Aufmerksamkeitsdefizit Aufmerksamkeitsdefizit: So lässt sich mit ADHS umgehen
Hamburg/Forchheim/dpa. - Bei manchem macht sich das als Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bemerkbar. Damit ihr Nachwuchs den Anforderungen in der Schule gewachsen ist, greifen immer mehr Eltern zu Medikamenten - der Absatz an Präparaten mit dem Wirkstoff Methylphenidat hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Doch das ist oft nur in schweren Fällen wirklich sinnvoll.
Viele Grundschüler mit ADHS könnten die Daueraufmerksamkeit über mehrere Schulstunden nicht durchhalten, sagt Christiane Eich, Landesleiterin Hamburg und Schleswig-Holstein des Selbsthilfevereins ADHS-Deutschland. Sie seien leicht ablenkbar und bekämen große Teile des Unterrichts gar nicht mit. Wird ein Kind auffällig, sollten die Eltern zuerst mit dem Klassenlehrer sprechen. «Oft stecken auch Lernstörungen, familiäre Konflikte und Akzeptanzprobleme zwischen Lehrer und Schüler hinter den Auffälligkeiten.»
Die nächsten Schritte sind dann pädagogischer Art: Das Kind braucht klare Strukturen. «Freies Lernen und selbstbestimmtes Arbeiten sind Gift für Kinder mit ADHS, weil sie damit überfordert sind», warnt Eich. Klare Ansagen mit eindeutigen Forderungen, Zeit- und Arbeitsvorgaben brächten mehr als eine Gruppenarbeit, empfiehlt auch Klaus Skrodzki von der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte in Forchheim (Bayern). Gleichzeitig bräuchten die Kinder Anerkennung für die Dinge, die sie können und richtig machen.
Um der Leistungsschwäche vorzubeugen, hilft laut Skrodzki ein striktes Hausaufgabenmanagement, das die Eltern konsequent begleiten. «Kinder mit ADHS reagieren impulsiv, überschießend, rasten schnell aus. Diskussionen in einer solchen Situation sind nutzlos.» Impulsivität und die Aufmerksamkeitsstörung seien aber nicht nur zu Hause ein Problem. Auch in der Schule falle es den Kindern schwer, Gleichaltrige zu verstehen und Spielregeln zu beachten.
Ob und wann Medikamente sinnvoll sind, hängt Eich zufolge davon ab, wie stark das Kind in seinen Leistungen und im psychosozialen Bereich beeinträchtigt ist. Außerdem spielten der Leidensdruck und die Gefährdung seiner weiteren Entwicklung eine Rolle. Medikamente pauschal abzulehnen, hält sie nicht für sinnvoll. Manche Kinder befänden sich bereits in einer Negativspirale aus Misserfolg, Frustration und Ablehnung. Konzentrationstrainings etwa zeigten erst nach Monaten Wirkung. «Viele Kinder haben aber diese Zeit nicht, wenn sie in der Schule am Ball bleiben wollen.»
ADHS-Medikamente sind in erster Linie eine kurzzeitige Lösung. «Eine Pharmakotherapie sollte Hilfe zur Selbsthilfe sein», sagt Prof. Manfred Döpfner, geschäftsführender Leiter des zentralen adhs-netzes in Köln. Eine vollständige Reduzierung sei aber nicht immer möglich. «Ähnlich wie bei einem Schmerzmittel verschwinden die Symptome nur für die Zeit, in der das Medikament eingenommen wird», ergänzt Eich. Verbesserungen seien aber recht schnell sichtbar: Oft profitieren die Kinder erst bei medikamentöser Behandlung von Förder- und anderen Therapien. Die positiven Erfahrungen setzen bei ihnen dann den wichtigen Nachreifungsprozess in Gang.
Literatur: Manfred Döpfner u.a., Ratgeber ADHS: Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher zu Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen, Hogrefe, ISBN-13: 978-3-80172-104-6, 6,95 Euro
ADHS Deutschland e.V.: www.adhs-deutschland.de
Hilfe und Infos bei ADHS: www.zentrales-adhs-netz.de
Arbeitsgemeinschaft ADHS: www.ag-adhs.de