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60 Jahre Trabi 60 Jahre Trabi: Mit der 92 auf Jagd nach Punkten

07.11.2017, 09:47
Der Hallenser Lutz Birke in seinem Trabant, mit dem er früher Wettkämpfe im Orientierungsfahren absolviert hat.
Der Hallenser Lutz Birke in seinem Trabant, mit dem er früher Wettkämpfe im Orientierungsfahren absolviert hat. huk

Halle (Saale) - Ein Teil von meinem Trabi ist zu DDR-Zeiten bei der Rallye Monte Carlo mitgefahren. Der Überrollbügel in meinem Wagen war ursprünglich mal in einem Trabi, mit dem Werksfahrer von Sachsenring-Zwickau an der Rallye teilgenommen hatten. Im Januar 1970 gelang den Monte-Trabis sogar ein Doppelsieg in der Klasse bis 850 Kubik. Ob der Überrollbügel in meinem Auto in einem der Siegerfahrzeuge drin war, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Ein Bekannter aus dem Sachsenring-Werk in Zwickau hatte ihn mir seinerzeit besorgt. Der Überrollbügel machte was her, fand ich, auch wenn kein Mensch im Alltag so ein Ding braucht.

In dem Jahr der Rallye-Siege begann ich meine Lehre als Fernmeldemechaniker beim Fernmeldeamt Halle. Später habe ich studiert, wurde Ingenieur. Nach dem Mauerfall ging es bei der Telekom weiter, 47 Jahre lang im selben Beruf. Mit 63 bin ich vor kurzem in Rente gegangen. Der Trabi hat mich immer begleitet. Mit 22 Jahren kaufte ich 1975 meinen ersten - weiß und gebraucht. Alle vier Jahre wechselte ich damals, je nach finanzieller Lage, das Auto. Immer wieder Trabant. Bis zur Wende sind es sechs geworden.

Mein erstes Westauto war ein Golf, auch ein Gebrauchter. Ich bin noch nie ein neues Auto gefahren. Die 26 Trabi-PS fahren hat immer Spaß gemacht. Jetzt bin ich auf einen Golf GTI umgestiegen, 220 PS. Mancher schüttelt mit dem Kopf: In dem Alter! Aber ich bin kein Raser. Schon gar nicht, wenn ich mit dem GTI einem Sport nachgehe: Orientierungsfahren mit dem Auto, so richtig wettkampfmäßig mit Siegern und Platzierten. Dazu bin ich durch den Trabant gekommen. Ich war in den 70er Jahren im ADMV drin, das war der Motorsportverband der DDR. Dort entdeckte ich diesen Sport, den die meisten Leute nur als Lauf-, aber nicht als Fahr-Sport kennen. Aber das Prinzip ist ähnlich.

In einer bestimmten Zeit müssen vorgeschriebene Punkte gefunden und Kontrollstellen passiert werden, alles ganz klassisch mit Bordbuch und Landkarte. Mein letzter Trabi, mit dem ich fuhr, trug die Nummer 92 an der Seitentür und auf der Kühlerhaube, dazu Pneumant-Werbung. Die Nummer trägt er heute noch, genauso wie die Lackierung. Motor, Scheinwerfer, Gummidichtungen, Inneneinrichtung, alles noch original. Und auf die Nummer bin ich besonders stolz: Sie wurde extra für den Orientierungssport gestaltet und direkt auf die Tür lackiert, was sehr selten ist. Heute werden Nummern aufgeklebt.

Einmal in den Westen und wieder zurück

Diesen Wagen mit Überrollbügel hatte ich von einem anderen Sportsfreund gekauft. Der hatte meinem Trabi auch die etwas eigene, nicht serienmäßige rote Lackierung verpasst. Zur besseren Ausleuchtung der Straße habe ich dann einen stabilen Lampenträger mit sechs Scheinwerfern angebaut. Richtig Ärger hatte ich damit noch nie, obwohl sie den Genehmigungsspielraum weit ausreizen. Nach der Wende ist meine Frau bis 1997 damit gefahren. Dann ging der Wagen an den Erstbesitzer zurück. Und der hat ihn irgendwann an einen Wessi verkauft.

Mein 43-jähriger Sohn, schon lange Trabant-Fan, entdeckte ihn eines Tages im Internet in einem Trabant-Forum. Er wollte diesen Wagen unbedingt wieder in die Familie zurückholen. Wir kamen ins Geschäft mit dem Anbieter. Mein Sohn baute ihm einen alten Trabant wieder auf und tauschte diesen 2017 dann gegen meinen „Ori-Sport-Trabant“ ein. Er läuft bis heute tadellos. Diesen Monat muss er zum Tüv. Keine Hürde, das schafft er.

Aufgeschrieben von Hans-Ulrich Köhler