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Boxen Boxen: Respektvolle Schwergewichte schwingen Fäuste

Von Gunnar Meinhardt 06.12.2002, 15:49

Las Vegas/dpa. - Der Showdown vor dem Faustgefecht im Boxring lief ab wie bei einem Freundschaftsreffen. Kein böser Blick, keine Beleidigung, kein gehässiges Wort, stattdessen freundliches Lächeln, nette Äußerungen, respektvoller Umgang miteinander. 48 Stunden vor dem Titelkampf konnte bei der Abschlusspressekonferenz und dem anschließenden Wiegen weder Weltmeister Wladimir Klitschko noch sein frisch rasierter Herausforderer Jameel McCline einen Sympathievorteil verbuchen. Die einzigen markanten Unterschiede zwischen den Hünen, die sich in der Nacht zum Sonntag (4.00 Uhr MEZ/ZDF live) im Mandalay Bay Casino von Las Vegas duellieren, waren deren Frisur, Hautfarbe und das Körpergewicht. Der schwarzhaarige WBO-Champion aus dem Hamburger Universum Boxstall wog 10,5 kg weniger als der kahlköpfige, farbige Amerikaner, der 119,5 kg auf die Waage brachte.

Das sei die neue Erfolgs-Generation des Schwergewichts, proklamierte Promoter Bob Arum sichtlich stolz. Sie habe es nicht nötig, sich mit verbalen Tiefschlägen und skandalträchtigen Provokationen a la Mike Tyson ins Rampenlicht zu schieben. Smartes Auftreten außerhalb des Ringes und boxerische Klasse im Seilquadrat prägen in der Königsklasse die Superstars der Zukunft. Wer diese sein werden, steht für den Pay-TV-Kanal Home Box Office (HBO) mittlerweile fest. «Die Klitschko-Brüder sind die Top-Schwergewichtler der Welt, da sind wir uns absolut sicher. Sie verkörpern ein Produkt, das es bislang noch nie gab», erklärte HBO-Vizepräsident Xavier James.

Die Akzeptanz beim bedeutendsten Box-TV-Sender gleicht einem Ritterschlag. Die entscheidende Grundlage für die ersehnte Anerkennung der promovierten Sportwissenschaftler aus der Ukraine in Amerika ist damit gegeben. Wladimir ist bereits auf unbestimmte Zeit an HBO gebunden, deren Zugpferde derzeit noch die Weltmeister Lennox Lewis, Roy Jones und Oscar de la Hoya sind. Sechs Kämpfe in den USA sowie drei Fights außerhalb der Staaten umfasst der mit Klitschkos Promoter Klaus-Peter Kohl geschlossene Vertrag, der mit dem Duell gegen McCline beginnt. Das Paket beinhaltet keine Pay-Per-View- Events. Darüber gibt es separate Vereinbarungen, verriet James, der über finanzielle Inhalte den Mantel des Schweigens deckte.

Der Kontrakt für Witali solle noch am Wochenende unterzeichnet werden, signalisierte James, ohne Einzelheiten nennen zu wollen. Kohl hält sich ebenso bedeckt. In leiser Vorfreude auf den sich abzeichnenden Mega-Deal meinte der Universum-Boss: «Das wird das Größte sein, was ich je ausgehandelt habe.» Allein um den Vertrag für den im Frühjahr geplanten Weltmeisterschaftskampf gegen WBC- Titelträger Lewis wasserdicht zu machen, seien die Entwürfe zwischen Europa und Amerika 52 Mal hin- und hergefaxt worden. Tag und Nacht wurde um Details gefeilscht, Kohls Rechtsanwalt Björn Ziegler habe zum Schluss schon keine Stimme mehr gehabt.

Auch bei Bob Arum, neben Don King und Cedrik Kushner der mächtigste US-Promoter, ist das Vertrauen in die Klitschkos inzwischen grenzenlos. «Wladimir braucht sich um Lewis keine Gedanken mehr zu machen, Witali wird ihn ausknocken und seine Karriere beenden», behauptete der am Sonntag 72 Jahre alt werdende Chef von «Top Rank». Seit 30 Jahren verdient er Millionen mit dem Boxen, promotete Kämpfe von Ali, Foreman, Frazier oder Holmes.

Mit Wladimir Klitschko und McCline treffen zwei der vier besten Schwergewichtler aufeinander. Die anderen beiden seien Lewis und Witali Klitschko, meinte Arum. Im Vergleich dazu seien die unter Regie von Don King stattfindenden Kämpfe um den vakanten IBF-Gürtel zwischen Evander Holyfield und Chris Byrd am 14. Dezember in Atlantic City sowie um die WBA-Krone zwischen Titelverteidiger John Ruiz und Roy Jones am 1. März in Las Vegas nur eine B-Weltmeisterschaft.