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Argentinien Argentinien: Auf in die Pampa: Zu Besuch bei den Gauchos

Von Daniela David 26.12.2003, 17:48
Feuchte Wildnis - bei Ritten durch die argentinische Pampa behalten nur die Gauchos, nicht aber ihre Pferde trockene Füße. (Foto: dpa)
Feuchte Wildnis - bei Ritten durch die argentinische Pampa behalten nur die Gauchos, nicht aber ihre Pferde trockene Füße. (Foto: dpa) Daniela David

Esquina/dpa. - Die Überlandbusse verlassen Buenos Aires am Abend. Am Fenster ziehen die letzten Lichter der Großstadt vorbei, während die Reisenden schon in ihren Liegesitzen schlafen. Ihr Ziel ist die Provinz Corrientes im Nordosten Argentiniens, 600 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. In den Weiten der Pampa leben dort die Gauchos - und wer den unverfälschten Alltag der argentinischen Cowboys kennen lernen will, wird dort schnell fündig.

Im Morgengrauen erreicht der Bus das Provinzstädtchen Esquina. Ein robuster Geländewagen als Abholservice der Ranch steht am Bahnhof schon bereit. Noch ein kurzer Stopp beim Bäcker, um «media lunas» zu kaufen, wie die Croissants hier heißen - und die letzte Etappe der Reise beginnt: 50 Kilometer Autofahrt zur Estanzia Buena Vista. Der Wagen verlässt bald die geteerte Straße, nun wird es abenteuerlich.

Über eine aufgeweichte Schlammpiste geht es durch die Landschaft. Immer wieder flattern Vögel auf. Plötzlich stehen Rinder vor dem Auto und geben nur widerwillig den Weg frei. Im Halbdunkeln reiten Gauchos zur Arbeit. Weit und breit sind keine Häuser zu sehen. Als die Sonne aufgeht, passiert der Wagen das Eingangstor zur Estanzia. Ein Gaucho reitet ein Stück voraus. Nun sind es noch einmal fünf Kilometer bis zum Hauptgebäude.

Im subtropischen Norden Argentiniens leben die Estanzias weitgehend von der Tierzucht. «Wir haben fast 4000 Rinder, 800 Schafe und 150 Ziegen, um die sich unsere Gauchos kümmern», sagt Klaus Liebig. Der deutschstämmige Argentinier betreibt mit seiner Frau Sarita die Estanzia inmitten der Pampa. Seit zehn Jahren nehmen die Liebigs dabei auch Feriengäste auf, die auf einem typisch argentinischen Bauernhof ausspannen wollen.

Auf der Veranda des Hauses wird gefrühstückt. Fast alles, was auf den Tisch kommt, stammt aus eigener Produktion, ob frischer Quark und Käse oder Marmelade aus Guajaven und Conquat-Früchten. Vögel zwitschern in der warmen Morgenluft so intensiv, dass man sich fast im Urwald wähnt. Der Blick fällt auf den Park mit seinen Eukalyptusbäumen, 200 Jahre alten Magnolien und typischen Jakarandas, Palmen und Kakteen. «Durch das subtropische Klima in Corrientes gedeiht die Vegetation äußerst üppig», erklärt Sarita Liebig.

Auf der ersten Erkundungsfahrt wird das deutlich. Die Wildnis ist von vielen Wasseradern durchzogen. In den kleinen Seen und Lagunen stehen Pferde und Rinder, um die saftigen Wasserpflanzen abzugrasen. Schildkröten beobachten sie dabei. «Baden sollte man in diesen Seen allerdings nicht», meint Klaus Liebig und deutet ans Ufer. Dort liegt ein Krokodil - doch die Rinder einige Meter weiter beeindruckt das nicht. Eine Familie von Carpinchos - das sind Wasserschweine, die wie zu groß geratene Meerschweinchen aussehen - kreuzt den Weg. Und überall sind Vögel zu sehen: Störche, Reiher, Enten. Ein Fernglas mitzunehmen lohnt sich für Besucher dieses Tierparadieses.

Am Nachmittag stehen die Pferde zum Ausritt bereit. Schafsfelle machen die typisch argentinischen Sättel angenehm zum Sitzen. «Diese Pferdehalfter hat mein Kollege Don Rosas selbst aus Rindsleder gemacht», erzählt Gaucho Antonio Ferreyra. Die Menschen auf einer einsamen Estanzia sind es gewohnt, Selbstversorger zu sein.

Dann reitet die Gruppe mit den Gauchos hinaus in die Pampa. Die Pferde gehen willig und ruhig voran. Selbst als Vögel direkt vor ihnen aufgeschreckt hochfliegen, scheuen sie nicht. Denn dies ist ihre ureigenste Umgebung. Diese Pferde sind im Sommer wie im Winter draußen, einen Stall kennen sie nicht. Das macht sie ausgeglichen und auch für ungeübte Reiter sicher. Im langsamen Galopp geht es über das weite, flache Land. Flamingos fliegen beim Geräusch der Hufe davon.

Nach der Arbeit sitzen die Gauchos zusammen und trinken Mate-Tee aus den typischen Kalebasse-Gefäßen. Währenddessen bereitet Gaucho-Koch Lalo Martinez das Abendessen zu. Heute gibt es Locro, eine mächtige Maissuppe, dazu das Fladenbrot vom Grill, torta asada. Wer den Gauchos sympathisch ist, den laden sie schon mal zum Essen ein. Sonst bleiben sie meist unter sich, wortkarg und stolz.

Am nächsten Tag wird angespannt. «In unserer Gegend gibt es noch viele Kutschen», sagt Klaus Liebig. «Die Böden sind oft so feucht, dass da kein Geländewagen mehr durchkommt.» Auch einige Außenposten der Estanzia sind nur per Pferd oder Kutsche zu erreichen.

Heute sollen Wasserbüffel nahe zur Estanzia geholt werden. Dazu müssen die Tiere erst einmal gefunden werden. Auf einem Gelände von 4000 Hektar Größe ist das keine leichte Aufgabe. Doch die Gauchos kennen ihre Tiere und machen sie in einem entlegenen Sumpfgebiet ausfindig. Geschickt gelingt es einem Gaucho mit seinem Pferd, die Herde zusammenzubringen und vor sich her zu treiben. Ein europäischer «Aushilfsgaucho» kann über so viel reiterliches Können nur staunen.

Informationen: Tourismusabteilung in der Botschaft der Republik Argentinien, Dorotheenstraße 89, 10117 Berlin (Tel.: 030/22 66 89 20, Fax: 030/229 14 00).