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Champions League Champions League: RB Leipzig hat Probleme mit der Klublizenzierung

Von Ullrich Kroemer 05.06.2017, 07:45

Leipzig - Die Social-Media-Abteilung der Uefa war schnell. Eine Minute nach Abpfiff des 4:1-Triumphes im Berliner Olympiastadion hieß der europäische Verband RB Leipzig per Twitter „Willkommen” in der Champions League. Das war möglicherweise etwas voreilig, einen Tag später fügte die Uefa hinzu, dass sich RBL „mathematisch” einen Platz im Starterfeld der „Königsklasse” gesichert habe.

Denn bevor die Kugel mit Leipziger Logo tatsächlich am 24. August bei der Auslosung in Monaco im Lostopf liegt, muss RBL zunächst die Klublizenzierung durchlaufen. Anfang bis Mitte Juni wird ein Ergebnis erwartet. Denn ob RB die Lizenz zur Teilnahme an den europäischen Wettbewerben gewährt wird – ohne oder mit Auflagen–, ob und welche Sanktionen oder gar ein Teilnahmeverbot verhängt werden, ist im Gegensatz zur sportlichen Situation weiter unklar.

Dass die Zulassung fraglich ist, liegt bekanntlich an dem von Red Bull entwickelten globalen Fußball-Franchise-Systems, in dem in Salzburg und Leipzig zwei nahezu baugleiche Klubs im Auftrag von Geldgeber Dietrich Mateschitz erdacht, erschaffen und gelenkt wurden.

Zwar wurden in den vergangenen zwei Jahren allerhand Maßnahmen ergriffen, die Vereine unabhängiger aufzustellen – untereinander und von Gründer und Geldgeber Red Bull. Doch einige Experten – Sportjuristen ebenso wie Wirtschaftswissenschaftler – zweifeln auf Grundlage der Integritätsregeln daran, dass beide Klubs ohne weitere Auflagen gemeinsam im Zeichen des roten Bullen starten dürfen. Zudem wird die Uefa auch die Millionendarlehen, die Red Bull dem Leipziger Klub gewährt hat, ebenso prüfen wie die Marktüblichkeit der üppigen Sponsorenzahlungen.

RB Leipzig überwies 37,8 Millionen Euro nach Salzburg

Interessant dabei sind vor allem die Geldflüsse zwischen Sponsor und beiden Vereinen. Ludwig Hierl, Wirtschaftsprofessor und Fachbuchautor zur Bilanzanalyse von Fußballvereinen, sagt der MZ: „Sofern Red Bull in Salzburg zu mindestens 30 Prozent zu den Gesamteinnahmen beiträgt, würde dort unabhängig der Besitzverhältnisse nach Uefa-Kriterien ein maßgeblicher Einfluss vorliegen.” Wäre das der Fall, würde das Sanktionen nach sich ziehen, da Red Bull als Hauptgesellschafter, Investor und Sponsor der RB Leipzig GmbH bereits bei RBL maßgeblichen Einfluss hat.

Zwar soll der Anteil von Red Bull in Salzburg auf einen Wert unterhalb dieser Grenze gesenkt worden sein, heißt es. Doch das ist auch maßgeblich durch Transfereinnahmen aus Leipzig geschehen. Etwa 37,8 Millionen Euro hat RB in den vergangenen Jahren nach Salzburg überwiesen – mehr als ein Drittel der gesamten Salzburger Transfereinnahmen in diesem Zeitraum. Hierl hält diesen Geldfluss für problematisch. „Die Transfereinnahmen, die Salzburg aus Leipzig erhalten hat, werden wohl Red Bull zugerechnet werden”, schätzt der Wissenschaftler von der DHBW Heilbronn ein. Dies „als Gelder zu deklarieren, die nicht mittelbar auf Red Bull zurückzuführen sind, wird wohl nicht funktionieren”, sagt er.

