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40 Jahre mit der geliebten «Barbara»

Von Dirk Skrzypczak 07.06.2006, 16:54

Gräfenhainichen/MZ. - Dann zeigt er in Richtung Haupttor. "Das Schöne an so einer Anlage ist, dass man seine Sorgen und Nöte draußen lässt. Ich kann im Garten wunderbar entspannen."

Seit acht Jahren ist der Facharbeiter für Innenaus- und Trockenbau Vorsitzender der kleinen aber feinen Sparte "Barbara" an der Dornewitzer Straße in Gräfenhainichen. Am Sonnabend feiert die Anlage ihren 40. Geburtstag. Der Bürgermeister kommt gegen 10 Uhr als Festredner, verdiente Mitglieder des Vereins erhalten Medaillen, für das gemütliche Beisammensein mit einem "kleinen Rahmenprogramm" gibt es kein Zeitlimit. "Man muss die Feste feiern, wie sie fallen", sagt der Chef und freut sich, dass "die Kleingartenanlagen wieder eine Zukunft haben". Immerhin: Alle 47 Parzellen sind verpachtet. Drei Gärten werden seit kurzem von Russlanddeutschen bewirtschaftet. Wittke lobt das gute Miteinander und das saubere Bild der jeweils etwa 360 Quadratmeter großen Grundstücke. Ordnung muss sein, da kennt der Vorstand kein Pardon. "Bei uns ist jeder willkommen, der sich an die Regeln hält." Und das zum kleinen Preis. Acht Cent Pacht pro Quadratmeter im Jahr: Die Konditionen erinnern an ein Schlaraffenland.

Hinter der Ligusterhecke zupft Erhard Schüler in seinem Reich auf allen Vieren das Unkraut aus der Erde. "Mucki", der Spitzname kommt vom Kleinen Muck, weil der Gräfenhainichener als Lehrling wieselflink seine Aufgaben erledigte, hat seinen Garten seit eineinhalb Jahren. "Na ja, ein bisschen was von Gartenarbeit wusste ich schon. Der Experte bin ich aber nicht." Muss er nicht sein, schließlich "gibt es hier viele nette Leute, die mir Tipps geben". In vier Jahren will er zwischen Gurken, Rosen, Kartoffeln und Erdbeeren seinen Ruhestand genießen. "Besser, als im Neubau zu hocken und Däumchen zu drehen." Recht hat er.

Wenige Meter weiter pflückt Melissa im Garten von Oma und Opa Pechnelken. Die magentafarbenen Blumen sollen nicht etwa das Glück vertreiben. Die Nelken haben einen klebrigen Stil - daher der Name. Seit 1966, also von Anfang an, genießt Familie Schulz "die frische Luft" und die "Beschäftigung". Vor drei Jahren verwandelte sich ihr Paradies allerdings in eine Flammenhölle. Brandstifter hatten in der Laube Feuer gelegt. "Ich hatte noch die Lockenwickler im Haar, als die Polizei vor unserer Haustür stand", erzählt Rita Schulz. Mit viel Kraft und der Hilfe aus der Gemeinschaft sind die Spuren des Brandes fast verschwunden. Nur der Schuppen ist noch schwarz. Aber alles geht nun einmal nicht auf Anhieb. Manche Wunden brauchen eben Zeit, bis sie heilen.

Am Ende des 240 Meter langen Mittelweges, der so breit ist, dass ihn Fahrzeuge problemlos nutzen können, treffen Idylle und Wildnis unsanft aufeinander. Nein, dieser eine Garten will so gar nicht in das gepflegte Gesamtbild passen. Es spricht für Edwin Wittke, dass er bei allem Stolz angesichts der Schaffenskraft der Pächter die schwarzen Schafe nicht verheimlicht. Das Unkraut wuchert hoch, die Beete sind verwahrlost. "Bis zum Fest am Sonnabend ist auch dieses Fleckchen in Ordnung", verspricht der Chef. Man müsse aber den Rechtsweg einhalten, bevor man selbst aktiv werden könne.

Im kleinen Vereinsheim wollen sie anstoßen, auf 40 Jahre Kleingartenanlage. Tolle und schwierige Zeiten haben die Menschen in der grünen Oase mitgemacht. Sie kannten Jahre sozialistischer Entbehrungen, in denen die Wartelisten für einen Platz in der Sparte so lang waren, dass sie bis zum Mond reichten. Und sie haben in der ungewissen Zeit nach der Wende, als andere Anlagen leergefegt waren, zur Stange gehalten. "Unser Vorteil ist das kleine, überschaubare Ambiente", sagt Wittke.

Über das Wetter hört man rechts und links des Mittelweges übrigens keine Klagen. Die trockene Witterung vor einem Jahr war besser für die Erdbeeren. Jetzt würden, bei ein paar Tropfen Regen mehr, halt die Kartoffeln besser wachsen, heißt es. Der Vorsitzende, ein gebürtiger Oranienbaumer, ist wieder an seinem Schlösschen angekommen. "Wenn ich im Lotto gewinne, dann zerre ich Peter zu einem Privatkonzert her", lacht er. Ob er dafür wohl auch "über sieben Brücken" gehen muss?