Bundestag Bundestag: Politiker-Schelte wegen Klinsmanns Wohnsitz in den USA nimmt zu
Berlin/dpa. - Politiker aus Koalition und Opposition verlangten am Dienstag vondem in den USA lebenden Teamchef der deutschen Nationalmannschaft,die dreimonatige Vorbereitungszeit bis zur Fußball-WM in Deutschlandzu verbringen. So verglich der Tourismusbeauftragte derBundesregierung, Ernst Hinsken (CSU), den Endspurt zur WM mit derheißen Phase von Wahlkämpfen, in denen es für Politiker auch gelte,unmittelbar vor Ort in ihren Wahlkreisen zu sein. «Es wäre schonangebracht, dass er in dieser Phase der Vorbereitungen hier wäre.»
«Ich halte nichts davon, mitten im Strom die Pferde zu wechseln.Jürgen Klinsmann hat mein Vertrauen», sagte Schäuble der «Bild»-Zeitung. Er gehe «seinen Weg mit einer Konsequenz, die schon wiederbeeindruckend ist». Auch Struck sagte, es sei «richtig, was Klinsmannmacht». Er verstehe die Kritik am Bundestrainer nicht. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt mahnte im Sender N24, sichjetzt auf die WM zu konzentrieren. «Es macht ja keinen Sinn, dass manjetzt ein Stück Aufbauarbeit (...) wieder über den Haufen wirft.»
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sieht steuerliche Gründehinter Klinsmanns langen USA-Aufenthalten. «Ich vermute hier einMotiv, das heißt, aus gewissen steuerlichen Gründen mindesten 183Tage im Jahr im Ausland zu sein», sagte Ramsauer in Berlin derHörfunkagentur dpa/Rufa. Der CSU-Vertreter im Sportausschuss desBundestages, Stephan Mayer, verlangte von Klinsmann, seine privatenInteressen zurückstellen. «Der Bundestrainer wäre gut beraten, jetzthier zu sein», sagte er der «Passauer Neuen Presse».
Der FDP-Obmann im Ausschuss, Detlef Parr, sagte dem Blatt: «DasLänderspiel gegen Italien muss verarbeitet werden. Da gehört JürgenKlinsmann mit seiner ganzen Autorität nach Deutschland.» Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz attackierte den Deutschen Fußball-Bund. «Der DFB hätte sich niemals darauf einlassen dürfen, dass derBundestrainer ein Mega-Ereignis wie die WM aus Kalifornien betreut.»
Die Grünen lehnen eine politische Debatte über den Bundestrainerab. Bundesvorstandsmitglied Omid Nouripour nannte es kaum erträglich,wie sich einzelne Abgeordnete einmischten. FraktionsgeschäftsführerVolker Beck sagte der «Netzeitung»: «Es ist wurst, wo Herr Klinsmannschläft.» Er sei gespannt, ob im Bundestag noch beantragt werde, überdie Aufstellung der Nationalmannschaft abzustimmen.
Am Wochenende hatten stellvertretende Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses gefordert, Klinsmann müsse dem Gremium erläutern,wie er mit der gegen Italien gezeigten Leistung Weltmeister werdenwolle. Der Ausschussvorsitzende Peter Danckert (SPD) lehnte diesenVorstoß als «Schnapsidee» ab.