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Ausgefallenes Hobby Ausgefallenes Hobby: Vater der Donnermaschinen sorgt gleich für «Futter»

Von Siegfried R. Krebs 19.04.2001, 14:20

Borxleben/MZ. - Spricht der Auswärtigeeinen Borxlebener auf der Straße nach dem"Kanonenbauer" an, wird ihm freundlich undwissend sofort der Weg gewiesen. Dazu gibt'sden Hinweis, doch recht lange auf den rotenKnopf am Metalltor zu drücken. Der Otto seiin seiner Schlosser-Werkstatt meistens sobeschäftigt, dass er die Welt um sich mituntervergesse.

Ja, die Informationen stimmen. Otto Henningbaut tatsächlich Kanonen. Allerdings betreibter keine High-Tech-Waffenwerkstatt für dieBundeswehr oder ausländische Armeen. Der Kanonenbauin Modellgröße ist sein Hobby. Angefertigtwerden die Unikate für den Eigengebrauch,für Freunde und Schützen-Vereine. Natürlichkann und darf mit den Rohren auch richtiggeschossen werden. Vorausgesetzt, das Beschussamtin Suhl nimmt diese Waffen ab und versiehtsie mit einem Prüfvermerk.

Obwohl Otto Henning die uralte Faustregelfrüherer Geschützbaumeister verinnerlichthat, ist er kein gelernter Waffenschmied.Zu seinem Hobby, das mittlerweile eine fachmännischeLeidenschaft ist, kam er erst nach der Wendeund nur aus Zufall.

Kann der sich selbst als Waffennarr bekennendeOtto Henning beim Thema Kanonen und Faustfeuerwaffenausführlich erzählen, so macht er über seineBiographie nicht gern viele Worte. Es seidoch ein ganz normaler Lebenslauf, wie hierin der Gegend typisch.

Geboren wurde er im Jahre 1939 in Kalbsrieth.Nach seiner Lehre hat er als Schlosser undBergmann gearbeitet. Inzwischen ist er Rentner.In den Fünfzigern war er bei der Grenzpolizei.Dort habe ihn der Schießsport gereizt under sei auch nicht der Schlechteste gewesen,behauptet er bescheiden. Doch weil er nichtin die Kampfgruppe wollte, blieb das Schießenfür ihn bis zur Wende tabu. Dafür hat er inder Freizeit gerne gebastelt.

In seiner professionell ausgestatteten Hobby-Werkstattentstanden früher u.a. Go-Karts oder Mini-Mopeds.Doch dann kam er mit dem neu gegründeten GroßkaliberschützenvereinBottendorf in Verbindung, wurde dort im Januar1992 Mitglied. Seinerzeit wurde auch ein Vorderladerlehrgangangeboten. "Kann nicht schaden, wenn man diesenSchein hat", dachte sich Otto Henning. Undkam fortan von den Vorderladern aller Kalibernicht mehr los. Da diese Waffen über keineZieleinrichtung verfügen, experimentierteer unablässig, wie man optimal zielt und auchtrifft. Inzwischen besitzt Henning auch dieLizenzen als Ausbilder/Fachübungsleiter undSchießleiter sowie den Schwarzpulver-Sprengstoffschein.

Viele Vorderlader hat er inzwischen gesammelt,mit ihnen geschossen und mit ihnen heute nichtmehr zählbare Urkunden, Preise und Medaillengeholt. 1995 war es dann, als Otto Henningmit dem Modellkanonenstützpunkt in Benndorf/Sachsen-Anhaltin Verbindung kam, dort eine schießfähigeMinikanone kaufte.

Seither sind die Kanonen seine Passion, lässter kein Schießen mehr aus, führt selbst welchedurch und gilt als anerkannter Fachmann unterden Mitgliedern des Deutschen Modellkanonenverbandes.

Fünf Kanonen fertigte er nach den historischenFaustregeln für den Eigenbedarf an. Die Rohrezu fertigen ist für den Schlosser kein Problem.Die Kaliber reichen dabei von 30 bis 75 Millimeter.Daneben ist Feinarbeit gefragt, dürfen dochdie Zündlöcher nur einen Durchmesser von 1,7Millimeter haben.

Aber bei den Lafetten und den Rädern musser immer wieder improvisieren. Weil es dafürkaum noch geeignete Materialien gibt, willHenning sich künftig auf den Bau von Schiffskanonenverlegen.

All das unter dem wachsamen Auge der Behörden,wie dem Suhler Beschussamt. Ohne Waffenbesitzkarte,eingestanztes Zertifikat läuft da nichts,wobei für Böller dieses alle fünf Jahre erneuertwerden muss.