RB Leipzig RB Leipzig: Was Hasenhüttl anders sieht als seine Spieler

Leipzig - Ralph Hasenhüttl stand am Montagmittag im Nieselregen auf dem Trainingsplatz und sah seinen Spielern stumm bei ihren Torschussversuchen zu. Angeleitet von Hasenhüttls Co-Trainern übten die Leipziger Kicker gegen Pappkameraden Pässe in die Nahtstelle der Viererkette samt Abschluss: Tiefgang und Torgefahr. Genau das also, woran es beim dürftigen 0:0 beim VfB Stuttgart gemangelt hatte.
Bezeichnend für die derzeit in der Bundesliga harmlosen RB-Schützen: Nach dem Ende der Übung mussten Jean-Kévin Augustin & Co. Liegestütze absolvieren, weil die Torhüter die meisten Versuche der Angreifer entschärften und dieses Wettspielchen deutlich für sich entschieden.
Nach der biederen Darbietung am Sonntagnachmittag ist es nun an Hasenhüttl, dem Team wieder zu mehr Inspiration und Ideen in der Offensive zu verhelfen. Zu Beginn der Rückrunde befand sich der Vizemeister des Vorjahres mit zehn Punkten aus fünf Spielen vermeintlich auf Champions-League-Kurs. Doch seit der Klub Gefallen an der Europa League fand und glänzte, ist der Wurm in der Bundesliga zurück.
RB Leipzig: Nur Augustin trifft noch in der Bundesliga
Gerade zwei Punkte holte Rasenballsport in den vier Ligaspielen seither und schoss dabei nur drei Tore – alle durch Augustin. Sonst trifft gerade keiner in der Liga. Auch Timo Werner nicht, der im Alltagsgeschäft gleichermaßen glücklos wie übermotiviert agiert und zu selten in Szene gesetzt wird. Auf vier bis sechs Punkte sind die Konkurrenten nun bereits enteilt. Und von hinten drängt die TSG Hoffenheim mit zuletzt elf Punkten aus sechs Partien zurück in die Europapokalränge.
Nun hätte Hasenhüttl angesichts der schwindenden Chancen auf die „Königsklasse“ die Möglichkeit, seine Spieler verbal wachzurütteln – auch öffentlich. Doch der Trainer zieht es auch nach einer so harm- und ideenlosen Leistung wie in Stuttgart vor, seine Sicht der Dinge zu verteidigen. Auch am Montag rechtfertigte der Österreicher die Leistung als „sehr kontrollierten und souveränen Auftritt”.
RBL-Trainer Hasenhüttl fühlt sich ungerecht beurteilt
Hasenhüttls Plan war, die Partie ähnlich wie in Gladbach lange offen zu halten, nicht zu früh ins Risiko zu gehen und am Ende zuzuschlagen. Doch dafür waren die Offensivbemühungen gegen kämpferische, aber in ihren Möglichkeiten beschränkte Stuttgarter deutlich zu harmlos. So hörten sich die Analysen des sonst so treffend formulierenden Trainers plötzlich zu schöngefärbt und unkritisch an.
Das hat auch damit zu tun, dass sich der Fußballlehrer ungerecht beurteilt fühlt – extern und intern. Mantrahaft beschwört der Chefcoach das schwierige zweite Jahr in der Bundesliga. Hartnäckig verweigert er sich der Verpflichtung, das Team erneut in die „Königsklasse” führen zu müssen und stellte vor den Reportern die Frage nach der Perspektive.
Warum sich Hasenhüttl mit Kritik an seiner Mannschaft zurückhält
„Das ist auch eine Frage, die sich der Verein grundsätzlich stellen muss”, so Hasenhüttl an die Adresse von Sportdirektor Ralf Rangnick. Der 50-Jährige argumentiert, dass er eben Spielern wie dem A-Jugendlichen Ibrahima Konaté wie in Stuttgart 90 Minuten Spielzeit gebe. Dieser Weg führe dazu, „dass es halt im Moment hinter Mannschaften wie Bayern, Schalke, Dortmund, Leverkusen nur zu Platz sechs reicht”.
Einige Spieler wie Kapitän Willi Orban appellierten da dringlicher an die Kollegen als Hasenhüttl es derzeit tun mag. Orban forderte mehr Gier und Geilheit auf das Siegtor ein, „von mir aus auch in der dritten Minute der Nachspielzeit”. Der Chefcoach mochte sich dem nicht anschließen, sondern verwies vielmehr darauf, seinen Spielern bei der Einordnung der aktuellen Ergebnisse zu helfen.
„Ich hätte Probleme, wenn sich meine Mannschaft keine Chancen erarbeiten würde, hinten offen wäre wie ein Scheunentor und lustlos über den Platz traben würde. Dann würden Sie mich anders erleben”, sagte Hasenhüttl. „Aber solange ich sehe, dass die Jungs aus dem, was sie im Tank haben, das Maximum rausholen, werde ich mich schützend vor diese Truppe stellen.” Es ist eben alles eine Frage der Perspektive. (mz)