gewisser Weise immer noch. Nur dass die Ostseelängst so leer gefischt ist, dass sich dort kaum noch Heringe findenlassen. Und so wird zwar immer noch geräuchert, nur kommt der Fischnicht mehr aus den Gewässern vor der Haustür, sondern aus derNordsee. Lecker ist er trotzdem.

In der «Svaneke Røgeri» wird auch «Sonne über Gudhjem» serviert,eine Spezialität unter den Spezialitäten Bornholms: GeräucherterHering wird dazu enthäutet und filetiert, auf Schwarzbrotausgebreitet, mit Schnittlauch und Radieschen bedeckt. Dann wird überdas Ganze ein Eigelb gegeben und grobkörniges Salz zum Würzen. Undwer dann noch nicht satt ist, kann auch von der Makrele versuchenoder von den Krabben - beides kräftig geräuchert, versteht sich.

Svaneke ist einer der Flecken Bornholms, der es Künstlernbesonders angetan hat. Jørn Utzon, der Architekt der Oper von Sydney,hat den Wasserturm des Ortes entworfen. Nur dass der auch auf denzweiten Blick nicht wie ein Wasserturm aussieht - und das sollte erauch nicht. Utzon hatte mehr an ein Seezeichen gedacht. Erst fandendie Bornholmer die Idee ähnlich daneben wie die Australier seineEntwürfe für das Opernhaus. Aber das ist Geschichte.

Utzon hat heute ein Haus auf Mallorca. In der Nachbarfinca lebtAnders Nyborg - wenn er nicht in Svaneke arbeitet. Denn dort hat derKünstler noch immer ein Atelier. Seine Galerie steht Besuchern offen- manchmal können sie auch mit ihm selbst plaudern. Nur ein paarSchritte weiter in der Braenderigaenget ist die Werkstatt derDesignerin Pernille Bülow zu finden, eine der wichtigstenGlaskünstlerinnen Dänemarks.

«Das war mal eine alte Autowerkstatt hier», erzählt AnnettePetersen, die schon seit 17 Jahren für Bülow arbeitet. Heute ist dortder Verkaufsraum untergebracht. Daneben zeigen Glasbläser, wie dieProdukte nach den Entwürfen der Designerin überhaupt erst entstehen.Netti Ellingsen, eine Norwegerin, die wegen ihrer Leidenschaft fürGlaskunst nach Bornholm gekommen ist, nimmt an einer Stange geradegeschmolzenes Glas aus dem glühenden Ofen. Vasen, Schalen,Tortenplatten oder Kerzenständer lassen sich daraus formen.

Die fertigen Produkte sind in den Vitrinen ein paar Schritteweiter zu sehen. Ein Gutteil wird im Laden verkauft. «Wir exportierenaber auch», sagt Annette Petersen. «Auch nach China und in die USA.»Und nach Deutschland natürlich - viele Bornholm-Urlauber sind auf derInsel auf den Geschmack gekommen. Und mancher verguckt sich ebennicht nur in die waldgesäumten Strände und den feinen Sand, sondernauch in das Design.

INFO-KASTEN: Bornholm

REISEZIEL UND ANREISE: Die 587 Quadratkilometer große Insel gehörtzu Dänemark, liegt aber nur 40 Kilometer vor der schwedischenSüdküste. Nach Kopenhagen sind es fast 150, bis zum nächst gelegenenPunkt in Deutschland nur 90 Kilometer. Die Anreise ist über dieVogelfluglinie nach Seeland, dann über die Brücke nach Malmö und dieFähre ab Ystad möglich. Eine Alternative ist die direkteFährverbindung ab Sassnitz auf Rügen.

KLIMA UND REISEZEIT: Hauptsaison auf Bornholm ist im Sommer. Inder Ostsee baden kann man von Juni an bis in den Spätsommer.

WÄHRUNG: Ein Euro entspricht 7,46 Dänischen Kronen (Stand Mai 2006)

SPRACHE: Dänisch. Englisch wird gut verstanden, teilweise auchDeutsch.

UNTERKÜNFTE: Bornholm verfügt über ein großes Angebot anFerienhäusern aller Kategorien. Das gilt auch und gerade rund um denStrand von Dueodde. Das Preisniveau liegt über dem dänischenDurchschnitt.

INFORMATIONEN: VisitDenmark, Glockengießerwall 2, 20095 Hamburg(Tel.: 01805/32 64 65 für 12 Cent pro Minute, E-Mail:[email protected], Internet: www.visitdenmark.com,www.bornholm.info).