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DaimlerChrysler-Protest DaimlerChrysler-Protest: In den Mercedes-Streit kommt Bewegung

19.07.2004, 06:00
Nach Protesten zehntausender Mitarbeiterkommt Bewegung in den schweren Personalkosten-Streit beiDaimlerChrysler. Der Vorstand um Konzernchef Jürgen Schrempp istMedienberichten zufolge bereit, auf bis zu zehn Prozent des Gehaltszu verzichten. (Foto: dpa)
Nach Protesten zehntausender Mitarbeiterkommt Bewegung in den schweren Personalkosten-Streit beiDaimlerChrysler. Der Vorstand um Konzernchef Jürgen Schrempp istMedienberichten zufolge bereit, auf bis zu zehn Prozent des Gehaltszu verzichten. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Stuttgart/Berlin/dpa. - Nach Protesten zehntausender Mitarbeiterkommt Bewegung in den schweren Personalkosten-Streit beiDaimlerChrysler. Der Vorstand um Konzernchef Jürgen Schrempp istMedienberichten zufolge bereit, auf bis zu zehn Prozent des Gehaltszu verzichten. Schrempp sagte, er rechne mit einer baldigen Einigung.Laut Zeitungsberichten könnte es in den nächsten Tagen eine Lösunggeben. Am Samstag legten die Proteste erneut die Mercedes-Produktionin Sindelfingen lahm. Am Dienstag sollen weitere Aktionen folgen. DerStreit um eine mögliche Verlagerung von Jobs aus Baden-Württembergnach Bremen und Südafrika greift auch verstärkt in die Politik über.

«Ich bin zuversichtlich, dass wir in Kürze eine Lösungherbeiführen», sagte Schrempp der «Welt am Sonntag». «Wir sind inkonstruktiven Verhandlungen. Die bisher erreichten Ergebnisse wollenwir aber noch nicht öffentlich diskutieren.» Der «FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung» zufolge sind Schrempp undKonzernbetriebsratschef Erich Klemm zuversichtlich, dass es eineEinigung bereits am Mittwoch geben könnte. Auch Mercedes-Chef JürgenHubbert zeigte sich im «Spiegel» optimistisch über eine Lösung.

Schrempp und seine Vorstandskollegen hätten einen Gehaltsverzichtvon bis zu zehn Prozent angeboten, berichteten die «BILD am Sonntag»und die «Berliner Morgenpost». Die Schätzungen über SchremppsJahresgehalt reichten dabei von 7,5 bis 10,8 Millionen Euro. Das Top-Management unterhalb der Vorstandsebene wolle im kommenden Jahr aufeine Gehaltserhöhung verzichten, hieß es unter Berufung aufUnternehmenskreise.

Der Betriebsrat ist laut Medienberichten zu Zugeständnissenbereit. So könne es für die Beschäftigten in Kantine, Druckerei,Werksschutz und Putzkolonnen einen Ergänzungstarifvertag geben, mitdem sie nicht mehr nach den hohen Tarifen der Metallindustrieentlohnt würden. Auch «Jungfacharbeiter» könnten demnach künftigschlechter bezahlt werden. Über die Höhe der Einsparungen und diebetroffenen Arbeitnehmergruppen solle am Montag gesprochen werden,die Gespräche zwischen Vorstand und Betriebsrat werden am Dienstagfortgesetzt. Dann will nach Zeitungsinformationen die kompletteSpätschicht in Sindelfingen die Arbeit ausfallen lassen.

Der Vorstand will bei der Produktion der neuen C-Klasse von 2007an 500 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Der Betriebsrat bot bisherEinsparungen von rund 200 Millionen Euro.

IG-Metall-Vize Berthold Huber machte deutlich, dass demEntgegenkommen der Gewerkschaft Grenzen gesetzt seien. DieWiederholung der Forderung «Wir wollen 500 Millionen Euro von euch»sei nicht kompromissfähig, sagte Huber der «Stuttgarter Zeitung»(Montag). Als Voraussetzung für eine Lösung verlangte erlängerfristige Sicherheit und Perspektiven für die Standorte und dieBeschäftigung.

Im Werk Sindelfingen bei Stuttgart blieb am Samstagmorgen diekomplette Frühschicht mit 12 000 Mitarbeitern zu Hause. Rund 1000Autos wurden dadurch nicht gebaut. Der Betriebsrat hatte Überstundenfür die Mitarbeiter der Instandhaltung abgelehnt. Im größten Werk desAutokonzerns stand damit bereits am zweiten Samstag in Folge dieProduktion still. Auch im Motorenwerk in Stuttgart-Untertürkheim kames am Samstag zu einem Produktionsstopp. Die Überstunden von 2500Mitarbeitern fielen aus.

Die Proteste zehntausender DaimlerChrysler-Beschäftigten in denvergangenen Tagen riefen auch deutsche Spitzenpolitiker auf den Plan.SPD-Chef Franz Müntefering warf Konzernchefs vor in der «BerlinerZeitung» vor, die Arbeitnehmer knebeln zu wollen. KeinerleiVerständnis habe er in diesem Zusammenhang für die Millionengehältervon Spitzenmanagern wie Schrempp: «Die Beträge, die sich mancheGroßverdiener bei uns in die Tasche stecken, sind jenseits allerMoral.»

«Wenn ein Unternehmen den selben Autotyp in Bremen billigerproduzieren kann als in Sindelfingen, dann will es dieseKostenvorteile auch nutzen», sagte dagegen die CDU-Vorsitzende AngelaMerkel der selben Zeitung. «Das ist doch normal.» CSU-Chef EdmundStoiber betonte in der «BILD am Sonntag», Tarifverträge, die fünfMinuten Pause pro Stunde und Spätzuschläge ab 12.00 Uhr mittagsfestschrieben, passten nicht mehr in die Landschaft.

Der DaimlerChrysler-Vorstand droht mit dem Abbau von 6000 der mehrals 30 000 Arbeitsplätze in Sindelfingen. Die Produktion könnte dannnach Bremen und Südafrika verlagert werden.