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Motorsport Motorsport: Zurück zu den Emotionen

Von Christian ElsAESSER 30.04.2013, 19:50

Oschersleben/MZ - Es gibt keine Türen hier. Ein Zelt, aufgespannt zwischen zwei Lkw. Darunter Tische und Stühle, an der Seite ein langer Tisch, auf dem ein Buffet aufgebaut ist. Wer gern abgeschottet von den Blicken der Fans sitzt, wer sich beim Essen nicht gern auf seinen Teller schauen lässt, ist hier fehl am Platze. Doch all das ist gewollt. Und es ist eine Botschaft.

Unter dem besagten Zelt hat sich am Wochenende an der Rennstrecke in Oschersleben ein neues Motorsport-Team präsentiert. Prosperia C. Abt nennt sich der Rennstall, der im ADAC GT Masters um Erfolge kämpft. Ein neues Team, aber mit klanghaftem Namen. Denn einer der Teamchefs ist Christian Abt, zehn Jahre lang DTM-Fahrer und Mitbesitzer des DTM-Rennstalls Abt-Sportsline. Ein großer Name im deutschen Motorsport. Und ein Name, hinter dem sich immer auch eine Philosophie verborgen hat. Salopp gesprochen: die Philosophie der fehlenden Türen. Christian Abt drückt es so aus: „Offen“ sei sein Team. „Einfach offen.“

Wer Christian Abt in diesen Tagen von Oschersleben sprechen wollte, musste nicht lange suchen. Irgendwo unter dem Zelt oder auf den wenigen Metern zwischen Zelt und Box war er meist anzutreffen. Fast immer im Gespräch, nicht nur mit Sponsoren oder VIPs. Auch Fans standen hier, fragten nach Autogrammen, konnten plaudern.

All das ist ein bemerkenswerter Kontrapunkt zu dem, was der Motorsport sonst meist vorlebt. Das offene Fahrerlager gibt es auch in der DTM, doch die Teams verstecken sich dort hinter abgedunkelten Scheiben. Vor den teilweise palastgleichen Teamgebäuden stehen Securities. Zugang streng verboten.

Christian Abt würde nie ein schlechtes Wort über diese andere, große Motorsport-Welt verlieren. „Ich war viele Jahre Teil davon und ich liebe, was die machen“, sagt er über die DTM. Doch er kennt auch die Kehrseite. Als die Serie im Jahr 2000 wiederbelebt wurde, war Christian Abt dabei. Mercedes und Opel stellten Werksteams. Das Team Abt-Sportsline, betrieben von ihm und seinem Bruder Hans-Jürgen, ging als Privatier an den Start. Und sie brachten etwas Besonderes ein: Fan-Nähe, offene Türen. Christian Abt war damals Fahrer. Einer der emotionalsten. Einer, der stinksauer werden konnte, wenn es nicht lief. Und der gnadenlos feiern konnte, wenn es lief. Der sich mit Kollegen stritt - und abends beim Bier mit allen wieder Freund war.

Über sein GT-Masters-Team sagt Christian Abt heute: „Wir wollen hier die TT-Zeit wieder aufleben lassen.“ Mit dem Audi-TT war Abt-Sportsline damals in der DTM gestartet. So lange, bis der Rennstall im Jahr 2003 aufging im Werkseinsatz von Audi. Das Team Abt blieb der Serie zwar bis heute erhalten. Doch das, wofür der Name Abt stand, ist in der glattgebügelten PR eines Automobilherstellers Schritt für Schritt verloren gegangen.

Vor zwei Jahren hat sich Christian Abt von Abt-Sportsline zurückgezogen. Vom Rennteam und aus der gleichnamigen Tuning-Firma. Er hat sich ausbezahlen lassen von seinem Bruder. „Wir haben uns absolut im Guten getrennt“, betont er. Und nun ist er selbst Teamchef.

Das GT Masters ist eine beträchtliche Nummer kleiner als die DTM. Technisch, bei den Zuschauerzahlen. Die Serie versucht sich an der Schnittstelle zwischen Profi- und Privat-Rennsport. Prosperia C. Abt veranschlagt ein Jahresbudget zwischen einer und 1,5 Millionen Euro. „So viel kostet in der DTM die Hospitality“, sagt Christian Abt. Also die kleinen Paläste für Teams und VIPs. „Dafür haben wir drei Autos mit sechs Fahrern am Start.“

Und so möchte er sein Team auch genau an einer Schnittstelle positionieren. An der Schnittstelle zwischen Profitum auf der Rennstrecke und Publikumsnähe im Fahrerlager. „Wir wollen offen sein“, sagt der Teamchef. „Hier muss niemand ein Interview anmelden, hier können alle Fahrer sagen, was sie wollen.“ Dann fügt er schmunzelnd an: „Sie müssen ja nicht gerade sagen, wie blöd sie das Team finden.“

Diese Sorge muss sich Christian Abt nicht wirklich machen. Seine Fahrer sind allesamt Profis. Markus Winkelhock und Rahel Frey etwa sind lange Jahre DTM gefahren. Und Rene Rast ist ein Juwel, eines der größten deutschen Tourenwagen-Talente, das auch schon an der Tür zur DTM angeklopft hat.

Rast hat dem neuen Abt-Rennstall am Sonnabend gleich den ersten Sieg beschert. Mit einer furiosen Aufholjagd von Startplatz 15. Ein ganz spezieller Sieg also, der am Abend entsprechend emotional gefeiert wurde. Sichtbar für alle. Unter dem Zelt, ohne Türen.