Bangen um Edward Kennedy
Washington/dpa. - Amerika bangt um Edward «Ted» Kennedy, den letzten noch lebenden der berühmten Kennedy-Brüder. Ärzte hatten mitgeteilt, dass der 76-jährige Senator an einem bösartigen Gehirntumor leidet - einem Gliom, das zu den besonders heimtückischen Krebsarten gehört.
Kennedy wurde am Mittwoch aus einem Krankenhaus in Boston (Massachusetts) entlassen, aber wird zurückkehren müssen, voraussichtlich zu Bestrahlungen und Chemotherapie.
US-Medien zitierten medizinische Experten mit den Worten, die Aussichten für Kennedy seien «düster», aber dennoch zeigte sich der Kranke zuversichtlich. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht und erhobenem Daumen stieg der ausgesprochen liberale Demokrat bei der Entlassung aus der Klinik in ein Fahrzeug, und nach der Ankunft daheim in Hyannis Port auf Cape Cod ging er segeln. Kollegen im Kongress zeigten sich davon ermutigt. «Er ist ein Kämpfer, und er wird gewinnen. Er ist mein Held», zitierte die «Washington Post» am Donnerstag den demokratischen Abgeordneten Jim McGovern.
Mittlerweile wird Kennedys Büro im Kongress mit E-Mails und Telefonanrufen überflutet: Tausende Menschen brachten ihre Sorge zum Ausdruck. Bereits nach dem Bekanntwerden der Diagnose am Dienstag hatten über die Parteigrenzen hinweg Politiker - so auch der republikanische Präsident George W. Bush - ihre Anteilnahme am Schicksal Kennedys bekundet und die Verdienste des Senatoren gewürdigt. So wurde «Teddy» als eine amerikanische Ikone bezeichnet, als «ein Mann wie kein zweiter im Senat». US-Medien nannten ihn «einen der effektivsten Mitglieder des Senats in der US-Geschichte».
Hier, in der kleineren Kongresskammer, kam es zu ergreifenden Szenen, als die Hiobsbotschaft von der Erkrankung jenes Mannes eintraf, der 1963 seinen ermordeten Bruder John und 1968 den ebenfalls erschossenen Robert zu Grabe tragen musste. Senatoren rangen um Fassung, als sie die Verdienste des Kranken würdigten. Der 90-jährige Robert Byrd, vor Kennedy das dienstälteste Mitglied im Senat, brach am Rednerpult weinend zusammen. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Barack Obama sagte, er sei «am Boden zerstört». Kennedy hatte sich im Januar hinter ihn gestellt - trotz seiner langjährigen Freundschaft mit den Clintons.
Die Krankheit traf den Patriarchen der Demokratischen Partei inmitten eines energiegeladenen politischen und eines privaten Lebens, in dem es nach vielen Turbulenzen ruhig geworden war. Kennedy ist seit 1992 zum zweiten Mal verheiratet, sein Ruf als durch Bars und Schlafzimmer ziehender Lebemann seitdem verblasst.
Und nun dieser Schlag - ein neues Kapitel der Kennedy-Saga, in der Höhenflüge, Tragik und selbst verschuldetes Unglück so eng miteinander verknüpft sind. «Teddy» selbst war immer wieder unmittelbar betroffen. Er verliert seine Brüder durch Schüsse, übernimmt die Vaterrolle für die Kinder. Sein Neffe, Roberts Sohn Michael, wird 1998 bei einem Skiausflug leichtsinnig und hat einen tödlichen Unfall. Bereits 1984 ist Michaels Bruder David an einer Rauschgift-Überdosis gestorben. 1999 stürzen John Kennedy Jr. und seine Frau Carolyn mit einem Flugzeug tödlich ab. «Teddys» Sohn Edward wird 1973 wegen Krebs ein Bein amputiert, Sohn Patrick, ein Kongressabgeordneter, muss sich 2006 wegen Arzneimittel-Abhängigkeit behandeln lassen. Neffe William Kennedy Smith wird nach einer gemeinsamen Bar-Tour mit seinem Onkel 1991 wegen Vergewaltigung angeklagt, aber freigesprochen.
Und dann war da jener Unfall 1969, als Edward Kennedy nach einer Party sein Auto in einen Fluss steuert und flüchtet, seine Begleiterin ertrinkt. Das begräbt praktisch seine Aussichten, jemals selbst Präsident zu werden. Aber wie in vielen US-Medien betont wurde: Kennedy gelang es, als Kämpfer für die Bürgerrechte, für Arme und Bedürftige selbst eigene Geschichte zu schreiben. Und auf diesen Kampfgeist gründen viele Amerikaner nun ihre Hoffnung, dass Kennedy auch die Herausforderung Krebs meistert.