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Motivations-Marathon RB Leipzig gegen Bielefeld: Coach Ralf Rangnick mit Stadionansprache

Von Ullrich Kroemer 30.04.2016, 14:30

Leipzig - Ralf Rangnick ist nicht nur als Taktik-Vordenker, sondern auch als Motivator und Psychologe bekannt. Neu ist seit Freitagabend, dass der Trainer und Sportdirektor von RB Leipzig nicht nur seine Mannschaft, sondern auch die Fans einschwört. Wenige Minuten vor Anpfiff des Spiels gegen Arminia Bielefeld (1:1) schnappte sich der 57-Jährige das Stadionmikrofon und berichtete von seinem Start in den Tag: „Ich bin heute früh auf meinen Balkon getreten und habe gespürt, dass das heute ein besonderer Tag werden kann”, sagte Rangnick den erstaunten Zuhörern. „Und ich möchte, dass ihr Teil davon werdet, was heute hier auf dem Platz passiert.” Rangnick schloss unter Applaus mit: „Heute sind wir alle Leipzig.”

Dass sich ein Trainer eine Viertelstunde vor Anpfiff einer wichtigen Partie an das Publikum wendet, ist ein Novum hierzulande. Die Aktion erinnerte etwas an Rangnicks Ehrenrunden vor seiner Entlassung auf Schalke 2005, die er damals auch vor Anpfiff absolviert hatte. Seine aktuelle Stadionansprache erklärte Rangnick nach der Partie so: „Ich habe versucht, die Fans daran Anteil haben zu lassen, wie wir in das Spiel gegangen sind und welche Energie wir in der Stadt gespürt haben.” Zumindest eine ungewöhnliche Maßnahme.

Kai Pflaume motiviert RB Leipzig

Und überhaupt veranstaltete RB Leipzig im Vorfeld einen regelrechten Motivations-Marathon. Nach Rangnicks Rede flimmerte ein Motivationsvideo über die Stadionleinwände, das sich zuvor die Mannschaft angeschaut hatte.

Spätestens als neben den warmen Worten einstiger RB-Helden wie Daniel Frahn, Tim Sebastian und Joshua Kimmich auch die Ansprachen von Kai Pflaume, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung oder Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel unter Pfiffen abgespielt wurden, geriet die Motivationsorgie eine Spur zu überzogen. Zu einer Aufstiegsfeier hätte das Brimborium besser gepasst. Die doppelte Choreografie der Fans, die erst die gesamte Mannschaft, dann den gesperrten Willi Orban unterstützte, sorgte für ausreichend Gänsehaut-Atmosphäre und wäre Ansporn genug gewesen. #

Angesichts des Spielverlaufs blieb der Eindruck haften, dass die Motivations-Spritzenkur auch den Spielern nicht viel gebracht hat. Zwar begann Rangnicks Elf stürmisch, ließ sich aber nach dem Ausgleichstreffer massiv aus dem Konzept bringen. „Wenn wir schon ein Gegentor fangen, müssen wir damit anders umgehen”, sagte Kapitän Dominik Kaiser gewohnt selbstkritisch. „Da hatten wir dann ein paar Gedanken zu viel im Kopf, haben durch das Tor einen leichten Knacks davon getragen.”

Nerven liegen auch bei Nürnberg blank

Immer dann, wenn Unvorhergesehenes in dieser Saison eintritt – durch äußere Umstände oder während eines Spiels – fehlt es dem Team noch an Konstanz. „Wir haben bei eigenem Ballbesitz nicht mehr alles richtig gemacht, haben unpräzise gespielt, hektisch gewirkt”, sagte Rangnick. „Aber dass ein Gegentor nicht spurlos an den Jungs vorbei geht, halte ich für völlig normal. So abgewichst und so abgebrüht ist unsere Mannschaft noch nicht, dass sie sich dann einmal schüttelt und einfach so wie zuvor weiterspielt.”

Zwar fühlte sich der Punkteverlust gegen Bielefeld am Freitagabend noch wie eine Niederlage an. Doch da auch bei Verfolger 1. FC Nürnberg die Nerven blank liegen, der am Samstag mit 1:3 in Braunschweig verlor, hat RB seinen Vorsprung nun sogar auf fünf Punkte ausgebaut und kann den Aufstieg mit einem Sieg gegen Karlsruhe am kommenden Sonntag (15.30 Uhr) endgültig fix machen.

„Ich freue mich jetzt schon auf die Atmosphäre nächste Woche gegen den KSC”, sagte Rangnick und ergänzte spitz: „Wir haben ein klares Signal gesetzt, wie Fanunterstützung bei einem erst sieben Jahre alten Kunstprodukt und Retortenverein aussehen kann.” Man darf also gespannt sein, mit welchen Kniffen aus der Motivations-Trickkiste RBL am kommenden Sonntag aufwartet, um die Motivationsshow noch einmal zu steigern. (mz)