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Vom DDR-Gefängnis zum Trainer des Jahres Thomas Popiesch: Vom DDR-Gefängnis zum Eishockey-Trainer des Jahres

Von Kristina Puck 30.10.2019, 12:51

Bremerhaven - Fluchtversuch und Haftstrafe haben die Eishockey-Karriere von Bremerhavens Trainer Thomas Popiesch einst jäh unterbrochen. Als 17 Jahre altes Talent wollte Popiesch aus der DDR in den Westen fliehen. Seine Hoffnung auf Freiheit endete in der U-Haft in Berlin-Hohenschönhausen und im Gefängnis in Bautzen.

„Ich war der Meinung, dass ich im Sport und im Leben in der DDR nicht weiterkomme“, erzählt Popiesch der Deutschen Presse-Agentur. „Vielleicht ist ein bisschen der Teenager in mir durchgekommen. Ich habe gedacht, das ist relativ einfach, das werde ich schon packen.“ Doch sein Vorhaben, über die damalige Tschechoslowakei nach Österreich zu gelangen, scheiterte.

Weil sich am 9. November der Mauerfall zum 30. Mal jährt, wird Popiesch, in der Deutschen Eishockey Liga als Trainer des Jahres 2018 gekürt, derzeit immer wieder an seine schwere und bemerkenswerte Lebensgeschichte erinnert.

30 Jahre Mauerfall: Thomas Popiesch erzählt seine Lebensgeschichte

Monat für Monat hoffte der gebürtige Ost-Berliner damals, freigekauft zu werden und so doch noch in den Westen zu gelangen. Vergebens. Nach insgesamt dreieinhalb Jahren Haft wurde Popiesch in die DDR entlassen - und war als Sportler ohne Perspektive. „Die Enttäuschung war groß. Jegliche Förderung wird da sofort eingestellt. Es war auch nicht möglich, ein Leben ohne Eishockey aufzubauen. Man war schon kalt gestellt“, erinnert sich der jetzt 54-Jährige.

Mit Anfang 20 sei die Perspektivlosigkeit so groß gewesen, dass er 1989 einen zweiten Fluchtversuch über Ungarn nach Österreich unternahm - und zwar erfolgreich. Den Fall der Mauer erlebte er überrascht in der Ferne vor dem Fernseher in Düsseldorf. Er habe sich nicht vorstellen können, dass es so friedlich abläuft, sagt er.

Ob es ihn ärgert, dass seine Eishockey-Karriere so beeinträchtigt wurde? „Wenn man als 17-Jähriger eigentlich erst mal aufhört und dann mit 24 erst wieder anfängt, wenn man sieben Jahre draußen ist, ist es immer schwer“, sagt Popiesch: „Es ist die Frage, ob, wenn ich weiter gespielt hätte, eine Verletzung oder Anderes gekommen wäre. Ich bin im Nachgang froh über das, was ich erreicht habe. Trotzdem hat man schon mal ab und zu überlegt, wie wäre es gewesen, wenn. Aber auch das wird einen nicht weiter bringen.“

Thomas Popiesch wurde für Bremerhavens Eishockey zum Glücksfall

Im Westen setzte er sich auch als Spieler durch. Auch Kontakte halfen ihm, in Duisburg in der 2. Liga einzusteigen. Popiesch spielte von 1990 bis zur Saison 2005/2006 unter anderem für Krefeld, Nürnberg, Frankfurt und Essen, zeitweise auch in der 1. Liga.

Als Trainer hat Popiesch sein Glück in Bremerhaven gefunden. Ende Januar 2016 übernahm er die Fischtown Pinguins, die damals noch Zweitligist waren und wenige Monate später die DEL-Lizenz von den Hamburg Freezers erhielten. Dass er damals auf dem Markt war, empfindet Team-Manager Alfred Prey als „göttliche Fügung des Schicksals“. Die Verpflichtung habe sich „als Glücksfall“ erwiesen.

Auch weil Popiesch den Außenseiter in bisher drei DEL-Spielzeiten immer mindestens in die erste Playoff-Runde führte, wurde er vor einem Jahr als Kandidat für den Bundestrainer-Posten gehandelt. Popiesch sagt, er sei mit seinem Job an dem kleinen DEL-Standort im Norden zufrieden. „Solange sie mich hier wollen, werde ich hier arbeiten. Es ist nicht so, dass es beim mir herumschwirrt, ich müsste jetzt unbedingt zu einem größeren Club.“ (dpa)