Handball in Jessen und Piesteritz Handball in Jessen und Piesteritz: Das überraschende Angebot

Jessen - Von sich selbst sagt Ronny Picker, dass er im Handball nur so erfolgreich war, weil er mit sehr guten Leuten spielen und von ihnen lernen durfte. Er ist seinen Mannschaften und Trainern dankbar für alles, was er erlebt hat und das ist wahrlich nicht gerade wenig.
Mutter legt Grundstein
Den Grundstein für seine Karriere, so berichtet Picker der MZ, legte ursprünglich seine Mutter, die nicht wollte, dass der Junge, der eigentlich gerne Fußball spielen wollte, über die viel befahrene Hauptstraße mit dem Fahrrad fahren sollte. „Wir lebten damals in Jessen-Nord und zum Training der Handballer waren es nur drei Minuten Fußweg, das war für sie in Ordnung“, erinnert sich der heute 39-Jährige, der wiederum zufrieden war, dass vor dem Handballtraining oft zur Erwärmung Fußball gespielt wurde.
So spielte Picker, der erst als Viertklässler mit Handball begann, für den SV Jessen 53. Mit der A-Jugend stieg er in die höchste Spielklasse von Sachsen-Anhalt auf und trat beispielsweise gegen den SC Magdeburg an. „Damals wurde Magdeburg vom heutigen Handballnationaltrainer Alfred Gislason gecoacht. Wir waren den Jungs zwar deutlich unterlegen, aber das war sehr beeindruckend, und wir haben gesehen, wie gespielt werden kann und wie Handball funktioniert“, erinnert sich Picker.
In der Landesmeister-Sieben
Unter Trainer André Hein stieg die Mannschaft von der Verbands- in die Oberliga auf. „Hein brachte tolle Spieler wie André Schille oder Mario Bode mit. Später kamen auch Spieler aus Dessau wie Jens Werner und viele mehr dazu. Auch Schüler aus der Sportschule kamen, die bei uns Praxis sammeln sollten.“
Picker zufolge war sein größter Erfolg als Spieler 2006, als er mit dem SV Jessen 53 die Landesmeisterschaft gewann. „Es war toll. In der Mannschaft haben gute Leute gespielt. Ich habe vielleicht nicht die entscheidenden Tore gemacht, aber ich bin stolz, ein Teil des Teams gewesen zu sein.“ 2010 kam für den damals 28-Jährigen aufgrund einer Verletzung das Ende als Spieler. „Mein Abschiedsspiel war noch mal gegen den SC Magdeburg, das war ein runder Abschluss“, so Picker, dessen erstes großes Spiel 2001 auch gegen die Landeshauptstädter war.
Aufstieg mit den Frauen
Im Dezember desselben Jahres begann Picker seine Laufbahn als Trainer. An der Seite von Matthias Knappe trainierte er die Jungs der C-Jugend. „2012 machte ich meine Trainerlizenz, und ein Jahr später gewannen die Jungs den dritten Platz in der Landesmeisterschaft.“ In der Saison übernahm er parallel auch die Jessener Damenmannschaft als Trainer, mit denen er in die Sachen-Anhalt-Liga aufstieg und diese ein Jahr später sieglos wieder verließ. „Das war nicht schön“, fasst Picker die Erfahrung zusammen, ohne seinen Anteil an dem Misserfolg kleinzureden.
Zu dieser Zeit kam von seinem ehemaligen Trainer André Hein das Angebot, mit ihm den VfL Waldheim zu trainieren, was aber letztendlich nicht zustande kam. Im Mai 2015 war er dann ohne Trainerjob, als ihn der stellvertretende Vorsitzende Holger Krause anbot, zum HBC Wittenberg zu kommen. „Aus heutiger Sicht war das nicht meine klügste Entscheidung. Ich habe mich zum nahtlosen Übergang bequatschen lassen. Ich kann das Unverständnis von einigen in Jessen durchaus verstehen.“ Trotzdem trainierte er die Frauenmannschaft recht erfolgreich und integrierte die Spielerinnen aus der B-Jugend.
2018 begann Picker neben dem Beruf eine Meisterausbildung und entschied im Sinne seiner Familie, sich aus dem Sport zurückzuziehen. Bis zum letzten Weihnachten, als Manager Patrick Pusch bei ihm anfragte, ob er es nicht noch einmal wissen wollte und als Co-Trainer der Männermannschaft beim SV Grün-Weiß Wittenberg-Piesteritz mitarbeiten wolle. „Ich war völlig überrascht und auch geehrt über das Angebot“, gesteht Picker, den die sportliche Herausforderung mit Viertligisten und die Aussicht mit dem ehemaligen lettischen Nationalspieler und -trainer Armands Uščins zusammenzuarbeiten, sehr reizte.
Nach Absprache mit der Familie sagte Picker zu. „Leider kenne ich die Jungs bisher nur durch Videokonferenzen, aber ich freue mich schon sehr darauf, mit ihnen zu trainieren“, so Picker, der hinzufügt, dass der Verein sich momentan im Gespräch mit Spielern befindet, um für die nächste Saison eine schlagfertige Truppe aufzubauen. (mz)