RB-Toptorschütze Timo Werner RB-Toptorschütze Timo Werner: Mr. Doppelpack

Freiburg/Leipzig - Timo Werner musste lachen. Am Tag nach dem 4:1-Triumph von RB Leipzig beim SC Freiburg stand der Leipziger Stürmer nach einer kurzen Nacht im Trainingszentrum und beantwortete wie bereits in Freiburg noch einmal ausführlich alle Fragen über den siebten Sieg des Sensations-Tabellenführers in Serie.
Dabei wurde der 20-Jährige auch gefragt, ob er bereits wahlweise von Bundestrainer Jogi Löw oder dem neuen, alten Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß angerufen wurde. Werner – wie meist bei diesen Terminen gut gelaunt – verneinte beides.
Mit einem Transfer zu einem größeren Klub beschäftigt sich aktuell eh keiner der Leipziger Überflieger. „Jeder Spieler würde sich nirgendwo anders so wohl fühlen wie hier”, sagte Werner. „Die Leute wären blöd, hier wegzugehen und das gute Gebilde, das wir uns aufgebaut haben, zu verlassen.”
Avanciert Timo Werner zu RB Leipzigs erstem Nationalspieler?
Ein Anruf von Bundestrainer Jogi Löw bei Werner hingegen ist gerade deutlich wahrscheinlicher. Denn mit nun sieben Toren – gemeinsam mit Robert Lewandowski auf Rang drei der Torjägerliste – und vier Vorlagen knüpft der gebürtige und langjährige Stuttgarter in beinahe jedem Spiel für Leipzig eindrucksvoll an seine besten Partien für den VfB an.
Gut möglich, dass er einmal der erste Spieler aus dem RB-Kader sein wird, der das Trikot der A-Nationalmannschaft tragen darf.
Doch Timo Werner ist kein Träumer, sondern weiß den außergewöhnlichen Erfolg, den er gerade mit Rasenballsport hat, auch besonders wertzuschätzen. Das hat auch mit seiner Stuttgarter Vergangenheit zu tun. Denn er hat trotz seiner jungen Jahre und seines außergewöhnlichen Talents bereits erlebt, wie schwer sich Fußball anfühlen kann.
In der vergangenen Saison war er mit dem VfB Stuttgart abgestiegen, hatte zwar immerhin sechs Saisontore erzielt, aber in den letzten neun Spielen – der entscheidenden Schlussphase – nicht mehr getroffen und auch kaum noch von Anfang an gespielt.
Timo Werner: „Mit Ehrfurcht nach Leipzig gekommen”
Nun stand Werner in den Katakomben des Freiburger Schwarzwald-Stadions und berichtete nach seinem bereits dritten Doppelpack in zwölf Spielen für RBL über seinen Leistungsaufschwung. „Ich bin in der vergangenen Saison abgestiegen, ich hatte nicht die Erwartung, dass ich nach Leipzig komme und die Liga erobere”, sagte Werner.
„Ich bin mit Ehrfurcht gekommen, wollte mich ins Team kämpfen und gute Leistungen zeigen. Dass es nun so läuft, hatte ich für mich nicht und auch nicht für das gesamte Team gedacht.”
Werner mag nichts Schlechtes über seinen Heimatverein sagen; er hat dort im Alter von sechs Jahren begonnen und bereits mit 17 Jahren seine Bundesligadebüt gegeben. Doch den Druck, der zuletzt in Stuttgart auf seinen Schultern lastete, haben ihm die Leipziger genommen.
„Wenn man den Erfolg mit dem Team hat, kommt auch der eigene Erfolg zurück”, sagte Werner. „Wenn man Tabellenführer und zwölf Spiele ungeschlagen ist, ist die Situation eine andere als als Tabellen-15. oder 16.”
„Heute war ich eiskalt”
So kommt Werner zum einen wieder mehr in Abschlusssituationen und nutzt diese zum anderen auch cool. Zu Beginn der Spielzeit hatte der Stürmer noch zu hektisch aufs Tor geschossen, seine Schüsse landeten häufiger im Außennetz.
In Freiburg jedoch bewies Timo Werner, wie effektiv er sein kann. Seine einzigen beiden Chancen in den ersten 45 Minuten verwandelte er zu zwei Toren in der ersten Hälfte.
Zuerst legte er den Ball nach Traumchip von Diego Demme an SC-Keeper Alexander Schwolow vorbei und dann ins leere Tor; kurze Zeit später verwandelte er den flachen Schnittstellen-Pass des überragenden Emil Forsberg zum zwischenzeitlichen 3:1. „Man macht sich in Leipzig weniger Gedanken”, erklärte Werner. „Wenn man mal eine Chance versiebt, sind die anderen stark genug zu treffen. Heute war ich eiskalt, das freut mich."
Seit Anfang 2015 war Rangnick an Werner dran
Und das freute auch Ralf Rangnick. Im engen Freiburger Presseraum drängelten sich die Journalisten so dicht um den RB-Sportdirektor, dass ihn Freiburgs Trainer Christian Streich gleich gar nicht entdeckte, um zu gratulieren. Rangnick sprach neben den bereits bekannten Erfolgsfaktoren beim Spitzenreiter auch über den Coup, Timo Werner überhaupt nach Leipzig gelotst zu haben.
Bereits seit Anfang 2015 hatte Rangnick mit dem Talent sowie dessen Berater Karlheinz Förster in Kontakt gestanden. „Wir haben immer mal wieder geschaut, wie die Situation ist”, sagte Rangnick. Doch wenn der VfB nicht abgestiegen wäre, hätte Werner es wohl nicht übers Herz gebracht, nach Leipzig zu gehen. Doch Rangnick sagt: „Es war an der Zeit für ihn, mal die gewohnte Umgebung zu verlassen.”
Werners fünfter Treffer im dritten Spiel beim SC Freiburg
Zwar brauchte Werner ein, zwei Monate, um sich an die Automatismen und die laufintensive Arbeit auch nach hinten zu gewöhnen. Doch mittlerweile beherrscht er das System, schießt nicht nur Tore, sondern macht etwa nach Balleroberungen auch Bälle am Mittelkreis fest, um selbst Angriffsaktionen einzuleiten. „Man darf auch nicht vergessen”, betonte Rangnick, „dass er bereits in der Jugend des VfB in jüngeren Jahrgängen mit einer Spielweise konfrontiert wurde, die Helmut Groß (Rangnicks Mentor und Berater, Anm.d.Red.) und ich dort in den 1990er Jahren implementiert haben.”
Übrigens: Bei Gastspielen Freiburg fühlt sich Timo Werner besonders wohl. „Ich hatte im Hinterkopf, dass ich in zwei Spielen zuvor hier bereits dreimal getroffen habe”, sagte er strahlend. Unter anderem erzielte er beim SCF 2013 seinen ersten Bundesliga-Doppelpack – als mit 17 Jahren und 249 Tagen jüngster Doppeltorschütze der Ligahistorie. „Dass ich heute wieder zwei mache, ist für mich und die Mannschaf toll. Ich komme immer wieder gern nach Freiburg”, sagte er. (mz)