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Aussteigen Aussteigen: Ein neues Leben im Ausland anfangen

Von Thorsten Wiese 18.07.2001, 11:58

Gütersloh/gms. - «Ich war hin und weg und wäre beinahe da geblieben. Das wäre aberso ein Durchbrennen gewesen», erinnert sie sich. Einige Monate späterfuhr sie erneut in das Land, um sich ihrer Absichten zu vergewissern.«Ich habe mich jeden Tag und jede Nacht damit beschäftigt. Ich konntevon nichts anderem mehr reden.» Irgendwann wusste sie, dass sie inDeutschland nicht mehr leben wollte.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden zogen 1999mehr als 670 000 Deutsche ins Ausland. «Allein in der DominikanischenRepublik leben heute rund 24 000 deutsche Staatsbürger», so JuanLewinek vom Generalkonsulat der Dominikanischen Republik in Hamburg.Die klassischen Einwanderungsländer sind aber nach wie vorAustralien, Neuseeland, Kanada und die USA.

Die meisten Auswanderer, die zu Christine Pakendorf kommen, habenberufliche Gründe. Christine Pakendorf ist Mitarbeiterin derAuswandererberatungsstelle beim Raphaels-Werk, einem katholischenFachverband, in Hamburg. Sie wünscht sich, dass auch so genannteAussteiger in ihre Beratung kommen würden. «Wer auswandert, solltesich gut beraten lassen. Es geht viel schief, weil die Leute oftwenig informiert sind.» Auch Fritz Quolke, der heute in der Nähe vonHeidelberg wohnt, zog es vor zwei Jahren ins Ausland. Nach einemUrlaub in der Dominikanischen Republik wurde ihm ein Job alsTauchlehrer angeboten.

Danach ging alles ganz schnell: Quolke gab seine Wohnung auf,verkaufte seine Möbel und zog mit 20 000 Mark Startkapital in dieKaribik. «Zu dem Zeitpunkt war mir alles egal. Ich wollte einkomplett neues Leben anfangen», erzählt der 41-Jährige. Weil erseinen Job immer wieder wechseln musste, ging das Geld aber schnellzur Neige. Im Frühjahr kehrte Quolke nach Deutschland zurück. «Manmuss sicher sein, dass man für sich aufkommen kann», mahnt ChristinePakendorf. Viele Auswanderer wüssten etwa nicht, dass man sich miteinem Touristenvisum nicht dauerhaft in einem Land niederlassenkönne. Für viele Länder gebe es wiederum ausschließlich befristeteAufenthaltsgenehmigungen.

«Eine sichere Zukunftsplanung ist so gar nicht möglich.» Fragenwie die nach beruflichen Chancen und den Lebensbedingungen im Landkönnen Auswanderer in der Beratung vorab klären. Allein dasRaphaels-Werk unterhält 25 Beratungsstellen in Deutschland und bietetAuswanderern Informationen und Hilfe an. Ratsam ist es vor demAuswandern auch, das Land zu bereisen und sich so ein realistischesBild zu machen. Selbst nach guter Vorbereitung müssen Auswandereraber mit Unwägbarkeiten rechnen. «Es kommt fast immer zu einemKulturschock. Die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten, kostet vielKraft», sagt Christine Pakendorf. Wer ins Ausland ziehen will, solltesich daher darüber im Klaren sein, dass es auch Heimweh geben wird.

Darüber denkt auch Manja Ullrich viel nach. Dennoch möchte siesich in jedem Fall ein Jahr Zeit nehmen, um zu entscheiden, ob siebleiben will oder nicht. Seit mehr als sechs Monaten bereitet sieihren Sprung ins Ausland vor. Sie lernt an der VolkshochschuleSpanisch und ist noch einmal ins Land gereist, um die Arbeits- undLebensbedingungen näher kennen zu lernen. Manja blickt zuversichtlichin die Zukunft.