1. FC Kaiserslautern 1. FC Kaiserslautern: Jäggi feuert und geht selbst
Kaiserslautern/dpa. - Kaum hatte der siegreich auf die Bühneder Fußball-Bundesliga zurückgekehrte Spaß-Trainer das Podium derPressekonferenz geräumt, sprach FCK-Boss René C. Jäggi mitstaatstragender Miene den Ernst der verfahrenen Lage ins Mikrofon.
«Das ist heute ein tragischer Tag mit gigantischen Auswirkungen»,sagte der 56-jährige Schweizer, als er die am Vormittag mit demAufsichtsrat für den dann eingetretenen «worst case» einer Niederlageabgestimmte Kündigung für Henke bekannt gab. Seinen anschließendverkündeten und schon länger überdachten Rücktritt, der durchAnfeindungen durch die früheren FCK-Profis Mario Basler und Hans-Günther Neues («Jäggi muss weg») forciert wurde, betrachtete Jäggiquasi als eine Frage der Ehre. «Ich bin kein Sesselkleber undübernehme die volle Verantwortung. Ich habe mich bis zuletzt immervor den Trainer gestellt», sagte Jäggi. Seinen avisierten Rücktrittkonnte der Aufsichtsrat aus formaljuristischen Gründen noch nichtgleich akzeptieren, weil der Verein von zwei Vorstands-Mitgliederngeführt werden muss.
Mit dem Aufsichtsrat habe man das «Szenario für den worst case»durchgesprochen. «Wir haben mit der Mannschaft Tacheles geredet undsie hatte Gelegenheit, auch für ihren Trainer zu spielen. Leider hatdas nicht geklappt», meinte Jäggi, der Henke unmittelbar nach demSpiel vom Vollzug des vorher Abgesprochenen informiert haben wollte.Doch der geschasste Trainer tat bei der Pressekonferenz so, als habeer die Entscheidung ignoriert. «Ich mache weiter. Wir hatten schoneinige Rückschläge, aber das ist die krasseste Situation, die wirerleben. Dazu passt, dass wir durch einen Sonntagsschuss und einenabgefälschten Schuss zwei Mal in Rückstand geraten sind»,schwadronierte der ehemalige Hitzfeld-Assistent schmallippig, der beiseiner ersten Cheftrainer-Mission gescheitert ist.
Jäggi, der in dreijähriger Amtszeit mit Erik Gerets, Kurt Jara undHenke drei vorzeitig gefeuerte Trainer installiert hatte, sah miteinem Schuss Mitleid einen «gebrochenen Trainer Henke». Ihn und sichselbst habe er aus der Schusslinie einer «Schlammschlacht undTreibjagd» genommen. «Ich habe den Weg freigemacht für neue Gesichterund neue Strukturen», sagte der als Sanierer für die Ära nach JürgenFriedrich an den Betzenberg geholte Schweizer. Sportlich gescheitert,hat Jäggi den pfälzischen Traditionsclub zumindest wirtschaftlich aufstabilere Beine gestellt.
Aber auch nach seinem selbst gewählten Machtverlust will Jägginoch nicht so ganz loslassen und seinem noch zu bestimmendenNachfolger beratend zur Seite stehen, «weil mir der Verein wirklicham Herzen liegt». Branchenüblich konnte sich auch Henkes Co-TrainerManfred Rauscher seine Papiere abholen. Zwei frühere FCK-Profiswurden zu Übergangs-Übungsleitern bestellt: Torwart-Trainer GeraldEhrmann und Physiotherapeut Kay Friedmann. Auf dem Kandidaten-Karussell für die Henke-Nachfolge nahmen mit dem soeben bei LauternsBezwinger Nürnberg entlassenen Wolfgang Wolf und dem schon längerarbeitslosen Klaus Toppmöller zwei ehemalige FCK-Profis Platz. AuchEwald Lienen und Werner Lorant sind zu haben.
Die Kandidatenliste für den seit den Meistertrainern KalliFeldkamp (1991) und Otto Rehhagel (1998) zum Schleudersitz gewordenenTrainerstuhl bei dem pfälzischen Traditionsclub wurde noch in derNacht zum Sonntag durchgehechelt. Wenn es noch nach Jäggi geht, dannsoll eine Entscheidung «in drei bis vier Tagen» fallen. JäggisAusblick: «Jetzt müssen seriöse Leute ans Ruder, die das insSchlingern geratene FCK-Schiff wieder in ruhiges Fahrwasser bringen.»
Zu ihnen zählt Jäggi mit Sicherheit nicht seinen ChefkritikerMario Basler («Jäggi hat keine Ahnung vom Fußball und hat allesfalsch gemacht»), der am Sonntag in der DSF-Sendung «Doppelpass»ebenso seine Hilfe anbot wie der von Jäggi wegen massiver Kritik anHenke suspendierte Ciriaco Sforza: «Ich habe noch einen Spieler-Vertrag bis zum 30. Juni 2006 und bin bereit, ab morgen alles dafürzu geben, dass der FCK da unten wieder raus kommt.» Am Trainer-Job sei er jedoch nicht interessiert. Sforza: «Ich habe nie gesagt,dass ich hier Trainer werden will.» Basler kann sich eine beratendeFunktion vorstellen, «wenn man mich will».
Ob Jäggi nach seiner Demission als FCK-Boss seine Tätigkeit alsbezahlter Chef des Kaiserslauterer WM-OK-Büros fortsetzt, will erdemnächst mit DFB-Präsident und OK-Mitglied Theo Zwanziger klären.