Werfertage in Halle Werfertage in Halle 2017: Welche Stars dabei sind - und welche fehlen

Halle (Saale) - Der Anruf kam kurz vor dem scharfen Trainingsstart. „Es wird wohl ein bisschen später werden“, informierte Nadine Müller ihren Coach Rene Sack. Gerade, als sie von zu Hause losfahren wollte zu ihrer ersten Übungseinheit an diesem Dienstag, standen die Dopingkontrolleure vor der Tür. Und das anschließende Prozedere dauerte. Erst nachdem die Leichtathletin mit zwei Litern Wasser nachgeholfen hatte, konnte sie schließlich ihrer Pflicht nachkommen.
„Viermal“, erzählte sie später, „bin ich in den letzten Wochen kontrolliert worden.“ Auch im Trainingslager in Portugal war sie dran. Und selbst über die Osterfeiertage in Amsterdam blieb die Hallenserin nicht ungestört. Doch das Diskus-Ass vom SV hat sich längst mit ihrer Rolle als gläserner Athlet arrangiert. Sie ist schließlich eine vehemente Verfechterin des sauberen Sports und begrüßt deshalb auch, dass die Organisatoren ihres alljährlichen Heim-Meetings diese Ansicht teilen. „Wer schon einmal betrogen hat, der hat bei unseren Werfertagen nichts zu suchen“, sagt sie klipp und klar.
Deshalb wird beispielsweise Sandra Perkovic bei dem Wurf- und Stoßspektakel am Samstag in Halles Brandbergen fehlen. Die Weltmeisterin und Olympiasiegerin mit dem Diskus aus Kroatien war 2011 für sechs Monate gesperrt worden, nachdem sie unter anderem beim Meeting in Shanghai mit unerlaubten Pharmaka nachgeholfen hatte.
Werfertage in Halle sind sehr zuschauerfreundlich
Andere Veranstalter sehen das - um möglichst viele Zuschauer ins Stadion zu locken - offenbar nicht so eng. In der Diamond League am Wochenende hatten sich die Besten der Welt unabhängig von ihrer Vorgeschichte versammelt. Neben der Rio-Sechsten Müller und ihrer Auswahlkollegin Julia Harting war das eben auch Perkovic. Und um ihr Meeting weiter aufzupeppen, wagten die Organisatoren noch ein Experiment. Sie ließen die stärksten Diskus-Männer und Frauen zum ersten Mal in einem Wettkampf gemeinsam antreten.
„Für Halle“, erzählt Nadine Müller „ist das aber nichts.“ Die Vizeweltmeisterin von 2011 glaubt nicht, dass die Konkurrenz dadurch spannender wird und ihre Disziplin damit an weiter Attraktivität gewinnen würde. Im Gegenteil. Denn so ein Wettkampf dauert dann doch schon Mal fast zwei Stunden. Und auch der Übersichtlichkeit tut so eine Mammutveranstaltung nicht gerade gut. „Dabei könnte man da mit einfachen Mitteln einiges machen, Fähnchen stecken bei den Weiten oder Anzeigetafeln installieren mit der aktuellen Reihenfolge“, sagt Sack.
Werfertage: Die Anlage in Halle lässt große Weiten zu
Bei den Werfertagen am Samstag wird es - wie in den Jahren zuvor - sehr zuschauerfreundlich zugehen. Denn die Aufmerksamkeit des Publikums ist fast immer nur auf eine einzige Konkurrenz konzentriert. Und die Fans sind ungewöhnlich nah dran am Geschehen - nur drei, vier Meter von den Sportlern entfernt. „Sie sehen nicht nur, was im Ring passiert, sondern auch, wie sich die Athleten vor, zwischen und nach den Würfen verhalten“, sagt Sack. Dazu gibt es einen Moderator, der den Zuschauern alles haargenau erklärt.
Die familiäre Atmosphäre kommt nicht nur bei den Besuchern gut an, sondern auch bei den Wettkämpfern. Das ist ein Grund, warum sie Jahr für Jahr wiederkommen. Die Anlage in den Brandbergen lässt zudem große Weiten zu. Da mehrere Ringe zur Verfügung stehen, wird je nach Wetterlage und vor allem Windrichtung entschieden, von welcher Seite aus geworfen wird.
Nadine Müller hat die WM-Norm schon erfüllt
Um die WM-Norm muss sich Nadine Müller aber keine Sorgen machen. Wer im Juli nach London will, der muss laut Verbandsvorgabe vorab 61,20 Meter werfen. Mit ihren 64,36 Metern als Vierte am Samstag in Shanghai hinter Perkovic (66,94), Dani Stevens (Australien/66,47) und Denia Cabellero (Kuba/65,76) hat sie die schon in der Tasche. Allerdings haben auch vier Auswahlkolleginnen die Hürde schon genommen. Doch auch mit der starken nationalen Konkurrenz ist Nadine Müller zuversichtlich, sich einen der drei WM-Startplätze sichern zu können.
Die Enttäuschung nach Olympia-Platz sechs hat die 31-Jährige inzwischen weggesteckt, sie hat zu Hause selbst das Bad mitsaniert und sich viel Zeit für ihre Frau und ihrer beider Hundemädchen genommen. Deshalb ist die Bundespolizistin auch erst im Dezember wieder ins Training eingestiegen. Nur eine Woche musste sie wegen einer Zerrung in der Schulter zwischenzeitlich pausieren. Auch wenn ihr nach den Trainingslagern in Zypern, Kienbaum und Portugal sowie dem Auftaktwettkampf in Shanghai noch die Frische fehlt, freut sich Nadine Müller auf ihr Heimspiel - ohne begnadigte Dopingsünder und ohne Experimente. (mz)