Künftige Ortsumfahrung Archäologen finden nahe Aschersleben Überreste einer Siedlung aus dem 13. Jahrhundert
Die steinernen Keller und andere Funde weisen auf ein mittelalterliches Leben zwischen Westdorf und Welbsleben hin.

Welbsleben/Westdorf/MZ - Steinreihe um Steinreihe zeichnet sich in der Erde ab. „Wir haben eine Siedlungsstruktur hier, die sich unterhalb der Burganlage befindet“, sagt Stefan Dembinski, Grabungsleiter auf der Fläche für die künftige Ortsumfahrung Aschersleben/Süd-Quenstedt. Seit April 2021 sind die Altertumsforscher auf der Trasse im Einsatz, die von Aschersleben vorbei an Westdorf, Welbsleben und Quenstedt bis nach Pfersdorf führt. Tausende Artefakte von Gefäßen bis hin zu Mensch- und Tierskeletten haben sie bereits zu Tage befördert. Jetzt sind die nächsten bedeutenden Funde aufgetaucht.
Kellerreste im Umland der ehemaligen Hodeburg bei Westdorf
Sieben Kellerreste, mit Abmaßen von drei mal drei beziehungsweise vier mal drei Metern und dem 13. Jahrhundert zuzuordnen, haben die Archäologen zwischen Westdorf und Welbsleben freigelegt. Ganz in der Nähe lag einst die Hodeburg, eine hochmittelalterliche Burganlage. Die jetzigen Kellerfunde deuten auf so etwas wie eine Vorburg oder Vorstadt hin, sagt Susanne Friederich vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und archäologische Projektleiterin für die Ortsumfahrung.

Für die Archäologen sei das ein besonders wichtiger Fund. Denn im Gegensatz zu den bekannten Überlieferungen aus jener Zeit, bei denen aus dem Leben innerhalb der Burgmauern berichtet wurde, zeigen die Funde das „normale Leben“, wie Friederich sagt. „Und da ist Archäologie das, was uns die spannenden Einblicke bringt.“
So wie ein unterirdischer Gang, der sich mit einer Länge von 16 Metern und einer Breite von 60 Zentimetern durch die Erde schlängelt. Die Archäologen haben sowohl einen Zugang als auch einen Ausgang zum Gang gefunden, der an einem Ende in die Reste eines Kellers übergeht. „Wir müssen nun die Beziehung zwischen dem Keller und dem Gangsystem herausfinden“, sagt Dembinski. Denn rund 100 Jahre liegen zwischen den Bauten aus dem Hochmittelalter. Der Keller ist dabei jüngeren Ursprungs. „Aber es kann natürlich sein, dass der Keller einen Bezug auf dieses Gangsystem nimmt“, ergänzt Dembinski dazu.

Derweil ist die zeitliche Einordnung eines weiteren Fundes noch nicht geklärt. Am Rand der Ausgrabungsfläche sind die Überreste eines rechteckigen Baus, der eine Größe von sechs mal zehn Metern hat, aufgetaucht. Von der untersten Lage des Gebäudes sind noch partiell einige Schichten Steine erhalten, auf denen einst Schwellenbalken mit einem Fachwerkbau darüber gestanden haben sollen, erklärt Dembinski. „Möglichkeiten, was es ist, gibt es sicherlich viele, aber wir können es noch nicht sagen“, fügt er an.
Archäologen entdecken Alltagsgegenstände aus em Mittelalter
Andere Funde wiederum sind gut einzuordnen - sie stammen aus dem 11. bis 13. Jahrhundert - und deuten ebenfalls auf ein Siedlungsleben unterhalb der ehemaligen Hodeburg hin. Die Altertumsforscher haben Silbermünzen, Zierbeschläge, Messer, Gefäße und andere Alltagsgegenstände gefunden.

Aber auch Steinbrocken, die für den Laien auf den ersten Blick als eben nur solches Gestein erscheinen, zaubern den Archäologen ein Lächeln ins Gesicht. „Die Kratzspuren, die man sieht, stammen von kleinen Gegenständen wie Nadeln oder Messerspitzen, die man abgerieben hat. Der Stein wurde zum Schärfen genutzt“, sagt Dembinski. Und Friederich fügt an: „Das zeigt, dass das normale Leben hier stattgefunden hat.“
Noch bis Ende des Monats sind die Archäologen auf der Ausgrabungsfläche, um die Funde zu sichern. Danach rollen die großen Maschinen an, um den Bau der rund 8,4 Kilometer lang Ortsumfahrung voranzutreiben. Ende 2025, Anfang 2026 soll die Straße fertig sein und für den Verkehr freigegeben werden.