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World Matchplay Ballsaal und dicke Schecks: Deutscher in Darts-Weltspitze

Darts-Profi Martin Schindler ist auf der Überholspur und kassiert Weltmeister um Weltmeister. Schon zur WM könnte er die besten Zehn der Welt erreichen. Doch ein Makel bleibt.

Von Patrick Reichardt, dpa 17.07.2025, 11:20
Schnidi
Schnidi Thomas Frey/dpa

Blackpool - Martin Schindler ist in der Champions League des Darts-Sports angekommen. Es gibt derzeit kein großes Ranking-Turnier mehr, das ohne den 28 Jahre alten deutschen Primus stattfindet. Ein besonderer Höhepunkt - und der Lohn für starke Ergebnisse - erwartet Schindler ab diesem Wochenende: das World Matchplay im prachtvollen Empress Ballroom von Blackpool.

Die goldene Decke, das Ambiente am einzigartigen Wettkampfort in den Winter Gardens und vor allem: ein elitäres 32er-Feld, das um die 800.000 Pfund (circa 920.000 Euro) Preisgeld kämpft. Schindler ist begeistert. „Das ist mit das schwerste Major, das man erreichen kann. Da spielen die besten Spieler aus den letzten zwei Jahren mit. Dafür muss man schon echt richtig gute Darts spielen und Erfolge sammeln, dass man dabei ist“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Flair gefalle ihm zudem exzellent.

Zwei Ex-Weltmeister bereits überholt

Der Wahl-Hesse - gebürtig aus Strausberg in Brandenburg - ist auf dem Weg, die erfolgreichste Darts-Saison eines Deutschen überhaupt hinzulegen. Ranglistenplatz 18 ist bereits ein Topwert und sogar besser, als Gabriel Clemens nach seinem sensationellen WM-Halbfinaleinzug platziert war. Die ehemaligen Weltmeister Michael Smith (England) und Raymond van Barneveld (Niederlande) hat Schindler bereits überflügelt. 

Weitere wie der walisische Muskelprotz Gerwyn Price oder Paradiesvogel Peter Wright aus Schottland könnten zeitnah folgen. Bis zur auf 128 Teilnehmer ausgeweiteten WM im Dezember ist sogar der Sprung unter die besten Zehn des Rankings realistisch.

Das große Problem, das den mehrmaligen European-Tour-Sieger Schindler begleitet, ist: Auf den großen Bühnen in England tut er sich extrem schwer. „Tendenziell fehlen konstante Major-Ergebnisse. Hätte ich die, wäre ich vielleicht schon in den Top 10, Top 8, Top 6, Top 4“, beschrieb Schindler. Beim World Matchplay in Blackpool tritt er bereits im vierten Jahr in Serie an - ein Spiel gewonnen hat er bei seinen bisherigen Teilnahmen nicht.

Bei der WM sieht die Bilanz ähnlich düster aus: zwei Siege und sechs Niederlagen, über Runde drei ging es auch als Top-32-Spieler nie hinaus. Sinnbildlich für die Ally-Pally-Tristesse steht das glatte 0:3 im vergangenen Jahr gegen den Engländer Callan Rydz. 

Spott von van Gerwen, Lob von Pietreczko

Die internationale Konkurrenz, vor allem der derzeit strauchelnde Michael van Gerwen, stürzt sich gerne auf die magere deutsche Ausbeute bei Majors. „Sie sind besser darin, Darts zu schauen, als Darts zu spielen“, spottete der Niederländer jüngst über die Deutschen, die beim World Matchplay in Ricardo Pietreczko einen zweiten Vertreter stellen. Pietreczko nannte Schindler bei der Team-WM „einen der besten Teampartner, den man sich vorstellen kann“.

Vor seinem Turnierauftakt gegen Weltklassemann Jonny Clayton aus Wales ist Schindler vorsichtig, was seine eigene Lage angeht. Dass er bereits zur absoluten Weltspitze zähle, „würde ich so nicht unterschreiben“, betonte Schindler. „Spielerisch habe ich aber das Zeug, alles und jeden zu schlagen und auch ärgern zu können.“ 

In den Winter Gardens von Blackpool ist er am Sonntagabend (21.00 Uhr/DAZN und PlutoTV) zur Primetime gefordert. Es geht um den Einzug ins Achtelfinale.

Schindler und der Spitzname „The Wall“

Vor allem die Auftritte auf der European Tour und auf der ProTour, wo er sich einige dicke Schecks erspielt hat, haben Schindlers enormes Potenzial gezeigt. Der Spott in sozialen Netzwerken und Internetforen wird weniger. In Anlehnung an seinen Spitznamen „The Wall“ (Die Mauer) hatten sich Darts-Anhänger früher über schwache Leistungen Schindlers in großen Spielen amüsiert - und die Mauer gerne mit einem bröckelnden Mäuerchen illustriert.

Beim deutschen Primus selbst war dieser Hohn gar nicht so präsent. „Ich habe aufgrund meines Spitznamens noch nie Hass erfahren. Ganz im Gegenteil: Ich habe das Gefühl, dass der Spitzname absolut anerkannt und akzeptiert ist“, sagte Schindler. Eine Mauer steht für Stabilität und Wucht - geht es nach ihm, will er diese Attribute auch bei den großen Turnieren häufiger ausstrahlen.