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Randale in Kön Randale in Kön: Vereinsheim der "Boyz" durchsucht

Von Brian Schneider und Tim Stinauer 21.01.2014, 09:00

Köln - Am Vereinsheim der „Boyz“ in Weidenpesch sind Montagnachmittag die Rollläden heruntergelassen. Auf der Klingel des FC-Fanclubs steht kein Name, nur die Anschrift des unscheinbaren Mietshauses. Am Samstagmittag war hier deutlich mehr Betrieb. Ultra-Fans und Hooligans aus Köln und Dortmund sollen sich vor dem Haus getroffen haben. Immer mehr Autos, teilweise mit Dortmunder Kennzeichen, seien gegen zwölf Uhr vorgefahren, berichtet ein Augenzeuge. Männer mit schwarzen Jacken seien ausgestiegen, anhand der Kleidung seien sie nicht als Fußballanhänger erkennbar gewesen. Gegen 13 Uhr seien sie in Straßenbahnen gestiegen und zum Rudolfplatz gefahren.

Dort gingen zwei Stunden später mitten auf der Straße vor dem Steakhaus Maredo ungefähr 200 Chaoten aufeinander los: Kölner und Dortmunder auf der einen, Schalker und angeblich auch Gladbach-Ultras auf der anderen Seite. „Die Schlägerei war verabredet. Man hatte auch vereinbart, dass man das mitten in der Innenstadt macht und nicht irgendwo auf dem Acker“, erzählt ein Insider, der nach eigener Aussage den „Boyz“ nahesteht. Die Initiative sei von den Schalkern ausgegangen.

Gegen 14.30 Uhr sammelten sich ungefähr 100 Beteiligte unmittelbar vor der Schlägerei an einem Parkdeck an der Rubensstraße. Zwei Zeuginnen beobachteten, wie sich die dunkel gekleideten Gestalten absprachen, einige waren maskiert: „Sie hatten Wachposten an der Straße aufgestellt, die die anderen warnten, wenn Polizei vorbeifuhr.“ Einer habe „Bullen“, gerufen, die anderen seien daraufhin zurückgewichen.

Die Polizei hatte frühzeitig Kenntnis, dass sich Fußballchaoten aus Köln, Dortmund und Schalke zu einer Schlägerei treffen wollten – nur wo genau, das wussten die Beamten lange nicht. Daher besetzten sie die Innenstadt „schachbrettartig“ mit Hundertschaftseinheiten, um im Zweifel sofort zur Stelle zu sein, erklärt ein Beamter. Das hat funktioniert: Wenige Sekunden, nachdem die Schläger auf den Ringen aufeinander losgegangen waren, preschten schon Polizisten dazwischen.

Die meisten Beteiligten konnten rechtzeitig flüchten, einige entkamen zum Vereinsheim der „Boyz“, wo die Polizei kurz darauf bei einer Razzia Waffen und Drogen fand. Seit etwa einem Jahr trifft sich der umstrittene Fanclub in den Erdgeschossräumen. Nachbarn beschreiben die Mitglieder als „nette Jungs“. Kein Wunder: Bei der Durchsuchung fand die Polizei auch einen Zettel mit Benimmregeln. „Da steht zum Beispiel drauf, dass sie im Treppenhaus die Mieter grüßen sollen“, erzählt einer, der den Raum von innen kennt.

Das Saubermann-Image hatte allerdings schon vor der Schlägerei deutliche Kratzer bekommen. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat der 1. FC Köln die „Boyz“ schon seit geraumer Zeit im Visier, auch wegen einer angeblichen Nähe zu Rechtsextremen. Man sei nicht völlig überrascht gewesen von der Aktion, berichtet ein FC-Insider. Clubpräsident Werner Spinner besuchte noch am Samstagabend die Polizeiwache in Ehrenfeld, wo die beschlagnahmten Waffen ausgebreitet waren. „Er war entsetzt“, so der Insider.

Offiziell wartet der FC ab, was die Ermittlungen der Polizei ergeben. Ob der Verein bei entsprechenden Ermittlungsergebnissen Stadionverbote gegen die Beteiligten verhängen kann, ist fraglich, da die Ausschreitungen nicht in Stadionnähe passierten.

Von Gesetzes wegen drohen den Schlägern Haftstrafen bis zu drei Jahren. Der Kölner Strafrichter Jan F. Orth geht noch einen Schritt weiter und regt an zu prüfen, ob man Gruppen wie die „Boyz“ nicht als „kriminelle Vereinigung“ verbieten sollte. Dann wäre die bloße Mitgliedschaft in einer solchen Gruppe bereits strafbar.

Polizeipräsident Wolfgang Albers verurteilte die Geschehnisse vom Samstag „aufs Schärfste“, er sprach von einer „verabscheuungswürdigen Tat“. Albers erwartet „von Fans, Fangruppen und Vereinen, dass sie sich von solchen Straftätern distanzieren und sie aus ihren Reihen ausschließen.“