Red Bull und das Financial Fairplay

Hierl hat zahlreiche europäische Klubs hinsichtlich ihrer Finanzkonstrukte und des Financial Fair Play untersucht. „Die Konzern- beziehungsweise Zahlungsstruktur und damit die Identifikation von verbundenen Parteien ist bezüglich Red Bull relativ einfach aufdeckbar”, sagt er. „Gerade britische Klubs sind hier deutlich kreativer in der Ausarbeitung komplexer Strukturen, bei denen solche Verflechtungen nicht mehr so einfach nachvollziehbar sind.” Gut möglich also, dass die Uefa das durchschaut und das Red-Bull-Invest auch in Salzburg oberhalb der 30-Prozent-Schranke einstuft.

Zudem könnten RB Leipzig auch hinsichtlich des Financial Fairplay Beanstandungen drohen. Generell, schätzt Hierl ein, seien die Bilanzen der Jahre 2014 und 2015, über die die MZ berichtet hatte, zwar „für ein Quasi-Start-up hervorragend”, so der Experte für Rechnungswesen. „Der einzige Angriffspunkt hinsichtlich der Financial-Fairplay-Regularien ist die Marktüblichkeit der Sponsoringbeziehung zwischen Red Bull und RB Leipzig”, sagt der 42-Jährige.

Wie hoch sind die Zahlungen von Red Bull an RB Leipzig?

Zwar ist die genaue Höhe der Sponsoringzahlungen von Red Bull an RB Leipzig nicht bekannt. Doch laut Schätzungen eines Experten, der selbst jahrelang die Geschäfte eines Fußball-Bundesligisten geführt hat, habe sich der Getränkegigant aus Österreich das Hauptsponsoring bei Rasenballsport bereits in der 2. Liga etwa 50 Millionen Euro kosten lassen – etwa das Achtfache dessen, was selbst bei den finanzstärksten Zweitligisten üblich ist, sagt der Experte. Die präzisen Berechnungen beruhen auf den Mittelwerten des DFL-Reports 2016 und liegen der MZ vor. Sprich: Durch überhöhte Sponsoring-Zahlungen könnte Red Bull negative Jahresbilanzen vermieden haben. 

RB-Manager Mintzlaff ist Befürworter der Financial-Fair-Play-Regelung

Finanzexperte Hierl hält es für „denkbar, dass die Uefa hier Korrekturen auf einen marktüblichen Wert durchführen könnte“. Falls die Uefa Teile des Red-Bull-Sponsorings nicht anerkennt, könnte laut Hierl durchaus ein Minus entstehen, das „die zulässige Verlustobergrenze von 30 Millionen Euro für den dreijährigen Bewertungszeitraum übersteigt“. Ein möglicher Verstoß gegen die sogenannte Break-Even-Regelung.

RB Leipzigs Manager Mintzlaff gibt sich im Gespräch mit der MZ dennoch betont entspannt. „Nicht nur Red Bull, sondern auch alle anderen Partner haben für ihr Investment einen mehr als angemessenen Gegenwert zurückbekommen – insbesondere in den vergangenen drei Jahren. Auch was das Thema Financial Fair Play angeht, sind wir ziemlich relaxed”, sagt der 41-Jährige. Mintzlaff sei „ein Befürworter der Financial-Fair-Play-Regelung – nicht nur, weil wir uns daran halten, sondern weil sie für den europäischen Fußball wichtig ist. Deswegen bin ich froh, dass sich bei uns alles in einem vernünftigen Rahmen bewegt.”

Wie konsequent mögliche Verstöße untersucht und geahndet würden und welche Strafen sie tatsächlich nach sich zögen, ist allerdings völlig unklar. Zwar führt die Uefa neun Sanktionen von Ermahnung über Geldstrafen und Begrenzung des Spielerkaders bis zum Ausschluss aus dem Wettbewerb auf. Doch Experte Hierl kritisiert, dass die Klublizenzierungsregelungen der Verbände „höchst intransparent” seien. „Anders als etwa beim Bußgeldkatalog in der Straßenverkehrsordnung ist bei der Uefa und der DFL nicht eindeutig geregelt, wann welches Strafmaß anzuwenden ist. So obliegt es auch einer subjektiven Bewertung, ob einem Klub die Teilnahme an der Champions League verwehrt oder nur eine Ermahnung ausgesprochen wird”, bemängelt Hierl. „Es wäre wünschenswert, diesen Prozess transparenter zu gestalten.” Auch für die Social-Media-Abteilung der Uefa. (mz)