Rodeln Rodeln: Tatjana Hüfner gibt Comeback nach Achillessehnen-Riss
Oberhof/Halle (Saale) - Was ist das? Es steht bei vielen ganz oben in der Gunst und scheint doch für all diejenigen, die nicht vom Fach sind, kreuzgefährlich? Es geht, natürlich, um Fußball. Athleten aller Sportarten jagen bei der Erwärmung nur allzu gern dem runden Leder hinterher. Sehr zum Leidwesen vieler Trainer übrigens. Denn so mancher Meniskus nahm dabei schon übel Schaden, Waden gingen zu Bruch, Kreuzbänder sind gerissen. Oder eben Achillessehnen.
Bei Tatjana Hüfner ist genau das passiert. Im linken Fuß. Beim Fußball-Tennis im August im Trainingslager in Kienbaum. „Da war kein Gegner dran schuld und es war auch kein Ball in der Nähe“, erzählt die sechsfache Rodel-Weltmeisterin. „Das ist einfach so aus dem Antritt heraus passiert.“
Wichtig fürs Lenken und Bremsen
Ein folgenreicher Fehltritt war das, das wusste die 32-jährige Blankenburgerin vom ersten schmerzenden Augenblick an. Und doch wird Hüfner am Montag in Königssee auf den Schlitten steigen und die Eisrinne herunterfegen, als wäre nichts gewesen. Wenn bei den verbandsinternen Selektionswettkämpfen die aktuell besten Rodler ermittelt werden, die bei den Weltcups die deutschen Farben vertreten dürfen, zählt sie zu den ernsthaften Kandidatinnen auf einen Podiumsplatz.
Dass sie durch ihren Bronzemedaillengewinn bei der WM im Februar für die Wettkampfserie in dieser Saison automatisch gesetzt ist, nimmt der Blankenburgerin jeglichen Druck. „Mein Ziel ist es, Anschluss an die Leistungen der letzten Jahre herzustellen und wieder hundert Prozent fit zu werden“, sagt die Sportsoldatin deshalb ganz Profi. „Ich denke von Rennen zu Rennen.“ Vor allem am Start sehe sie noch Defizite.
Trotzdem kaum vorzustellen, dass sie die schwere Verletzung, die gerade einmal drei Monate zurückliegt, gar nicht mehr behindert. Braucht man als Rodler denn nicht die Füße? „Sie müssen bei uns nicht eine so große Last tragen wie bei den Bobsportlern“, erklärt Tatjana Hüfner. Das sei natürlich ein Vorteil. Und doch sind sie nicht unwichtig. Schließlich erfolgt die Haupt-Lenkbewegung mit den Füßen, die über die Kufenhörnchen steuern können. Man brauche also „die Sensibilität, das Feingefühl fürs Lenken“. Und auch am Ende der Fahrt an den Bremshängen sind die Füße gefordert.
Deshalb hat Tatjana Hüfner genau darauf geachtet, dass in der Reha nach der Operation die Beweglichkeit schnell wiederhergestellt wird. Bei den ersten Trainingsfahrten Ende Oktober und auch beim ersten Test letzte Woche in Altenberg hat sie sich dennoch mit einer Orthese geschützt und ist auf Nummer sicher gegangen.
Dabei kamen der 1,78 Meter großen 75-Kilo-Frau die schmerzlichen Erfahrungen eines Nationalmannschaftskollegen zugute. Denn Doppelsitzer-Weltmeister Tobias Wendl hatte 2008 das gleiche Schicksal ereilt. „Deshalb wusste auch der Bundestrainer, was zu machen ist“, erzählt Hüfner, schon am Tag des Malheurs „hat ein Rädchen ins andere gegriffen“.
Kein Gedanke an Rücktritt
Das war sicher auch ein Grund, warum sie nicht einen Gedanken daran verschwendete, den Schlitten einzumotten und sich stattdessen auf ihr Pädagogik-Studium zu konzentrieren, das kurz vor dem Abschluss steht. Schließlich hat Hüfner ja schon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, darunter einen kompletten Olympia-Medaillensatz. „Ich war von Anfang an auf die Heilung fokussiert“, erklärt die Sachsen-Anhalterin. Ja, sie kann dem Negativerlebnis sogar etwas Positives abgewinnen. „Diese Verletzung lehrt, geduldig zu sein.“
Ihre Vernunft und Rationalität hat sich ausgezahlt. Nur wenn Tatjana Hüfner vom Schlitten steigt, kann sie nach hohen Belastungen das Humpeln nicht ganz verbergen. Aber B-Noten gibt es im Rennschlittensport nicht. Was zählt, sind schnelle Zeiten. Und dazu scheint Tatjana Hüfner schon wieder in der Lage. Das soll die Bestandsaufnahme in Königssee nun zeigen. Auf jener Bahn, auf der Ende Januar die WM stattfindet.
(mz)