Wimbledon-Finale Wimbledon-Finale: Tennis-Deutschland wünscht Sabine Lisicki Glück

London/DPA/SID - Tennis-Deutschland drückt Sabine Lisicki in ihrem ersten Wimbledon-Finale die Daumen. „Du schaffst das Bine!!!“, twitterte Bundestrainerin Barbara Rittner am Samstagmorgen wenige Stunden vor dem Endspiel der 23 Jahre alten Berlinerin gegen die Französin Marion Bartoli. „Jetzt traue ich ihr auch den Sieg zu. Für mich ist sie die Favoritin gegen Marion Bartoli. Ich drücke ihr fest die Daumen“, sagte Tommy Haas bei Sport1. „Für das deutsche Tennis wäre es eine Sensation, wenn sie Wimbledon gewinnen könnte.“
Der Deutsche Tennis Bund verbreitete über seinen offiziellen Twitter-Account: „Heute ist Finaltag! Viel Erfolg @sabinelisicki! Auf geht's, hol dir das Ding!!!“ Christopher Kas, mit dem Lisicki bei den Olympischen Spielen 2012 nur knapp die Bronzemedaille im Mixed verpasst hatte, schrieb: „Du schaffst das Sabine!!!“
Lisicki steht am Samstag um 15.00 Uhr (MESZ/Sky) als erste deutsche Tennisspielerin seit Steffi Graf 1999 im Endspiel des Grand-Slam-Turniers in London. Mit einem Sieg wäre sie die erste deutsche Wimbledon-Siegerin seit Graf im Jahr 1996. Der dreimalige Champion Boris Becker sagte mit Rückblick auf den Achtelfinalsieg gegen Serena Williams: „Da habe ich für mich zum ersten Mal den Gedanken zugelassen: Sabine Lisicki gewinnt Wimbledon 2013.“
Lobeshymnen
Es dauerte nur wenige Stunden, da war der Lisicki-Hype schon über den großen Teich geschwappt. Aus dem fernen Las Vegas gratulierte Steffi Graf ihrer Nachfolgerin im Wimbledon-Finale. Und Dirk Nowitzki forderte Sabine Lisicki auf: „Hol’ das Ding nach Hause.“
Mit dem Sieg über Agnieszka Radwanska ist die blonde Berlinerin im Kreis der großen deutschen Sportstars angekommen. Plötzlich nimmt die Nation Anteil an ihrem Siegeszug, und selbst die Briten vergessen für einen kurzen Moment die „Murray-Mania“. Ob sie mittlerweile in England beliebter als in ihrer Heimat sei, wollten die Gastgeber des bedeutendsten Tennisturniers der Welt wissen. Sabine Lisicki lachte, so wie sie in diesen Tagen immer lacht. „Ich weiß es nicht“, sagte sie. „Ich glaube, Deutschland ist gerade ziemlich glücklich.“
Happy sind jedoch auch die Briten. Die altehrwürdige Zeitung „Times“ bewundert Lisicki für ihre Kampfkraft, sie rühmt die 23-Jährige als Spezialistin „für aussichtslose Fälle“. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Tagen, erst gegen Serena Williams, dann gegen Radwanska, lag Lisicki in einem entscheidenden Satz 0:3 in Rückstand, zum zweiten Mal drehte sie mit dem Rücken zur Wand auf und das Match gegen eine Weltklasse-Spielerin. Also schrieb die „Times“: „Fang’ gar nicht erst an, gegen Sabine Lisicki zu gewinnen. Bringe dich bloß nicht in die Situation eines sicheren Sieges. Denn du weißt, das bringt sie in Rage. Und wenn sie in Rage ist, spielt sie ziemlich furchterregendes Tennis. Ihrem besten Tennis ist nichts entgegenzusetzen: Frag Serena Williams.“
Rückschläge
Unstrittig ist: Sabine Lisicki erlebt zurzeit die Sternstunden ihrer Karriere. Doch in ihrem jungen Tennis-Leben hat die 23-Jährige, die im rheinischen Troisdorf geboren wurde, auch dunkle Tage erlebt. Tage, an denen ihr das Lachen vergangen war, wie bei den US Open 2009.
Damals war Lisicki böse umgeknickt und musste im Rollstuhl vom Platz geschoben werden. Ihre Leidenszeit begann, sechs Wochen humpelte sie an Krücken durch die Gegend. „Ich musste wieder laufen lernen“, erzählt Lisicki. „Das war die schwerste Zeit meines Lebens, eine Situation, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte und auch nie wieder erleben möchte. Ich fühlte mich so hilflos.“
Ein Drama spielte sich auch bei den French Open 2011 ab, als Lisicki während eines Matches wimmernd zusammenbrach und vom Platz getragen wurde. Sie selbst führte das auf eine Gluten-Intoleranz zurück, auch begleitet sie - und das klingt schon ein bisschen lustig - eine Rasen-Allergie.
Bei fast allen Rückschlägen und Triumphen waren ihre Eltern dabei. Mutter Elisabeth und Vater Richard sitzen auch bei diesem Wimbledon in Lisickis Box. Vater Richard, ein Sportwissenschaftler, hat sogar seine Doktorarbeit über das Power-Tennis seiner Tochter geschrieben. Er hatte einst in Troisdorf und Berlin die Grundlagen gelegt, die Trainingseinheiten in Nick Bollettieris Akademie in den USA begleitet und war mit Sabine lange Jahre als Trainer über die Tour gereist.
Im vergangenen Jahr beschloss Familie Lisicki, aus dem Trott auszubrechen und einen externen Coach zu engagieren. Doch die Suche gestaltete sich schwierig: Mit Ricardo Sanchez klappte es ebenso wenig wie mit Robert Orlik. Bei den French Open arbeitete der Belgier Wim Fissette zur Probe - ein Volltreffer, wie es scheint. „Er lässt mich aggressiv spielen und drängt mir keine defensiven Taktiken auf“, sagt Lisicki.
Trainer gewann schon große Titel
Fissette, der schon Kim Clijsters zu Grand-Slam-Erfolgen geführt hatte, war von Anfang an fasziniert. „Ich habe sie 2010 in Australien erstmals getroffen. Sie trainierte mit Kim, die beeindruckt von Sabine war. Da war eine, die noch härter als sie schlug. Und Clijsters spielte damals mit das schnellste Tempo auf der Tour. Wir wussten alle: Sabine kann mal richtig gut werden“, sagte Fissette.
Der Trainer Fissette gehört zum Team, das im Haus in der Nähe des All England Club eine Wohlfühl-Atmosphäre schafft. „Wir kochen und essen zusammen“, berichtet Lisicki - und, was kaum überrascht: „Wir lachen viel.“
Steffi Graf ist begeistert
Lachend ist Sabine Lisicki nun in das wichtigste Spiel des Jahres eingezogen. Und die ganze Tennis-Welt verfolgt es. Selbst die große Steffi Graf schrieb bei Facebook: „Wir werden alle im Finale mitfiebern und drücken ihr fest die Daumen!“ Und bei Lisicki selbst wächst die Anspannung: „Schon als kleines Mädchen habe ich davon geträumt, hier zu gewinnen. Ich will es so unglaublich. Ich kann es gar nicht abwarten, am Sonnabend zu spielen.“
Das Finale beginnt am Sonnabend um 15 Uhr. Sky überträgt live. Sie können das Spiel auch im Liveticker auf mz-web.de verfolgen.
