Alte Liebe rostet doch: Schwimmende Oldtimer sind teuer

Emden/Rostock - „Ein Schiff ist im Hafen sicher, aber dafür wurde es nicht gebaut”, lautet ein altes Sprichwort, das wohl die Bedeutung der Seefahrt unterstreichen soll. Schiffe in Fahrt zu halten, ist jedoch aufwendig und teuer. Und selbst Museumsschiffe, die nur im Hafen liegen, verursachen hohe Kosten. Hier einige Beispiele von Nord- und Ostsee:
BERNE: Deutschlands wohl bekannteste Schiffsbaustelle ist die „Gorch Fock”. Das knapp 90 Meter lange Segelschulschiff der Marine liegt seit Monaten in der Fassmer Werft im niedersächsischen Berne und wird saniert. Im Herbst 2020 soll die 61 Jahre alte Bark wieder auf den Weltmeeren segeln. Das Bundesverteidigungsministerium hatte beschlossen, die Sanierung trotz der völlig aus dem Ruder gelaufenen Kosten zu vollenden. Für den Steuerzahler wird das teuer. Die Kosten der seit Ende 2015 laufenden Sanierung haben sich von geplanten 10 Millionen Euro mehr als verzehnfacht. Sie sollen aber nach einer Vereinbarung 135 Millionen Euro nicht übersteigen.
BREMERHAVEN - Die 100 Jahre alten Bark „Seute Deern” gilt als Wahrzeichen Bremerhavens. Der Viermast-Gaffelschoner war einst im Holztransport eingesetzt und liegt schwer angeschlagen im Museumshafen. Im Februar setzte dem Schiff ein Feuer zu, am 30. September sackte es auf den Grund des Hafens ab. Es musste geborgen werden. Seitdem laufen die Pumpen an Bord und befördern täglich 4800 Kubikmeter Wasser aus dem Schiffsinneren. Am 23. Oktober will der Stiftungsrat des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) über seine Zukunft entscheiden. 2018 hatte der Bund 17 Millionen Euro zur Restaurierung zugesagt, falls die Stadt Bremerhaven und das Bremen Land die gleiche Summe beisteuern. Die Zukunft der „Seute Deern” (plattdeutsch für süßes Mädchen) ist also mehr als ungewiss.
WILHELMSHAVEN - Der ehemalige Dampftonnenleger „Kapitän Meyer” war 1950 das erste neugebaute staatliche Schiff in der 1949 gegründeten Bundesrepublik Deutschland. 1952 war es an der historischen Übergabe Helgolands von den Alliierten beteiligt und fuhr bis 1983 Einsätze als Wartungsschiff für Feuerschiffe und schwimmende Seezeichen. Inzwischen ist das Museumsschiff nicht mehr in Fahrt, eine Sanierung und die Einbindung ins Wilhelmshavener Küstenmuseum würden mehr als 2,3 Millionen Euro kosten. Der Rat der Stadt hat ein entsprechendes Nutzungskonzept wegen kaum abschätzbarer Folgekosten soeben abgelehnt. Die Zukunft auch dieses Schiffes ist damit offen.
EMDEN - Das frühere Feuerschiff „Amrumbank/Deutsche Bucht” ziert seit Jahren den Emder Ratsdelft. Das 104 Jahre alte Museumsschiff mit Restaurant muss jetzt dringend saniert werden, derzeit läuft die Ausschreibung zur Generalüberholung für rund 4,4 Millionen Euro an. Der neue Verein „Maritimes Kulturgut Deutsche Feuerschiffe” kümmert sich um die letzten sieben Feuerschiffe in deutschen Häfen von Borkum bis Lübeck, zwei davon sind nicht mehr fahrbereit. Der Verein erwartet rund 10 Millionen Euro Bundesmittel und weitere 10 Millionen an Zuschüssen zur Sanierung aller Schiffe.
