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50 Jahre Fechten bei Chemie Rodleben 50 Jahre Fechten bei Chemie Rodleben: Düben: Wir waren wirklich die Besten

Von Sylke Hermann 23.05.2001, 16:55

Rodleben/MZ. - Gerhard Düben zahltees den Zweiflern heim. Von denen gab es seinerzeitgenügend, und der Trainer nahm es mit allenauf. Rodleben, das Dorf, von dem keiner wusste,wo es lag, zu einer Kaderschmiede im Fechtsportzu formen, davon hätte der heute 84-Jährigenicht zu träumen gewagt. Aber es war ihm geglückt."Wir waren wirklich die Besten", hat er nichtvergessen, "aber wir durften es nur nichtimmer sein."

Ein halbes Jahrhundert liegen die Anfängezurück, an die am Sonnabend erinnert werdensoll: 50 Jahre Fechten beim SV Chemie Rodleben.50 sehr durchwachsene Jahre.

Gerhard Düben begann eines Tages mit seinerFrau Anna und den beiden Söhnen Werner undDieter mit sonderbaren Schrittübungen. Dasssie belächelt wurden, "das störte uns nichtweiter". 1950 war das und Fechten, das zuvorverboten war, kam gerade erst wieder auf.Später, irgendwann im Sommer 1951, hätte schließlichin der Zeitung gestanden, dass der Sport wiedererlaubt sei. Offiziell. Für Dübens das endgültigeSignal zum Aufbruch. "Wir sind gleich in dieVollen gegangen, haben ein Rundschreiben verschickt,um Interessenten für unsere Sportart zu gewinnen."Die Resonanz war beachtlich. Immerhin kamen26 zum nächsten Training. Nur ein paar blieben.Bei nur einer Waffe, die den Neulingen zurVerfügung gestanden hatte, war das nicht einmalschlecht. "Und es blieben nur die, die eswirklich ernst meinten", wusste Düben zu schätzen.

Heike Engelbrecht, die unter Düben trainierteund heute selbst den rar gewordenen Fecht-Nachwuchsbei Chemie Rodleben ausbildet, erinnert sich:"Die Eltern haben ihre Kinder zum Fechtengeschickt, gerade weil sie wussten, dass siehier hart rangenommen würden." Wegen schulischerProbleme beispielsweise. Warum auch immer.Düben: "Dass wir hart sind, haben wir denEltern gleich gesagt." Heute, ist Engelbrechtüberzeugt, wäre das kaum mehr denkbar. Sportmüsse Spaß machen, was den absoluten Leistungswillennicht selten hinten an stelle.

Dass der Verein seine Fechter anfangs schnellwieder los werden wollte, erzählt der gebürtigeWilhelmshavener, "einfach weil wir auf LeistungWert gelegt haben". Für den "Sportler ausLeidenschaft" eine Selbstverständlichkeit.Und auch für Horst Kühnert, jenen Mann, "derden Namen Rodleben als erstes nach draußengetragen hat". Immer fleißig soll er trainierthaben, manchmal sogar sonn- und feiertags.

Die Erfolge blieben nicht aus. 1955 bei denFechtmeisterschaften der Jugend in Dresdenholten die Sportler der BSG Platz eins, zwei,vier, fünf und sechs von insgesamt acht Endrundenteilnehmern."Das Potenzial war einzigartig", weiß Düben,der Mitte der 80er Jahre aus gesundheitlichenGründen aufhörte. "Das", muss er sich eingestehen,"ist heute kaum nachzumachen." Immerhin zähltedie Abteilung Fechten in den Hochzeiten biszu 80 Sportler. Darunter Ursula Eltz, ElkeRaschke, Hannelore Fritze, Jürgen Weichert,Bernd Dreißig. Alle waren sie DDR-Meisteroder Mitglieder der Nationalmannschaft. Nichtzu vergessen Harry Fiedler, der in der DisziplinDegen die Olympiaqualifikation schaffte -für Mexiko 1968 und München 1972.

Rodleben hatte sich als Kaderschmiede fürdie großen Sportclubs einen Namen gemacht."Wir waren das erste Trainingszentrum derDDR", sagt der Fechtprofi nicht ohne stolz.Viele Talente musste die BSG abgeben und zoggegen die Sportclubs immer wieder den Kürzeren:"Wir hatten viele Nachteile und durften oftmalseinfach nicht gewinnen, weil wir BSG waren."

Aus Anlass des Jubiläums veranstaltetder Verein am Samstagabend einen Sportlerballin der Roßlauer Mehrzweckhalle. Wer früherselbst einmal gefochten hat, über alte Zeitenreden oder einfach nur das Tanzbein schwingenmöchte, ist herzlich eingeladen. Karten fürdie um 19.30 Uhr beginnende Veranstaltunggibt es für 20 Mark an der Abendkasse odertelefonisch (5120).