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Nationalteam beim Confed Cup  RB Leipzig : Welche Rolle Timo Werner im Nationalteam einnehmen könnte

Von Martin Henkel 22.06.2017, 09:07

Leipzig - Jetzt Chile. Am Donnerstag treffen in Kasan der Südamerikameister und Weltmeister Deutschland aufeinander. Es ist das zweite Gruppenspiel beim Confed Cup, bis zum Finale ist es also noch hin. Aber das sind formale Überlegungen, denn für Joachim Löw ist Chile „der Favorit auf den Turniersieg“. Also ist das Endspiel vorgezogen.

„Die Mannschaft agiert auf taktisch allerhöchstem Niveau“, sagte der Bundestrainer vor Turnierbeginn. „So variabel spielen nur wenige Nationalmannschaften. Da zählt Chile zu den zwei, drei besten Nationen der Welt.“

Nationalteam beim Confed Cup: Taktik-Tests im Fokus

Vielleicht auch deshalb hat der Bundestrainer im ersten Spiel seines Teams gegen Australien seine eigene Variabilität getestet. Sozusagen als Generalprobe für die Partie gegen die Chilenen, die seit geraumer Weile wechselnd mit einer Dreier- bzw. Fünferkette in der Abwehr agieren. Das heißt mit drei Abwehrspielern im Vorwärtsgang und fünf auf dem Weg zurück. Auf ihrem Kontinent waren sie damit zuletzt bei zwei Copa Américas nicht zu schlagen.

Diese Variante hat auch in der Bundesliga Einzug gehalten. RB Leipzig etwa hat sie Ende der abgelaufenen Saison ins Repertoire aufgenommen - der Arbeitgeber des Jungnationalspielers Timo Werner, den Löw am Montag beim Stand von 3:1 zu sich an die Seitenlinie rief. Löw wollte umstellen auf ein 3-4-2-1-System – mit Werner vorn für Sandro Wagner. Blöd nur, dass Sekunden vor der Einwechslung der Asienmeister auf 2:3 verkürzte.

Die DFB-Elf organisierte sich trotzdem neu. Plötzlich bekam Australien mehr Luft. Wer die Umstellung nicht mitbekommen hatte, musste denken: Bruch im Spiel, Sieg in Gefahr. Aber so war das gewollt. Den Asienmeister aus seinem Unterstand zu locken, das war der Plan.

Timo Werner scheitert gegen Australien am Pfosten

Dass es nicht aufging, war eine andere Frage. Schlappe Beine waren ein Grund, ein anderer die fehlende Erfahrung der Mitspieler mit Gegenpressen und Umschalten. Werner hatte trotzdem seine Szenen. Einen Ball setzte er an den Pfosten, einmal kam er in den Sprint, was nichts brachte, weil seine Kollegen ihn allein auf vier Australier losließen.

Hauptsache aber, mit Werner kann man das machen. Löw hat kürzlich angedeutet, dass er vom 4-2-3-1-Ballbesitz der letzten Jahre wegkommen will. Nicht, dass er ihn nicht mag, mit ihm wurde seine Mannschaft Weltmeister. Aber er macht Deutschland zu berechenbar. Also müssen neue Varianten her. „Es ist gut möglich, dass wir während des Turniers variieren, auch innerhalb eines Spiels“, sagte Löw kürzlich. „Wir haben zwei, drei unterschiedliche Systeme.“ Warum also nicht „mal auf Konter setzen“?

Das Konterspiel passt bestens zu Timo Werner

Der gute alte Konter. Eigentlich hat er sprachlich ausgedient. Heute sagt man dazu Umschaltspiel oder Gegenpressing. Das meint im Grunde allerdings auch nicht viel mehr, als den Gegner aus der Defensive zu locken, kunstvoll den Ball abzunehmen und blitzschnell vor dessen Tor zu eilen. RB Leipzig hat dieses System zuletzt auf eine famose Spitze getrieben, was Timo Werner im März als einzigem für den DFB verwertbarem Offensivspieler der Sachsen eine Berufung zur Nationalmannschaft eintrug.

Der Bundestrainer mag sich erinnert haben an seine eigenen Anfänge beim DFB, als er 2004 bis 2006 Jürgen Klinsmann assistierte. Beide beriefen damals für die Heim-WM David Odonkor ins Aufgebot. Der junge BVB-Profi war ein weitgehend Unbekannter. Aber schnell. Ein Sprinter. Er lief die 100 Meter unter elf Sekunden - und leitete so im zweiten Gruppenspiel das 1:0 über Polen ein. Damit war die K.o.-Runde erreicht, ein Seufzer entfuhr seinerzeit dem Land. Die Deutschen erkannten sich selbst nicht wieder. So ausgelassen.

Confed Cup: Warum Löw das Turnier gegen die Kritik verteidigt

Dieses Deutschland hat sich mittlerweile an die Erfolge seiner Nationalmannschaft gewöhnt. Dazu gehört jetzt auch das Maulen. Confed Cup - muss das sein? Löw sagte kürzlich: „Ja, das Turnier ist ein Geschenk.“ Er kann nämlich sichten und für die WM proben. „Castingshow“ haben sie deshalb der Confed-Cup-Reise in der Heimat als Arbeitstitel unterlegt. Und siehe da, plötzlich gibt es doch was zu besprechen: Wer nämlich von den Jungspunden und Dritte-Reihe-Spielern mit zur WM fährt.

Werner, der Wechselspieler, wurde bislang nicht verhandelt. Aber das könnte sich schnell ändern. Will Löw den Konter mit zur WM nehmen, dann hat er für die avisierte Strategie-Flexibilität als Stürmer zur Verfügung: Mario Gomez, Sandro Wagner, vielleicht Kevin Volland, vielleicht Lars Stindl. Oder Werner.

Timo Werner: Löw glaubt an große Zukunft im Nationalteam

Dessen Vorteile sind sein Odonkor-Speed. Dass er weiß, wie man kontert. Und dass er zuletzt traf wie seine Konkurrenten nicht. 21 Tore sind der beste deutsche Stürmerwert der vergangenen Saison. Wetten, dass also?

Löw hat schon vor einem halben Jahr über den erst 21-Jährigen gesagt: „Wenn er so weitermacht, hat er eine gute Karriere in der Nationalmannschaft vor sich.“ Er muss es wissen.

(mz )