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Bobby Charlton Bobby Charlton: Ritterschlag nach der zweiten Geburt

Von Axel Meier 11.05.2006, 20:18

Halle/MZ. - Bobby Charlton, genialer Spielermacher und Kapitän der Engländer, lächelt nur noch müde, wenn er erklären soll, ob das Leder von der Unterkante der Latte vor, auf oder hinter die Linie gesprungen war. "Wir wurden verdient Weltmeister. Egal, was mit dem Tor war." Charlton, damals 29 Jahre alt und im Zenit seiner Karriere, hatte daran den meisten Anteil. "Er war im Finale einen Tick besser als ich. Das war der Unterschied", gab später Gegenspieler Franz Beckenbauer zu.

In der "Fußballweltgeschichte" steht über den Gentleman aus Ashington bei Newcastle eine Lobeshymne: "Loyal und rechtschaffen, ruhig und bescheiden, stets damit beschäftigt, die verbliebenen langen Haarsträhnen auf dem kahlen Kopf zu ordnen, am Ball gleichsam graziös und kraftvoll." Dabei hätte es den Star mit 106 Länderspielen, den die Queen 1993 mit dem Ritterschlag in den Adelsstand erhob, fast nicht gegeben. Als Charlton am Anfang seiner Laufbahn stand, war er mit Manchester United als 20-Jähriger im Europapokal unterwegs und überlebte die schreckliche Flugzeugkatastrophe von München. Acht United-Spieler wurden 1958 getötet. Charlton blieb körperlich nahezu unversehrt, doch die psychischen Folgen trug er lange mit sich herum. Aus dem unbekümmerten Jungen wurde ein nachdenklicher Mann, der über Jahre das Lachen verlernt hatte.

Auf dem Spielfeld hat die bittere Erfahrung von München vielleicht einen entscheidenden Schub gegeben. Charlton, verheiratet mit Ehefrau Norma und Vater zweier Töchter, stellte wie kaum ein anderer seine spielerischen Fähigkeiten in den Dienst der Mannschaft und war dabei einer der fairsten Spieler überhaupt. In seiner gesamten Karriere ist er nur einmal verwarnt worden. Wegen Meckerns, weil er einen Streit schlichten wollte.

Nach dem Triumph in Wembley 1966 gegen die Deutschen musste Charlton vier Jahre später in seinem letzten Länderspiel mit ansehen, wie England den sicher geglaubten Viertelfinalsieg verspielte. Bei der Hitzeschlacht im mexikanischen Leon holte ihn der Trainer bei einer 2:1-Führung von Platz, um Charlton für das Halbfinale zu schonen. England flog beim 2:3 gegen die DFB-Elf raus, Charlton ging in Fußballrente und wurde erfolgreicher Geschäftsmann.

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