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Nach Hooligan-Attacke BVB-Chaotengreifen RB-Leipzig-Fans an: Taten waren geplant

Von Ullrich Kroemer 06.02.2017, 06:00

Dortmund/Leipzig - Die Stimmung unter den etwa 100 Fans, die am Sonntagmittag zum Leistungszentrum von RB Leipzig gekommen waren, war gedrückt. Nicht etwa wegen der 0:1-Niederlage beim BVB. Vielmehr, weil die Leipziger Anhänger beim Gastspiel in Dortmund die massivsten Anfeindungen seit der Vereinsgründung 2009 über sich hatten ergehen lassen müssen.

(Das Video kann man ansehen, wenn man „Watch on Facebook” oder „Mehr dazu” anklickt.)

So massiv wie auf dem Hin- und Rückweg zum und vom Dortmunder Stadion, als RB-Fans von gewaltbereiten Dortmunder Anhängern unter anderem mit Pflastersteinen, Flaschen, Dosen, Leuchtspur-Munition, faulen Eiern, Farbbeuteln und Mülleimern beworfen wurden, waren die Anhänger von Rasenballsport noch nie angefeindet worden. Ein solches Ausmaß an Gewalt auch gegen Familien, Frauen und Kinder, berichten Augenzeugen, habe es selbst bei früheren Leipziger Fußball-Schlachten zwischen Lok- und Chemie-Fans nicht gegeben.

Sebastian, der als einer der Capos von RB bei jedem Spiel auf dem Zaun steht, sagt noch immer fassungslos: „Man kann Rivalität leben, aber diese Gewalt hat mit Fußball nichts zu tun – gar nichts. Das ist einfach nur armselig!” Bewegt sagt der Vorsänger im Fanblock: „Wie auch Frauen und Kinder angegriffen wurden, war skrupellos. Wer Steine wirft, nimmt in Kauf, dass auch Menschen daran sterben.”

BVB-Hooligans haben die Taten geplant

Etwa 8500 Fans aus Leipzig waren mit etwa 30 Bussen und einem Sonderzug ins Revier gereist, um das Topspiel zu sehen. Vor allem die Zugfahrer wurden Opfer der einigen Hundert Dortmunder Gewalttäter, die sich gezielt auf die Attacken vorbereitet und seit 14 Uhr vor dem alten Dortmunder Stadion „Rote Erde” den RB-Anhängern aufgelauert haben sollen, wie ein Augenzeuge, der nicht genannt werden will, der MZ berichtete. In kleinen Grüppchen sollen die Hooligans organisiert mit einer Guerilla-Taktik agiert haben, sodass die überforderte Polizei immer von einem Brandherd zum nächsten eilen musste. Auf einem Video sieht man etwa, wie ein Fan von einer Mülltonne getroffen wird und umfällt; auch wie Angreifer von der Polizei teils massiv zusammenknüppeln werden.

Im Stadion feierten die Hooligans die Aktion dann noch mit zahlreichen niveaulosen Spruchbändern wie „Pflastersteine auf Bullenschweine”. Als Rädelsführer gilt die neue, rechtsgerichtete Hooligan-Gruppierung „0231Riot”, die sich aus der Dortmunder Ultraszene radikalisiert hat. Wie unter anderem Sören Pellmann, Stadtrat der Linkspartei in Leipzig, getwittert hat, sei es auch zu antisemitischen Beleidigungen gekommen.

Die Dortmunder Polizei bestätigte die „extreme Aggressivität und Gewaltbereitschaft der Dortmunder Anhängerschaft gegenüber den Gästen". Diese richtete sich "gegen jede als Leipzigfan erkennbare Person, egal, ob es sich um kleine Kinder, Frauen oder Familien handelte". Insgesamt seien 28 Strafanzeigen „wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Beleidigung, Widerstand sowie räuberischen Diebstahls" gestellt worden. Noch unbestätigten Meldungen zufolge sollen etwa zehn RB-Fans mit Knochenbrüchen und Platzwunden in Dortmunder Krankenhäusern behandelt worden sein.

RB-Capo Sebastian empfindet BVB-Statement als „halbherzig”

Doch auch die Polizei aus Nordrhein-Westfalen muss sich fragen lassen, ob sie das Gefahrenpotenzial des Spiels unterschätzt hat. Laut Augenzeugen sollen viel zu wenige Beamte vor Ort gewesen sein, weil die Partie nicht als Hochsicherheitsspiel deklariert wurde. Die Fans, die mit dem Sonderzug ankamen, seien nicht adäquat zum Gästeblock begleitet worden. Und auch dem Rückweg, auf dem es ebenfalls noch Verletzte unter den Leipziger Anhänger gegeben haben soll, wurde erst nach Intervention der Dortmunder Fanbeauftragten mehr Personal hinzugezogen.

Borussia Dortmund reagierte am Samstagmorgen mit einer kurzen Entschuldigung. „Der BVB verurteilt diese Gewalt auf das Schärfste!”, teilte BVB-Pressesprecher Sascha Fligge mit. „Wir wünschen den verletzten Fans aus Leipzig auf diesem Wege gute Besserung!" Nicht nur RB-Capo Sebastian empfindet dieses Statement als „halbherzig”.

Der fannahe BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke habe die Stimmung im Vorfeld gegen RB mit angeheizt. Und auch langjährige Fans des BVB wie der Leipziger Theaterintendant Jürgen Zielinski verurteilten die Taten als „nicht nur zutiefst verabscheuungswürdig, sondern schlicht kriminell!” Bei Facebook schrieb der langjährige Dauerkartenbesitzer: „Es wirft auch Fragen in Richtung Geschäftsführer Watzke auf, den ich als tatbefördernden Brandstifter bezeichnen möchte und somit zum Rücktritt auffordere!”

RB Leipzig bezeichnete die Übergriffe in einer Stellungnahme als „beschämend für ganz Fußball-Deutschland” und forderte die BVB-Bosse Watze und Reinhard Rauball persönlich auf, die Vorfälle lückenlos aufzuklären.

RB wird nun einen Sonderbericht anfertigen, der DFB-Kontrollausschuss war vor Ort und wird ermitteln. Augenzeugen und Opfer aus der RB-Fanszene sind aufgefordert, sich beim Klub zu melden.

Nach diesem Tag, der ein Fußballfest hätte werden sollen und zu einem neuen Level der Gewalt und des Hasses gegen den Red-Bull-Klub mutierte. (mz)

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