500 Jahre nach Kolumbus 500 Jahre nach Kolumbus: Spurensuche in der Alten und der Neuen Welt
Valladolid/Santo Domingo/dpa. - In Valladolid in Kastilienstarb vor einem halben Jahrtausend ein Mann, der das mittelalterlicheWeltbild entscheidend verändert hatte: Admiral Christoph Kolumbus.Von Gicht und Arthritis geplagt, vom Thron eines Vizekönigs gestürztund vergessen von vielen Zeitgenossen, verschied der Seefahrer am 20.Mai 1506 in dem Glauben, den Seeweg westwärts nach Asien gefunden zuhaben. Dass Portugal auf einer Route um Afrika herum Indien erreichtund er einen neuen Kontinent entdeckt hatte, konnte Kolumbus nichtakzeptieren. 500 Jahre nach seinem Tod begeben sich heute Touristenauf Spurensuche - in der Alten ebenso wie in der Neuen ...

In Valladolid in Kastilienstarb vor einem halben Jahrtausend ein Mann, der das mittelalterlicheWeltbild entscheidend verändert hatte: Admiral Christoph Kolumbus.Von Gicht und Arthritis geplagt, vom Thron eines Vizekönigs gestürztund vergessen von vielen Zeitgenossen, verschied der Seefahrer am 20.Mai 1506 in dem Glauben, den Seeweg westwärts nach Asien gefunden zuhaben. Dass Portugal auf einer Route um Afrika herum Indien erreichtund er einen neuen Kontinent entdeckt hatte, konnte Kolumbus nichtakzeptieren. 500 Jahre nach seinem Tod begeben sich heute Touristenauf Spurensuche - in der Alten ebenso wie in der Neuen Welt.
In der Woche vor dem 500. Todestag treffen sich Historiker ausaller Welt in Valladolid zu einem Kolumbus-Kongress, um neuesteErkenntnisse über den großen Entdecker auszutauschen. Denn vieles ausdem Leben dieses Mannes blieb bis heute im Dunkeln. «Niemand weiß,wer er ist, woher er kommt, was er sich vorgenommen hat», stellte derSchriftsteller Salvador de Madariaga y Rojo (1886-1978) in seinembiografischen Werk über den Seefahrer fest, von dem ein zu Lebzeitengemaltes Bild bisher nicht gefunden wurde.
In einem unscheinbaren Haus in der italienischen Hafenstadt Genuakam Cristoforo Colombo als Sohn eines Tuchwebers in der zweitenJahreshälfte 1451 zur Welt. Das Geburtshaus existiert heute nichtmehr. Zum Gedenken an den großen Sohn der Stadt errichteten dieGenueser im 18. Jahrhundert an der Piazza Dante im Zentrum einKolumbus-Haus und stellten vor dem Hauptbahnhof ein Denkmal desEntdeckers auf. «Im Museo del Mare im alten Arsenal können Sie dieGeschichte der Mittelmeer-Seefahrt im 15. Jahrhundert studieren»,empfiehlt Geschichtsstudentin Joanna Marconi Besuchern der Stadt.
In dem Museum ist etwas über die Zeit zu erfahren, als diewestliche Welt noch am Südrand des Mittelmeeres und an derAtlantikküste endete. Die Erde wurde damals als Scheibe betrachtet,an deren Rändern das Verderben wartete. Die Stadtrepublik Genua, dieein Doge vom prächtigen Palazzo Ducale aus regierte, lebte sehr gutvom Mittelmeerhandel und von der Schifffahrt.
Wie der Webersohn Seefahrer wurde, konnten Historiker bis heutenicht verlässlich klären. Nur eines scheint festzustehen: AlsFreibeuter Mitte August 1476 vor der portugiesischen Küste seinSchiff angriffen, rettete sich Kolumbus schwimmend an Land und schlugsich nach Lissabon durch, wo sein Bruder Bartholomäus als Kartograflebte. Portugal war zu dieser Zeit bereits eine maritime «Weltmacht»:Die Schiffe des Königs erschlossen damals die Küste Westafrikas.
Lissabon sollte die neue Heimat des Genuesers werden. Hier trug erdem Herrscher die Idee vom Seeweg westwärts nach Asien vor. Als ihmder Hof eine Absage erteilte, zog er im Jahr 1484 mit Sohn Diego nachSpanien. Im Kloster La Rábida nahe der Hafenstadt Huelva fand derGescheiterte Unterschlupf. Von hier sowie von Palos, Cádiz undSanlucar de Barrameda an der andalusischen Küste aus brach er späterzu seinen Reisen auf und betrat jeweils wieder spanischen Boden.
In Portugal finden Urlauber kaum nennenswerten Erinnerungen anKolumbus. Aufzeichnungen seiner Pläne fielen der Feuerkatastrophe von1755 zum Opfer, die die Stadt Lissabon nach einem verheerendenErdbeben heimsuchte und auch die Archive vernichtete.
«Wenn Sie Unterlagen suchen, finden Sie diese in Sevilla», sagtMagdalena Canellas, ehemalige Direktorin des «Arquivo de Indias» inder andalusischen Großstadt. Rund 40 Millionen Dokumente aus der Zeitder spanischen Entdeckungen, darunter auch Kolumbus-Schriften, lagernhier in den Regalen. Das Ende des 16. Jahrhunderts errichtete Gebäudebeherbergte zunächst die Börse und nahm dann 1875 das Archiv auf.Historiker können hier forschen, auch Touristen bekommen anVormittagen einen Teil der Papiere zu sehen.
