Confederations Cup Confederations Cup: Klinsmann jubelt und grübelt

Frankfurt/Köln/dpa. - Oliver Kahn fluchte auf dem Weg in dieKabine wie ein Rohrspatz, und auch Jürgen Klinsmann konnte sich amTag nach dem geglückten Turnierstart im ICE nach Köln bei Tempo 280nicht wirklich entspannt zurücklehnen. Nach dem hart erkämpften 4:3-Erfolg über Australien grübelte der Bundestrainer am Donnerstag aufder knapp einstündigen Zugfahrt in den nächsten Spielort, wo amSamstag im zweiten Vorrundenspiel gegen Tunesien schon der Einzug insHalbfinale des Confederations Cups realisiert werden könnte, überwichtige Verbesserungen in der Abwehrarbeit. «Wir haben einigeProbleme generell mit dem Defensiv-Verhalten», räumte Klinsmann ein.
Der Bundestrainer stellte am Tag nach dem geglückten Turnierstartdas «unterhaltsame und aufregende» Spiel gegen den Ozeanien-Meisterund die gewonnen Punkte in den Vordergrund. «Wenn wir nächstes Jahrdas WM-Eröffnungsspiel 5:4 gewinnen, haben wir auch nichts dagegen»,betonte Klinsmann, der seine Lehrlings-Abwehr in Schutz nahm undspeziell Robert Huth gegen seiner Ansicht nach «überzogene Kritik»verteidigte: «Man muss den ganzen Zeitraum sehen. Er hat eine schwereSaison bei Chelsea hinter sich. Ihm fehlt ein Stückchen der Rhythmus.Er hat volle Rückendeckung von uns.»
Von der «ein oder anderen personellen Änderung», die Klinsmann fürdie Partie gegen Afrika-Meister Tunesien (18.00 Uhr/ZDF und Premiere)ankündigte, wird Huth nicht betroffen sein. Bei Per Mertesacker, derbeim Tor-Festival vor 46 466 Zuschauern in der FrankfurterCommerzbank-Arena und mehr als elf Millionen Fans an den TV-Gerätensein erstes Länderspieltor geschossen hatte, ist das nicht so sicher.Klinsmann will aber nur im äußersten Notfall auf den an einerOberschenkelprellung leidenden Hannoveraner verzichten. «Per istnicht mehr wegzudenken», sagte Klinsmann über den 20-Jährigen: «Wirgehen nicht davon aus, dass es etwas Ernsteres ist.»
Während Klinsmann gegen angriffslustige Australier «mehr Licht alsSchatten» gesehen hatte, sorgte sich sein erfahrenes Personal um dieerhoffte erfolgreiche Mission beim Confed-Cup. Kahn stieß angesichtsder drei Gegentore spontan deftige Flüche aus. «Ich habe schonschönere Geburtstage erlebt», sagte er am Tag danach und begründeteseinen Ärger mit einer Risswunde am linken Auge und dem ärgerlichenGegentreffer in der Nachspielzeit. «Da kannst du nichts machen: Dastehst du dumm rum und holst die Bälle aus dem Netz», klagte Kahn.
Kapitän Michael Ballack sieht das Team auf einem «schmalen Grat»und warnte: «Wenn man auf Dauer so viele Gegentore kassiert, dannkriegen wir sicherlich Probleme.» Und auch Arne Friedrich, mit einerguten Leistung auf seiner angestammten rechten Verteidiger-Positionder Gewinner des Abends, betonte: «Wir können zufrieden sein. AberPriorität muss sein, weniger Tore zu bekommen. Die Null muss malwieder stehen.» Ausgerechnet vom kritischen Franz Beckenbauer kamendagegen moderate Töne: «Ich denke, es wird schon gegen Tunesienbesser. Man wird sich einspielen. Ich habe keine Bedenken.»
Der optimistische Klinsmann, der spät, aber nicht zu spät dietaktischen Mängel im deutschen Mittelfeld korrigiert hatte, erwartetvor allem vom Erfolgserlebnis im ersten Pflichtspiel seit einem Jahrgrößere Stabilität: «Das gibt der jungen Mannschaft ein StückchenSicherheit und Selbstvertrauen. Es ging erst einmal darum, dieNervosität abzulegen und unseren Rhythmus zu finden.» TeammanagerOliver Bierhoff fügte an: «Das Spiel war wahnsinnig lehrreich für dieJungs. Sie wissen jetzt, wie es ist, wenn man nicht nur unter demDruck der Erwartungshaltung der Leute steht, sondern auch unter demDruck, ein gutes Ergebnis zu erzielen.»
Dass dies am Ende glückte und das Team sich von den insgesamtbegeisterten Fans feiern lassen durfte, hat die DFB-Elf besonders denrastlosen Offensiv-Bemühungen und der Unbekümmertheit des jungen DuosPodolski/Schweinsteiger zu verdanken. «Hauptsache gewonnen. Tunesienwollen wir auch schlagen», sagte der Kölner Lukas Podolski, der inseinem Heim-Stadion die eigene Erfolgs-Geschichte fortschreiben will.Bei seinen letzten fünf Einsätzen traf er fünf Mal und ist damit derTorjäger der Stunde, auch wenn Kevin Kuranyi nach beendeter Torflautemit neun Treffern erfolgreichster Schütze der Klinsmann-Äre bleibt.
Auch die Zuschauer im so gut wie ausverkauften Kölner Stadionkönnen sich zumindest auf einen hohen Unterhaltungswert einstellen.In sechs von zwölf Spielen unter Klinsmann erzielte die Nationalelfmehr als drei Tore. Und der Bundestrainer rückt von seinem Offensiv-Konzept keinen Millimeter ab, auch wenn sein Chef, DFB-PräsidentGerhard Mayer-Vorfelder, den Confed-Auftakt zwiespältig sah: «Vornegut und hinten allzu offen. Ich bin insgesamt zufrieden, aber hintenmüssen sie noch basteln. Wenn du jedes Mal in der Nachspielzeit einTor kriegst, ist das schlecht.»
