Biathlon Biathlon: Ullrich lässt sich Doping-Vorwürfe nicht gefallen
Leipzig/dpa. - «Die Sache geht mir hart an die Nieren. Das geht an meineGesundheit, an meine Existenz. Das ist rufschädigend, vernichtend fürdie Familie», sagte Ullrich am Rande des Weltcups im sibirischenChanty Mansijsk. Deshalb will er der Empfehlung seines ArbeitgebersDeutscher Skiverband (DSV) folgen und die Sache einem Anwalt zurPrüfung einer Strafanzeige übergeben. Derweil regte Peter Danckert,der Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, eineVerjährung im Fall Ullrich an. «Wer 20 Jahre unbeanstandet imgesamtdeutschen Sport als Trainer tätig war, dem sollte man, was daauch immer im Einzelnen gewesen ist, diese Dinge nicht mehr vorhaltendürfen», sagte Danckert dem Bayerischen Rundfunk.
Unterstützt wird Frank Ullrichs Aussage, jede Art von unerlaubterLeistungsmanipulation abzulehnen, durch einige seiner prominentenfrüheren Sportler. Mit dem Altenberger Frank-Peter Roetsch sowie denOberhofern Frank Luck, Sven Fischer und Peter Sendel haben inzwischenvier Olympiasieger erklärt, niemals vom ihm Dopingmittel erhalten zuhaben oder von Ullrich zu Doping aufgefordert worden zu sein.
In der ARD-Sportschau hatte der 43 Jahre alte ehemalige BiathletWirth am Sonntag behauptet, Ullrich habe ihn zur Einnahme des Doping-Präparats Oral Turinabol angewiesen und dieses auch kontrolliert.Inzwischen hat er dazu eine Eidesstattliche Erklärung zur Vorlage beiGericht abgegeben. Wirth war 1987 mit der DDR-Staffel Weltmeister undein Jahr später Olympia-Starter. Im Gegensatz dazu steht seineAussage vom Mai 1991 bei einer Zeugenvernehmung beimLandeskriminalamt (LKA) Thüringen. Damals hatte Wirth betont, dass ervon Ullrich nie diese Tabletten erhalten habe. Er gab 1991 zudem an,dass er nicht konkret sagen könne, welche Trainer oder Mediziner ihmim Einzelfall die Tabletten gegeben hätten. Dies läge ja auch schoneinige Jahre zurück.
Der Deutsche Skiverband hält nach Einsicht in dasVernehmungsprotokoll des LKA Thüringen den Kronzeugen Wirth fürunglaubwürdig. Er vertraut den mehrfachen Überprüfungen Ullrichsdurch das Nationale Olympische Komitee (NOK). Schon vor der Olympia-Nominierung für 1992 hatte das NOK festgestellt, dass der 1991 gegenUllrich erhobene Doping-Verdacht nicht erhärtet worden sei undUllrich im Sinne der Empfehlungen der sogenannten «Reiter-Kommission»die Gewähr biete, auch in Zukunft seine Arbeit im gesamtdeutschenSport leisten zu können. Auch danach hat der DSV nach Angaben vonPressesprecher Stefan Schwarzbach in den vergangenen Jahren keinerleiHinweise oder Empfehlungen erhalten, dass Ullrich nicht mehr alsCheftrainer arbeiten könne.
Trotzdem will sich der DSV auch nach der Prüfung aller ihm bishervorliegenden Unterlagen weiter um «größtmögliche Aufklärung» bemühen.Er wird deshalb eine Untersuchungskommission bilden, die mit denBetroffenen sprechen und auch bei der Stasiunterlagen-BehördeAkteneinsicht beantragen soll, was dem DSV in der Vergangenheitverwehrt worden war.