Boxen Boxen: Wladimir Klitschko gibt ein blutiges Comeback im Ring

Las Vegas/dpa. - Aber bis zur Rückkehr auf denWM-Thron dürfte es für den einst als talentiertesten Schwergewichtlerder Welt gepriesenen Ukrainer, der in der 4. Runde nach einer Rechtenvon Williamson sogar angezählt wurde, noch weit sein.
Der über zehn Runden angesetzte Aufbaukampf gegen den acht Jahreälteren Amerikaner sollte dem jüngeren Klitschko-Bruder die offenenFragen nach dem für ihn «mysteriösen WM-Debakel» beantworten. GegenBrewster war der 28-Jährige in Runde fünf völlig entkräftet K.o.gegangen. «Wenigstens die Hauptantwort habe ich bekommen. Nämlich,dass ich länger als fünf Runden durchstehe. Ich habe einen Schrittnach vorn gemacht. Allerdings nicht so weit wie ich wollte», urteilteWladimir selbstkritisch. Auch Vitali hatte sich einen besseren Kampfseines fünf Jahre jüngeren Bruders gewünscht. «Doch er hat gewonnenund hat dabei Herz gezeigt. Er hat kein Glaskinn. Ich bin glücklich,dass er nicht nach Hollywood muss», sagte der WBC-Weltmeister. Beieiner Niederlage wollte er Wladimir raten, Schauspieler zu werden.
Wie ein glücklicher Gewinner sah der 5:1-Favorit nach seinem 43.Sieg im 46. Fight nicht aus. Das Gesicht war ramponiert. Das Lächelnfiel ihm spürbar schwer. Zwei Cuts, die ihm Williamson (20/3) in dervierten Runde verpasst hatte, als er ihn nach 40 Sekunden kurz zuBoden schickte, ließen sein linkes Auge grün und blau anschwellen.Und über dem rechten Auge klaffte ein etwa fünf Zentimeter langerRiss, den er sich durch einen unabsichtlichen Kopfstoß seines Gegnersin der Schlusssekunde der 5. Runde zuzog, was den Abbruch zur Folgehatte. Dem Reglement entsprechend wurde das Urteil nach den bis dahinvergebenen Rundenpunkten gefällt. Zwei Richter hatten Klitschko mit49:46, einer Williamson mit 48:47 vorn.
Die harten Links-Rechts-Kombinationen von Klitschko hinterließenindes bei Williamson keinerlei Spuren. «Ich habe die gar nichtgespürt», meinte der Boxer aus Colorado, der vom vorzeitigen Endemaßlos enttäuscht war. «Ich bin mir sicher, spätestens Runde siebenhätte ich ihn umgehauen. Schon in der zweiten Runde hat er nur nochschwer Luft bekommen», behauptete Williamson (98,8 kg). Durch seineSchnelligkeit hatte sich der 11,9 kg leichtere Herausforderer oftgeschickt den Schlägen entzogen. Als in der vierten Runde sein ersterPunch am Kinn landete, stolperte Klitschko rückwärts zu Boden, wobeier sich mit dem linken Knie und beiden Händen abstützen konnte. «DasDing traf, allerdings bin ich nur ein wenig aus der Balancegekommen», befand der Getroffene.
«Richtig überzeugend war das nicht. Ein paar gute Szenen hatte er,aber wenn Williamson angriff, war er sehr unsicher. Nach dem Anzählenverlor er auch ein bisschen die Kontrolle. Ich hoffe, der Sieg gibtihm Selbstbewusstsein», sagte Fritz Sdunek, der zum ersten Mal beieinem Kampf von Wladimir nicht in dessen Ringecke stand. Er sah sichdas Duell daheim im Fernsehen an. Durch den schwelenden Rechtsstreitzwischen den Klitschkos und ihrem einstigen Promoter Klaus-Peter Kohlhat der Erfolgscoach derzeit andere Boxer in Hamburg zu betreuen.
Die PR-Maschinerie der Klitschko-Hünen kann damit erst einmalweiter auf Hochtouren laufen. In den kommenden zwei Wochen werden siein Deutschland sein, um auf einer Acht-Städte-Tournee ihr Buch «UnterBrüdern» zu promoten. Danach fliegt Vitali zurück nach Los Angeles,um sich zusammen mit Sdunek auf seine erste Titelverteidigung am 11.Dezember voraussichtlich in New York gegen den Engländer DannyWilliams vorzubereiten. Eventuell steigt am selben Tag auch Wladimirdas nächste Mal in den Ring. Einen Rückkampf gegen Williamson wird esfür ihn aber nicht mehr geben.