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Länderspiele Timo Werner ein Kandidat für Joachim Löw dfb-Team

Von Ullrich Kroemer 16.03.2017, 18:05
Timo Werner (r.) hält Willi Orban bei Sprintübungen am Gummiband.
Timo Werner (r.) hält Willi Orban bei Sprintübungen am Gummiband. dpa

Leipzig - Dass Timo Werner Stürmer und nicht Torhüter geworden ist, verdankt er seinem Vater Günther Schuh. Als Kind zog es Werner immer mal zwischen die Pfosten. Doch sein Vater (Jahrgang 1940) beorderte seinen Sohn stets sofort zurück in den Angriff. Der frühere Zweitligaspieler hatte das außergewöhnliche Talent seines Sprosses schon früh erkannt – wohlgemerkt in der Sturmspitze und nicht im Kasten. In den nahe seines Heimatklubs TSV Steinhaldenfeld im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt gelegenen Weinbergen schuf Schuh bei intensivem Lauf- und Sprinttraining die Grundlagen für Werners Schnelligkeit. Schon als Kind absolvierte er stets mit älteren Spielern, die der Vater trainierte, Laufübungen. „Bis zum Erbrechen“, sagte er jüngst in der ZDF-Sportreportage.

Dank seiner Schnelligkeit, Basis seines Spiels, glänzt Timo Werner nun als derzeit bester deutscher Torschütze bei RB Leipzig – und wohl bald auch in der Nationalmannschaft. Es ist wahrscheinlich, dass der Name Timo Werner erstmals auch auf dem Aufgebot der Nationalmannschaft stehen wird, wenn Joachim Löw am Freitagvormittag den Kader für die kommenden Länderspiele gegen England und Aserbaidschan bekanntgibt. Zwar war auch am Donnerstagnachmittag noch kein Zeichen des Bundestrainers bei Leipzigs Funktionären eingegangen. Doch nach dem Ausfall von Mario Götze kommt Löw an Werner kaum vorbei. Der Stürmertyp – pfeilschnell, mittlerweile cool und selbstbewusst vor dem Tor und auch mit dem Blick für seine Mitspieler ausgestattet – könnte auch dem Spiel des DFB-Teams neuen Schwung verleihen. Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl bezeichnete eine mögliche Nominierung am Donnerstag als „absolut verdient, weil ich finde, dass er bis jetzt eine überragende Saison gespielt hat“.

14 Tore und 7 Assists in 23 Spielen für RB Leipzig

Weil Leipzigs Pressing-Gegenpressing-Fußball perfekt auf Werner zugeschnitten ist, kommt seine Sprintfähigkeit hier voll zum Tragen. Das Ergebnis sind 14 Tore und 7 Assists in 23 Spielen für RB Leipzig. Doch der Leistungssprung war in dieser Form nicht abzusehen. Nachdem Werner im vergangenen Sommer für zehn Millionen Euro plus mögliche Bonuszahlungen in Höhe von weiteren drei Millionen vom VfB Stuttgart zu RB Leipzig gewechselt war, baute Trainer Hasenhüttl den anfangs noch verunsicherten Angreifer zum Toptorjäger auf. Beim Saisonstart im DFB-Pokal in Dresden spielte Werner nur eine Nebenrolle. Es schien, als ob er noch Zeit brauche, sich zu akklimatisieren. Doch spätestens nach seinen Premierentoren gegen den Hamburger SV war er gesetzt. „Es ist wichtig, bei so einem jungen Spieler den ganz großen Druck zu Beginn etwas rauszunehmen, indem man ihn nicht immer von Anfang an spielen lässt“, erklärte Hasenhüttl. „Dann werden schnell Minuten hochgerechnet, warum er nicht trifft. Man muss so einen Spieler langsam aufbauen und versuchen, ihm peu á peu Einsatzzeiten zu geben.“

Seither trifft Werner als mit Abstand bester RB-Torjäger zuverlässig. „Er hat viele Spiele für uns entschieden, viele wichtige Tore gemacht, die er nicht unbedingt machen muss“, lobt Hasenhüttl. „Er ist in seiner Entwicklung kompletter geworden, als Fußballer, aber auch als Mensch.“Dazu haben auch die Anfeindungen nach seiner Schwalbe gegen den FC Schalke beigetragen; Dinge, „die man nicht so einfach verkraftet“, sagt Hasenhüttl. Doch der angehende Nationalspieler ließ sich von dem medialen Rummel kaum beeindrucken, war auch nach dem Skandalspiel mit sechs Toren treffsicher und wirkt dieser Tage zwar reflektiert und einsichtig, aber auch mental gestärkt. Werner weiß, dass er einen Fehler gemacht hat und ihn das Kommunikations-Kuddelmuddel danach viele Sympathien gekostet hat. Doch sein Trainer nahm ihn auch am Donnerstag noch einmal in Schutz: „Wenn es im Fußball um so viel geht, ist jedes Mittel recht. Da wird dann alles versucht, um dem Druck, den man hat, gerecht zu werden. Das wird es immer geben, das wird man nicht verhindern können“, sagte der Trainer. Der Österreicher lobte seinen jungen Leistungsträger: „Das Gesamtpaket Timo Werner ist schon jetzt ein sehr, sehr gutes und wird irgendwann ein großartiges.“

Beleg für die hervorragende Arbeit

Für den Klub RB Leipzig wäre mit der erstmaligen Berufung eines Spielers in die deutsche A-Nationalmannschaft eine neue Stufe erklommen. Das brächte dem polarisierenden Verein neue Sympathien ein. Zudem wäre es ebenso ein Beleg für die hervorragende Arbeit, die Hasenhüttl und sein Team leisten, wie für die Transferpolitik von Sportdirektor Ralf Rangnick. Auch für die Nachwuchsausbildung bei RBL hätte Werners Berufung Signalwirkung. Einen wie Werner wollen sie in Leipzig in den kommenden Jahren schließlich auch selbst entwickeln. Übrigens: Für Hasenhüttl ist nicht nur Werner ein Kandidat für Löws Aufgebot. „Ich würde mich freuen und könnte mir schon vorstellen, dass der ein oder andere dabei ist“, sagte Hasenhüttl schmunzelnd.

Doch die anderen infrage kommenden Akteure Diego Demme, Willi Orban und Marcel Halstenberg haben eher geringe Chancen auf eine Nominierung – im Gegensatz zu Timo Werner. Gut, dass der 1,80-Meter-Mann kein Torhüter geworden ist. (mz)