HAMBURG - Im Hamburger Hafen liegen als Museumsschiffe die „Rickmer Rickmers” und die „Cap San Diego”. Die „Rickmer Rickmers” ist ein Dreimaster aus Stahl, der 1896 in Bremerhaven vom Stapel lief und seit 1987 für die Öffentlichkeit an seinem heutigen Liegeplatz an den Landungsbrücken zugänglich ist. Die „Cap San Diego” wurde 1961 in Hamburg gebaut und gehört zu den letzten Stückgutfrachtern aus der Zeit vor Einführung des Containers. Das Schiff ist noch fahrtüchtig und läuft regelmäßig zu Gästefahrten aus. Seit 1989 ist es an der Überseebrücke zu besichtigen. Beide Schiffe gehören Stiftungen und finanzieren sich aus Eintrittsgeldern, Gastronomie, Veranstaltungen, Spenden und ehrenamtlichem Engagement.
HAMBURG - Die „Peking” ist eine Viermast-Stahlbark, die 1911 bei Blohm&Voss in Hamburg vom Stapel lief. Das Schiff lag Jahrzehnte als Museumsschiff in New York und war am Ende völlig marode. 2017 wurde die „Peking” per Schiff über den Atlantik nach Brunsbüttel überführt und bei der Peters-Werft in Wewelsfleth eingedockt. Seitdem laufen umfangreiche Restaurierungsarbeiten, die noch bis 2020 dauern sollen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 35 Millionen Euro, die vom Bund getragen werden. Die „Peking” soll das Flaggschiff für das deutsche Hafenmuseum werden, das in Hamburg entsteht. Sie wird voraussichtlich im nächsten Sommer erstmals nach Jahrzehnten wieder in der Hansestadt anlegen und soll später einen festen Liegeplatz am Hauptstandort des Museums erhalten.
FLENSBURG - Der 1908 gebaute Salondampfer „Alexandra” gilt als letzter seegehender, kohlebefeuerter Passagierdampfer Deutschlands. Die knapp 37 Meter lange Lady ist regelmäßig der Star bei Dampfschiff-Treffen und anderen maritimen Veranstaltungen. Das Besondere: Jeder Gast darf selbst versuchen, das Schiff ohne Servos und Bugstrahlruder zu steuern oder die Kohlen an die richtige Stelle des Feuerraums zu werfen. Der Unterhalt des schwimmenden Oldtimers verschlingt jedes Jahr 150 000 bis 180 000 Euro. Die Fahrsaison dauert von Mai bis Ende September.
LÜBECK - Rund 350 000 Euro im Jahr lässt sich die Hansestadt Lübeck mit Unterstützung von Spendern die Instandhaltung der Viermastbark „Passat” kosten. Seit 1960 liegt der 1911 bei Blohm & Voss in Hamburg vom Stapel gelaufene Großsegler in Lübeck-Travemünde fest vor Anker. Das Schiff kann besichtigt und in den Sommermonaten für Trauungen und Veranstaltungen genutzt werden. Von 1997 bis 1998 wurde der ehemalige Frachtsegler für umgerechnet knapp 3,7 Millionen Euro grundlegend instand gesetzt. Das unter Denkmalschutz stehende Schiff ist schwimmfähig, aber nicht mehr fahrtüchtig.
ROSTOCK - Seit Oktober 2014 liegt der Rumpf der „Undine”, das älteste erhaltene Seebäderschiff Deutschlands, im Rostocker Stadthafen und rostet still vor sich hin. 1910 war es auf der Rostocker Neptun Werft gebaut worden und hat auch dank der Kriegswirren und diversen Staatsformen eine wechselvolle Geschichte hinter sich. „Das Schiff soll restauriert werden und bei der alten Neptun Werft an Land gestellt werden”, sagte der frühere Hafenkapitän Gisbert Ruhnke. Dazu soll das Deck umgebaut werden, damit das Schiff später als eine Art Museum dienen kann. „Mit einer Million Euro muss man schon rechnen”, sagte Ruhnke. Die Kosten waren bisher gering, weil der Liegeplatz der Stadt gehört. Gerade würden Gutachten erstellt. Fraglich bleibt, ob die hohen Kosten für die Restaurierung aufgebracht werden können. (dpa)