Spaniens «Katholische Majestäten» Isabella von Kastilien undFerdinand von Aragon kämpften noch gegen die Mauren, als Kolumbusihnen im Jahr 1486 erstmals seinen Vorschlag unterbreitete. AlsBittsteller reiste er den Herrschern durch das Land nach, das sie vonmehreren Städten - Cordoba, Salamanca, Sevilla, Saragossa, Valladolid- aus regierten. Entmutigt wollte der Seefahrer schon aufgeben undsein Glück in Frankreich versuchen, als die Herrscher ihn im Frühjahr1492 rufen ließen und ihm doch den Auftrag erteilten, als Großadmiralund Vizekönig neue Welten zu erobern und Reichtümer zu beschaffen.
Am 3. August 1492 nahm Kolumbus mit drei Schiffen vom Hafen Palosaus Westkurs ins Unbekannte. Sein Ziel: die Schätze Asiens, von denenReisende wie Marco Polo berichtet hatten. Nach zweieinhalb Monatenging Kolumbus auf Samana Cay nahe der Bahamas erstmals in der NeuenWelt an Land. Am 6. Dezember erreichte er eine Insel, die er «LaEspanola» nannte. Daraus wurde Hispaniola, auf der heute dieDominikanische Republik und Haiti liegen.
Am 15. März 1493 traf der Seefahrer wieder in Palos ein. König undKönigin residierten damals im Palast in Barcelona. «Hier berichteteKolumbus von der Neuen Welt», erzählt der Historiker Ildefons Puig.Es muss ein großartiger Empfang gewesen sein. Der Zeremoniensaal unddie Freitreppe davor lassen bei einer Besichtigung noch die Prachterahnen. An das Ereignis erinnert eine 50 Meter hohe Säule mit einerKolumbus-Statue am Hafen von Barcelona, die 1888 zur Weltausstellungerrichtet wurde.
Die Herrscher beauftragten den Entdecker gleich mit der nächstenReise. Mit 17 Schiffen lief Kolumbus am 25. September vom Hafen Cádizaus. Proviant fassen und Reparaturen zwangen ihn zu einemmehrwöchigen Aufenthalt auf Gran Canaria, wo nahe der Kathedrale vonLas Palmas eine «Casa de Colon» an den berühmten Besucher erinnert.
Es ist aber nicht verbürgt, ob der Großadmiral tatsächlich in derResidenz des königlichen Inselstatthalters gewohnt hat. Wieder in derKaribik, entdeckte die Flotte zunächst die Inseln Guadeloupe undPuerto Rico und gründete an der Nordostküste von Hispaniola die ersteStadt der Neuen Welt. Er nannte sie der Königin zu Ehren Isabella.
Der Vizekönig suchte aber schnell nach einem besseren Ort als denfieberverseuchten Norden und entschied sich für die Südküste derInsel. Es entstand Santo Domingo, die jetzige Hauptstadt derDominikanischen Republik. Es ist die älteste ununterbrochenbestehende Siedlung der Neuen Welt. Die Stadt Isabella verfiel bald.Heute sind nur noch wenige Überreste in der Nähe von Luperon zusehen, etwa 40 Kilometer westlich von Puerto Plata gelegen.
In Santo Domingo erwarten Besucher die größten Kolumbus-Monumente:«Von historischer Bedeutung ist der Alcázar de Colon, in dem derAdmiral aber niemals gewohnt hat. Sein Sohn Diego gab als Gouverneurden Bau in Auftrag», sagt der in Santo Domingo lebende SchriftstellerManuel Farjardo. Mehr über den Entdecker und seine Zeit istallerdings im «Faro a Colon» zu erfahren, dem «Kolumbus-Leuchtturm».«Der Name soll nicht täuschen, es ist ein in Kosten und Größeüberdimensionierter Bau», kritisiert Farjardo. Er entstand zum 500.Jahrestag der Entdeckung Amerikas 1992 in Form eines Kreuzes von 240Metern Länge, 34 Metern Breite und 46 Metern Höhe.
«Hier befindet sich das Grab des Kolumbus», erklärt überzeugt derFremdenführer, der sich als José vorstellt. Historiker bekommen dabeiaber ihre Zweifel, denn es ist umstritten, wo die letzte Ruhestättedes Vizekönigs sich befindet. Gerade fand Marcial Castro von derUniversität Granada in Spanien heraus, dass Kolumbus in Valladolidzuerst an einer Stelle bestattet wurde, «an der bis 1837 ein Klosterstand und an der sich heute eine viel befahrene Straße befindet».
Kolumbus-Sohn Diego ließ seinen Vater nach Sevilla umbetten. DerEntdecker hatte einigen Historikern zufolge jedoch testamentarischverfügt, in Santo Domingo bestattet zu werden und wurde im Jahr 1544übergeführt. Als die Franzosen dort die Spanier bedrängten, brachtendiese 1795 den Sarg in die Kathedrale von Havanna.
Doch als Spanien nach dem Krieg mit den USA 1898 seine reicheKolonie aufgeben musste, nahmen die Spanier die Überreste desGroßadmirals mit und setzten sie in der Kathedrale von Sevilla bei.Heute bestehen zwei Grabmonumente - in Sevilla und Santo Domingo.Forscher bemühen sich durch Analysen der Knochenreste um Klärung derFrage, welche Stadt für sich in Anspruch nehmen kann, Begräbnisortdes Christoph Kolumbus zu sein.
